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Ich bin Nummer Vier

Ich bin Nummer Vier

Titel: Ich bin Nummer Vier
Autoren: Lore Pittacus
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auseinander stehen. Die meisten Fenster sind für Halloween dekoriert. Ein Fußweg durchschneidet kleine Höfe vor den Haustüren. Im Zentrum des Ortes gibt es einen Kreisverkehr, und in dessen Mitte steht eine Statue, die einen Reiter mit einem Schwert in der Hand darstellt.
    Henri hält kurz an. Wir betrachten beide den Reiter, dann müssen wir lachen – allerdings nur, weil wir hoffen, dass sich kein anderes Wesen mit einem Schwert hier blicken lässt. Henri fährt in den Kreisverkehr, dann sagt uns das Navi, dass wir abbiegen müssen. Jetzt fahren wir nach Westen, aus dem Städtchen hinaus.
    Nach vier Meilen biegen wir links in einen Kiesweg, danngeht es an gemähten Feldern vorbei, auf denen im Sommer wahrscheinlich Mais oder Korn wächst, danach etwa eine Meile durch einen dichten Wald. Und dann finden wir, hinter überwachsener Vegetation versteckt, einen verrosteten, silbrigen Briefkasten mit schwarzer Schrift auf der Seite:
17 Old Mill Road
.
    »Das nächste Haus ist zwei Meilen entfernt«, sagt Henri beim Einbiegen. Unkraut wächst in der Kiesauffahrt voller Schlaglöcher, in denen gelbbraunes Wasser steht.
    »Wem gehört der Wagen?« Ich deute auf den schwarzen SUV, hinter dem Henri gerade geparkt hat.
    »Wahrscheinlich der Immobilienmaklerin.«
    Das Haus, umgeben von hohen Bäumen, wirkt im Dunkeln gespenstisch, so als wäre sein letzter Bewohner fortgejagt, vertrieben worden oder weggelaufen. Ich steige aus dem Truck. Der Motor klopft und ich spüre seine Hitze. Ich schnappe mir meine Tasche von hinten.
    »Na, was sagst du?«, fragt Henri.
    Das Haus ist einstöckig. Holzkonstruktion. Die weiße Farbe ist zum großen Teil abgeblättert, ein Vorderfenster zerbrochen. Die schwarzen Schindeln auf dem Dach sehen verzogen und brüchig aus. Drei Holzstufen führen zu einer kleinen Veranda mit wackligen Stühlen. Der Hof ist langgestreckt und verwahrlost. Seit das Gras zum letzten Mal gemäht wurde, muss sehr viel Zeit vergangen sein.
    »Es sieht aus wie ein Paradies«, sage ich.
    Als wir zur Tür gehen, wird sie bereits von einer gut gekleideten Blondine in Henris Alter von innen geöffnet. Sie hält ein Clipboard und einen Schnellhefter in der Hand, ein Smartphone ist an ihrem Rockbund befestigt.
    Sie lächelt. »Mr. Smith?«
    »Ja«, bestätigt Henri.
    »Ich bin Annie Hart von
Paradise Reality
. Wir haben miteinander telefoniert. Ich habe vorhin versucht, Sie zu erreichen, aber Ihr Handy ist offenbar ausgeschaltet.«
    »Ja, leider hat der Akku auf der Fahrt hierher versagt.«
    »Oh, ich hasse es, wenn mir das passiert.« Sie kommt auf uns zu und schüttelt Henri die Hand. Dann fragt sie mich nach meinem Namen und ich kann mich gerade noch zügeln, einfach nur »Vier« zu sagen. Während Henri den Mietvertrag unterschreibt, erkundigt sie sich nach meinem Alter und erzählt, dass ihre etwa gleichaltrige Tochter auf die örtliche Highschool gehe. Sie ist sehr freundlich und entgegenkommend, offensichtlich plaudert sie gern. Zu dritt gehen wir ins Haus.
    Drinnen sind die meisten Möbel mit weißen Laken verhüllt. Auf den unbedeckten liegt zentimeterdick Staub, dazwischen tote Insekten. Die Jalousien in den Fenstern sehen brüchig aus, die Wände sind mit billigem Sperrholz getäfelt. Es gibt zwei Schlafzimmer, eine ziemlich kleine Küche mit lindgrünem Linoleumboden und ein Bad. Das Wohnzimmer ist ein großes Rechteck auf der Vorderseite des Hauses mit einem Kamin in der hintersten Ecke. Ich werfe meine Tasche auf das Bett im kleineren Schlafzimmer, in dem ein riesiges ausgeblichenes Poster von einem Footballspieler hängt; sein Trikot ist in einem grellen Orange.
Bernie Kosar, Quarterback, Cleveland Browns
steht darunter.
    »Komm, verabschiede dich von Mrs. Hart!«, ruft Henri aus dem Wohnzimmer.
    Mrs. Hart steht mit ihm an der Tür. Sie sagt, ich solle mich in der Schule nach ihrer Tochter umschauen, vielleicht könnten wir Freunde werden. Ich lächle und antworte: »Ja, das wäre nett.«
    Sofort nachdem sie gegangen ist, entladen wir den Truck. Je nachdem, wie schnell wir einen Ort verlassen müssen, reisen wirentweder sehr leicht – also nur mit den Sachen, die wir anhaben, Henris Laptop und dem kunstvoll geschnitzten lorienischen Kasten, den wir überallhin mitnehmen – oder bringen ein paar Dinge mit, meistens Henris andere Computer plus Zubehör; alles, was er für Sicherheitsmaßnahmen und Internetrecherche nach Informationen und Ereignissen, die mit uns zusammenhängen könnten, benötigt. Diesmal
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