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Ich folge deinem Schatten

Ich folge deinem Schatten

Titel: Ich folge deinem Schatten
Autoren: Mary Higgins Clark
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wieder in Melissas Gunst zu stehen, legte er auf und vergrub den Kopf in den Händen. Mein Gott, dachte er, warum muss ich mir das antun?

5
    Mit den Zeitschriften unter dem Arm schloss Zan die Tür zu ihrem kleinen Büro im Design Center auf. Sie hatte sich vorgenommen, nichts über Matthew in der Presse zu lesen. Als sie jedoch am Zeitungsstand vorbeikam, hatte sie nicht widerstehen können und zwei wöchentlich erscheinende Promi-Klatschblätter gekauft, zwei Zeitschriften, die aller Wahrscheinlichkeit nach darüber berichten würden. Im vergangenen Jahr an Matthews Geburtstag hatten beide umfangreiche Artikel über die Entführung gebracht.
    Erst vergangene Woche war sie fotografiert worden, als sie in der Nähe ihrer Wohnung in der Battery Park City ein Restaurant besucht hatte. Schmerzlich war ihr bewusst geworden, dass das Foto wahrscheinlich für einen Sensationsartikel verwendet werden würde, der Matthews Entführung aufwärmte.
    Zan schaltete das Licht an und ließ den Blick über die vertraute Einrichtung schweifen. An den kahlen weißen Wänden lehnten mehrere Stoffrollen, Teppichmuster lagen auf dem Boden verstreut, und in den Regalen befanden sich die schweren Musterbücher mit den unterschiedlichsten Textilarten.
    Nach der Trennung von Ted hatte sie sich als Innendesignerin mit diesem kleinen Büro selbstständig gemacht und schließlich, auch nachdem sie von ihren Kunden weiterempfohlen worden war, beschlossen hierzubleiben. Der antike Schreibtisch mit seinen drei edwardianischen Stühlen reichte ihr völlig, um Entwürfe anzufertigen und den Kunden ihre Pläne vorzulegen.
    Hier in diesem Raum gelang es ihr sogar, manchmal über Stunden hinweg nicht an Matthew zu denken und den immerwährenden Schmerz seines Verlusts zu verdrängen. Heute, wusste sie, würde das nicht möglich sein.
    Der Rest ihres Büros bestand aus einem nach hinten gelegenen Raum, der gerade groß genug war für einen Computertisch, Aktenschränke, einen Tisch für ihre unverzichtbare Kaffeemaschine und einen kleinen Kühlschrank. Der Garderobenschrank lag gegenüber der Toilette, die, wie ihr Assistent Josh Green mit einem Augenzwinkern bemerkt hatte, genauso groß war wie der Schrank.
    Auf Joshs Vorschlag, das Büro nebenan zu mieten, als dieses frei wurde, war sie nicht eingegangen. Sie wollte ihre Fixkosten so gering wie möglich halten. Dadurch wäre sie in der Lage, eine weitere Detektei anzuheuern, die sich auf das Aufspüren von vermissten Kindern spezialisiert hatte. Im ersten Jahr nach Matthews Verschwinden hatte sie das Geld aus der bescheidenen Lebensversicherung ihrer Eltern für Privatermittler und sogenannte Parapsychologen ausgegeben, ohne dass diese auch nur den geringsten Hinweis auf seinen Verbleib gefunden hätten.
    Sie hängte ihren Mantel auf. Der Pelzbesatz am Kragen erinnerte sie erneut an das Abendessen mit Ted. Warum war es ihm so wichtig?, fragte sie sich ungehalten. Er gibt mir die Schuld, weil ich Tiffany Shields erlaubt habe, mit Matthew in den Park zu gehen. Nun, er hat Matthew über alles geliebt. Aber alle Vorwürfe, die er gegen sie vorbrachte, reichten bei weitem nicht an die Vorwürfe und Schuldgefühle heran, die sich Zan selbst machte.
    Um es hinter sich zu bringen, schlug sie die Zeitschriften auf und überflog den Inhalt. Wie vermutet fand sich in einer das Bild von Matthew, das nach seinem Verschwinden an die Presse herausgegeben worden war. Die Überschrift lautete: »Ist Matthew Carpenter noch am Leben? Feiert er seinen fünften Geburtstag?«
    Der Artikel endete mit dem Ausspruch von Ted einen Tag nach Matthews Verschwinden, einer Warnung an die Eltern, ihre Kinder nicht in die Obhut junger Babysitter zu geben. Zan riss die Seite heraus, zerknüllte sie und warf sie zusammen mit den beiden Zeitschriften in den Papierkorb. Noch während sie sich fragte, warum sie sich überhaupt auf diese Artikel eingelassen hatte, eilte sie an ihren großen Schreibtisch und ließ sich auf dem Stuhl nieder.
    Zum hundertsten Mal entrollte sie die Entwürfe, die sie Kevin Wilson vorlegen wollte, dem Architekten und Miteigentümer des vierunddreißig Stockwerke hohen Gebäudes mit Blick auf den neuen Spazierweg entlang des Hudson an der Lower West Side. Sollte sie den Auftrag für die Ausstattung der drei Musterwohnungen bekommen, wäre es für sie ein wichtiger Karriereschritt. Zum ersten Mal wäre sie so mit Bartley Longe auf Augenhöhe.
    Es war ihr immer noch unbegreiflich, wie sich ihr ehemaliger
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