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Ich, die Chronik

Ich, die Chronik

Titel: Ich, die Chronik
Autoren: Vampira VA
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zuvor. Die Frau im Kokon war ihm so fern wie das Reich, über das er geherrscht hatte .
    Pomona brach durch die Hölzer, die wie ein kleiner Scheiterhaufen über der Grube aufgeschichtet waren. Teile der brennenden Paste, die an den Stöcken klebte und sie über ihre ganze Länge in lodernde Fackeln verwandelte, blieb am Trugkörper der Vampirin haften, brannte Löcher in Flügel und Pelz. Sogar eines der Augen wurde in Mitleidenschaft gezogen, als zähe Tropfen jener brennenden Substanz das geschlossene Lid trafen und sich bis weit in die darunterliegende Augenhöhle fraßen.
    Pomona schrie ultraschrill vor Qual. Der Schmerz steigerte die tollwütige Rachsucht, die der Todesimpuls in ihr geweckt hatte.
    Das Krachen, mit dem der Grubendeckel dem Geschoß aus der Tiefe nachgab, hörte sie kaum. Für ein Paar Herz- und Flügelschläge verharrte sie in der Gluthitze und versuchte sich außerhalb der Grube zu orientieren. Es gelang ihr mühsam.
    Sie befand sich in dem unterirdische Stollen, in dem sie nach Zapa-tas Mördern gefahndet hatte und der ihr dann selbst zur Todesfalle geworden war, als unter ihren Füßen der Boden nachgegeben hatte Ihre Sonarschreie rissen mehrere Gestalten aus dem blutroten Schein der Flammen.
    Männer, die zu beiden Seiten des Stollens standen und Stöcke in den Händen hielten, um sie immer wieder nachzulegen, das Feuer nicht ausgehen zu lassen.
    Männer, die jetzt panisch zurückwichen, weil auch sie von den umherfliegenden, brennenden Teilen getroffen wurden. Und weil .
    ... sich ihnen Pomona in diesem Moment, auf einem Auge blind, zuwandte. Ihnen nachjagte. Sie mit ihren halbverkohlten Schwingen einholte und ihre rußgeschwärzten Klauen in den Rücken eines der Fliehenden bohrte!
    Die Wucht, mit der sein Vorwärtsdrang gebremst wurde, brachte ihn zu Fall. Schon liegend, schlug und trat er schreiend um sich, während sich Pomona über ihm zurückverwandelte.
    Dies war das Aussehen, das ihre Untertanen fürchteten!
    Im Erscheinungsbild zwischen Mensch und finstrem Gott schwebend, ließ sie ihre Kiefer über seinem Genick zuschnappen. Knochensplitter und Blut füllten ihren Mund. Sie spie beides aus. Sie war nicht hungrig. Etwas anderes zwang sie, kaum daß sie ihr erstes Opfer geschlagen hatte, bereits Ausschau nach dem nächsten zu halten.
    Vor ihr rannten drei weitere Gestalten, die die Flammengrube und die vermeintliche Beute darin bewacht hatten! Und hinter Pomona, auf der anderen Seite der Falle, flohen noch einmal so viele .!
    Die Vampirin gierte danach, es jedem von ihnen heimzuzahlen. Nur einen einzigen Gefangenen wollte sie machen - einen, der ihr verraten würde, wer noch alles in Mayab an diesem Komplott gegen die Könige beteiligt war. Ein Komplott, von dem die Kinder des Kelchs nie auch nur etwas geahnt hatten!
    Wir haben uns selbst eingeschläfert, hatte Pomona schon in der Grube erkannt.
    Jetzt, da sie sich befreit hatte, dachte sie kaum noch etwas, folgte nur dem sicheren Instinkt, der sie zeit ihres unsterblichen Lebens begleitet hatte.
    Kurz wünschte sie sich die Jaguare zur Unterstützung, die in ihrem Pferch stets nach Menschenfleisch gierten.
    Dann hatte sie - auch ohne Flügel - den nächsten Flüchtling erreichte.
    Er hörte sie kommen, spürte ihren Atem im Nacken. Und dann, als sie bei ihm war, als sie die letzte Distanz mit einem machtvollen Sprung überwand, drehte er sich innehaltend zu ihr um.
    Das letzte, was Pomona in diesem von der fernen Glut erhellten Stollen sah, waren die schrecklich verheerten, ausgestochenen Augen des Blinden.
    Dann - im Niederfallen auf ihn - trieb sie sich selbst die Spitze des Stockes, den er ihr entgegenstreckte, tief in die Brust, tief in ein Herz, das vor fünfhundert Jahren, während der Taufe zur Königin, schon einmal kurz aufgehört hatte und nun für immer aufhörte zu schlagen.
    Das Ende der Ewigkeit war gekommen.
    Noch aus der Asche löste sich ein Schrei.
    Pomonas letzter Atemstoß .
    *
    »Verdammtes Hurenbalg, was hast du getan?«
    Noch einmal rann halblaut die Frage über Landrus bebende Lippen. Dann wurde er sich wieder des Gewichts seines Mitbringsels bewußt. Er bückte sich und legte das Buch auf den Boden des Walls, auf dessen Scheitelpunkt der Heimkehrer stand.
    Unter ihm lag Mayab, und hinter ihm spannte sich die magische Grenze, die jeden Zeugen der verbotenen Kelchtaufe, zu der sich Landru einst hatte hinreißen lassen, für alle Zeit vor dem Rest der Welt fernhielt.
    Seit Jahrhunderten schon. Neunzehn
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