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Ich bin kein Serienkiller

Ich bin kein Serienkiller

Titel: Ich bin kein Serienkiller
Autoren: Dan Wells
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Gestell zum Tisch schob. Der Apparat war auf Rädern montiert, damit er zur Seite gefahren werden konnte und nicht störte. Jetzt aber bekam er den Ehrenplatz mitten im Raum, als Margaret den Schlauch mit der Kanüle verband, die ich in die Arterie eingeführt hatte. Sie prüfte kurz die Versiegelung, nickte anerkennend und kippte die erste Chemikalie – ein hell orangefarbenes Mittel, um die Blutgerinnsel aufzulösen – oben in den Behälter der Pumpe. Dann drückte sie auf einen Knopf, und die Pumpe erwachte polternd zum Leben. Sie klapperte wie ein echter Herzmuskel. Margaret beobachtete sie genau und verstellte dabei einige Knöpfe, die Druck und Geschwindigkeit regelten. Rasch stieg der Druck im Körper der Toten an, und bald darauf verschwand dunkles dickes Blut im Abfluss.
    »Wie geht’s in der Schule?« Margaret zog einen Gummihandschuh aus und kratzte sich am Kopf.
    »Bin ja erst seit zwei Tagen da«, entgegnete ich. »In der ersten Woche passiert nicht viel.«
    »Immerhin, es ist deine erste Woche auf der Highschool«, wandte sie ein. »Das muss doch ziemlich aufregend sein.«
    »Nein, eigentlich nicht«, antwortete ich.
    Das Antigerinnungsmittel war fast durch, und nun goss Margaret einen hellblauen Festiger in die Pumpe, damit die Blutgefäße bereit waren, das Formaldehyd aufzunehmen. »Hast du schon neue Freunde gefunden?«
    »Ja«, erwiderte ich. »Im Sommer ist eine komplette Schule neu in die Stadt gekommen, deshalb hänge ich wunderbarerweise nicht mehr mit den Leuten herum, die ich schon aus dem Kindergarten kenne, und natürlich wollen sie sich alle mit dem verrückten Jungen anfreunden. Das ist wirklich klasse.«
    »Du solltest dich nicht über dich selbst lustig machen.«
    »Eigentlich habe ich mich eher über dich lustig gemacht.«
    »Das solltest du auch nicht tun.« Margaret grinste leicht. Sie holte weitere Chemikalien, die sie in den Behälter kippte. Da die beiden vorbereitenden Mittel inzwischen den Körper durchspülten, mischte sie nun die eigentliche Einbalsamierungsflüssigkeit. Sie sollte die Feuchtigkeit halten und das Wasser weich machen, damit das Gewebe nicht anschwoll. Sie enthielt Konservierungsstoffe und keimtötende Mittel, damit der Körper in einem ansehnlichen Zustand blieb (so gut das in diesem Stadium überhaupt noch möglich war), außerdem Färbemittel, die der Toten eine rosige, natürliche Hautfarbe verliehen. Der Schlüssel zu alledem ist natürlich das Formaldehyd, ein starkes Gift, das alles im Körper abtötet, die Muskeln härtet, die Organe konserviert und das eigentliche »Einbalsamieren« erledigt. Margaret gab also einen ordentlichen Schuss Formaldehyd hinein, worauf ein schweres grünes Parfüm folgte, um den stechenden Geruch zu überdecken. Im Behälter der Pumpe schwappte jetzt eine knallbunte Pampe wie in den Saftautomaten einer Tankstelle. Margaret schloss den Deckel und scheuchte mich hinaus. Der Ventilator war nicht stark genug, um mit so starken Formaldehyddämpfen fertig zu werden. Inzwischen war es völlig dunkel geworden, und die Stadt war still. Ich setzte mich auf die Hintertreppe, während Margaret sich an die Wand lehnte und durch die offene Tür beobachtete, ob auch nichts schiefging.
    »Hast du denn schon Hausaufgaben bekommen?«, fragte sie.
    »Ich muss übers Wochenende die Einführungen meiner Schulbücher lesen, wie es alle braven Schüler tun, und in Geschichte soll ich einen Aufsatz schreiben.«
    Margaret musterte mich prüfend und gab sich große Mühe, gelassen zu bleiben. Doch sie presste die Lippen zusammen und blinzelte nervös. Ich kannte sie schon lange und wusste, dass sie sich wegen irgendetwas Sorgen machte.
    »Welches Thema?«, fragte sie.
    Ich ließ mir nichts anmerken. »Wichtige Gestalten der amerikanischen Geschichte.«
    »Das wären dann beispielsweise George Washington oder Lincoln?«
    »Ich hab den Aufsatz schon geschrieben.«
    »Das ist gut«, sagte sie, aber es kam nicht von Herzen. Sie schwieg kurz, doch dann gab sie jegliche Zurückhaltung auf. »Muss ich raten, oder erzählst du mir freiwillig, über welchen deiner Psychopathen du geschrieben hast?«
    »Sie sind nicht meine Psychopathen.«
    »John …«
    »Dennis Rader«, murmelte ich und blickte zur Straße. »Sie haben ihn erst vor ein paar Jahren geschnappt. Deshalb fand ich es nett, weil es noch halbwegs aktuell ist.«
    »John, Dennis Rader ist der BTK-Killer. Er ist ein Mörder. Du solltest große Gestalten beschreiben, keinen …«
    »Der Lehrer wollte,
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