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Ich, Gina Wild

Ich, Gina Wild

Titel: Ich, Gina Wild
Autoren: Michaela Schaffrath
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Gefühl gegeben, dass er mich nicht mochte. Hoffnung keimte in mir auf.
    Wir waren wieder mal in der Schuldisko. Da gab es eine große Aula, wo gelegentlich irgendein DJ seine Platten auflegen durfte. »I like Chopin« von Gazebo war damals ein großer Hit. Den fand ich unheimlich romantisch. Ich schlenderte durch die Halle, an den anderen Schülern vorbei, um Michi zu suchen. Und ausgerechnet, als der DJ diesen Song spielte, sah ich Michi wild knutschend in den Armen von meinem Renee. Das hat weh getan. Schluchzend bin ich hinausgelaufen. Also hatte sie den auch schon wieder gekriegt...
    Ich wage zu behaupten, heute würde ich ihr all die Typen, die sie bekommen hat, vor der Nase wegschnappen. Weil ich weiß, wie sie sich entwickelt hat. Und weil ich sehe, wie ich mich entwickelt habe. Ich sehe mich im Spiegel, ich sehe meine Fotos in den Zeitungen und weiß, dass ich es geschafft habe, mich von meiner Unzufriedenheit zu lösen.
    Es gab in den Jahren meiner Schulzeit auch Lichtblicke, in denen ich mich selber sogar hübsch fand. Natürlich nur ohne Brille. Michaela hat mir damals beim Styling geholfen, bei den ersten Schminkversuchen. Das hat allerdings nicht wirklich funktioniert, ich fühlte mich unwohl. Denn ich wollte immer natürlich aussehen. Ich mag zu viel Make-up nicht, heute wie damals. Dann komme ich mir vor wie hinter einer Maske. Und irgendwann ist die Situation da, in der ich diese Maske nicht aufhabe und mich vor den Leuten dafür rechtfertigen muss.
    So habe ich immer wieder heulend im Bett gelegen und war deprimiert. Bis zu meinem ersten Freund, den ich mit 15 kennen lernte. Er nahm mich so, wie ich war. Er hieß Matthias und war 21.
    Ich habe ihn in der Eishalle getroffen. Wir waren dort eine eingeschworene Clique. Eislaufen war toll. Erst war das nur so ein Gekratze an der Bande entlang, dann schoss ich übers Eis. Auch Eishockey fand ich großartig. Eschweiler hatte eine eigene Mannschaft, der ich einmal beim Training zusah. Dort habe ich Matthias entdeckt. Ich fand es faszinierend, wie er sich auf dem Eis bewegte. Er war einer der besten Spieler. Sehr flink, sehr schnell. Ich habe mich in ihn verguckt.
    Er war der erste Mann, mit dem ich Sex hatte. Das einzige, was mir davon in Erinnerung geblieben ist: Es war schrecklich. Matthias hatte mich nicht dazu gedrängt. Erst als wir ein halbes Jahr lang miteinander gingen, hat er vorsichtig mit dem Thema angefangen.
    »Ich würde gerne mit dir schlafen!«
    Ich schwieg. Ich hatte Angst. Ich wusste ja nicht, wie das geht. Was macht man da? Man liest zwar so viel, auch auf den Aufklärungsseiten von Bravo, doch wenn es darauf ankommt, steht man doch wieder völlig ahnungslos da. Ich wusste nur aus der Zeitung, wie ein Penis aussieht. Als ich schließlich einen echten Pimmel vor mir hatte, ekelte ich mich ihn anzufassen.
    Matthias war nett zu mir. Ich bin zweieinhalb Jahre mit ihm zusammengeblieben. Ich weiß nicht, ob ich ihn wirklich geliebt habe. Jedenfalls nicht so, wie ich meinen Mann liebe. Matthias war eher mein Strohhalm, an den ich mich klammerte, aus Angst wieder in meiner Einsamkeit zu versinken.
    Wenn wir miteinander schliefen, war das immer entweder bei ihm zu Hause oder bei mir. Wir hatten beide unsere eigenen Zimmer.
    Bei mir zu Hause waren die Umstände nicht gerade ideal. Mein Zimmer im ersten Stock war zwischen Treppenflur und Elternschlafzimmer. Meine Eltern mussten deshalb immer durch mein Zimmer gehen, wenn sie ins Bett gingen. Wir haben am Knarren der Holztreppe gehört, wenn jemand hochkam. Dann haben wir sofort alles gestoppt, die Bettdecke über uns geworfen und so getan, als ob wir schlafen würden.
    Mein Vater mochte Matthias nicht besonders, und so sind wir mit der Zeit hauptsächlich bei Matthias gelandet. Matthias war ein kleiner Angeber, das war der Grund, warum ihn mein Vater unsympathisch fand. Er konnte alles, wusste alles, hat alles geschafft.
    Matthias war groß, schlaksig mit blonden, kurzen Haaren. Und unheimlich schlechten Zähnen. Faul und schief. Aber das hat mich alles nicht gestört. Matthias war Klempner und konnte mir was bieten. Er hatte ein Auto, und ich war froh, einen Freund abgekriegt zu haben.
    Es ist wunderbar für eine 15jährige, vom Freund aus der Schule mit dem Auto abgeholt zu werden. Matthias fuhr dann majestätisch mit seinem riesigen alten braunen Ford Taunus vor, und ich stieg ein. Was für ein Auftritt. Sex hatten wir nie in diesem Auto, obwohl es sich wegen der Größe dazu angeboten
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