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Ich bin ein Mörder

Ich bin ein Mörder

Titel: Ich bin ein Mörder
Autoren: Brigitte Pons
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und zog daran.
    »Klar gerne. Aber, eigentlich wollte ich mir erst noch ein Autogramm …«
    Mit wichtiger Miene fischte Jörg eine Autogrammkarte aus der Jackentasche.
    »So eins, vielleicht? Vorsicht, ist noch nicht ganz trocken. So wie du hinter den Ohren.«
    »Ha, ha – Schwachkopf.«
    »Na, dann nicht.« Demonstrativ öffnete er die Jacke, um die Karte zurückzustecken.
    »Hey! Gib her, ich nehme sie trotzdem. Kommst du mit, Mischa? Der Abend ist noch jung. Ich sag dir, von dem alten Knacker hier kann ich dir Geschichten erzählen …«
    »Alter Knacker? Soll ich dir mal zeigen, wie fit der Knacker noch ist?« Jörg versuchte erneut, ihren Zopf zu erwischen, aber Alexandra machte schnell einen Hopser zur Seite.
    »Au ja, zeig’s mir, Gruftie!«
    Mischa zog die Lederjacke über.
    »Sorry, Alexandra. Ich verabschiede mich jetzt. Macht ihr euch mal einen netten Abend.«
    »Bist du sicher? Hey, ich fände es wirklich schön, wenn du mitkommst!« Sie zog ihn am Arm ein Stück beiseite und fügte leise hinzu. »Jörg ist echt nur ein alter Kumpel. Komm schon!«
    »Nein, genug Rummel für heute, mir dröhnt der Schädel. Wir sehen uns Montag früh.«
    Mischa hob noch kurz die Hand zum Gruß in Jörgs Richtung, klappte den Kragen hoch und verschwand.
    Bedächtig schlenderte Jörg näher.
    »Habe ich den jetzt vergrault?«
    »Nö. Der ist nur mies drauf, weil er ein Bücherhasser ist, den Autor für ein Arschloch hält und seine Frau ihn letztes Jahr sitzengelassen hat. Aber sonst ist er ein echter Schatz. Vergessen wir den Trauerkloß. Sag, was treibst du hier?«
    Er schlang beide Arme um sie und presste sie an sich.
    »Also zuerst werde ich mal wieder mein Glück bei dir versuchen. Vielleicht liebst du mich ja doch, meine Schöne?«
    »Jörg, pack den Klappspaten weg, das Angraben ist so zwecklos wie immer. Du arbeitest, wie ich an deiner Ausrüstung sehe. Hast du die Nase voll von Stuttgart oder von Karin?«
    »Du bist so anschmiegsam wie ein Stück Stacheldraht und eklig wie gewohnt. Stuttgart, das ist die richtige Antwort. Mein alter Arbeitgeber gibt mir gnädigerweise einen Job – und Frankfurt hat mich wieder. Karin und die Kinder kommen in ein paar Wochen nach. Spätestens zu Weihnachten. Zur Zeit wohne ich bei deinem Bruder.«
    Sein Arm lag wie selbstverständlich um ihre Schulter. Es störte sie nicht. So war es immer gewesen. Der große, schöne Jörg kam und sie schmolz dahin. Mischa hatte wie immer recht. Sie wusste es. Tief in ihrem Innern schlummerte der Bravo lesende, kreischende Teenager und heute durfte er rauskommen zum Spielen.
    * * *
     
    Er hatte tagelang kaum geschlafen. Die ganze letzte Woche nicht und auch nicht in der vergangenen Nacht. Wie ungeheuerlich. Dieses erhebende Gefühl. Die Nähe. Diese intensive Nähe! Sie hatten einander in die Augen gesehen. Ihre Hände berührten sich für wenige Sekunden. Er schluchzte auf, überwältigt von der Erinnerung. Das war ein Zeichen. Ganz sicher. Seine Hand zitterte, als er sie betrachtete. Wieder schlug er die erste Seite des Buches auf.
    Ich bin das Alpha und das Omega, las er. Der Herr über Leben und Tod.
    Ja, Meister! Und ich bin dein Schüler, der dir nachfolgt.

Montag, 15. Oktober
     
    Mit der U-Bahn schaukelte Alexandra durch die erwachende Stadt bis zur Konstablerwache. Nur einen Steinwurf entfernt von dem geschichtsträchtigen Ort, an dem bereits vor mehr als vierhundert Jahren ein Zeughaus der Stadtwehr stand, betrat sie kurz darauf das 1. Polizeirevier im Herzen Frankfurts.
    »Morgen, Alexandra!«
    »Hey, da kommt sie ja. Guten Morgen, Frau Kriminalkommissarin!«
    Alexandra hängte die Jacke über einen Stuhl und legte die Mütze auf ihren Schreibtisch.
    »Morgen. Hab ich was verpasst, Jungs? Wieso grinst ihr so dämlich? Korrigiere, noch dämlicher als sonst, und wieso nennst du mich Kriminalkommissarin?«
    Fred Engel kaute geräuschvoll einen Apfel und drückte ihr im Vorbeigehen eine Zeitung in den Arm.
    »Noch nicht gelesen heute?«
    Sie entfaltete das Blatt und lachte laut auf.
    »Scharfes Foto! Ich mache mich nicht schlecht, oder? Schade, dass es nicht die Titelseite ist, sondern nur das Feuilleton.«
    »Ralf war begeistert. Vor allem, weil drunter steht, du wärst bei der Mordkommission.«
    »Echt? Cool.«
    Ihr Dienstgruppenleiter, Ralf Steinbrück, konnte die unerwünschte Publicity vertragen, da war sie sich sicher. Auch wenn er, im Dienst der Streifenpolizei, nicht immer gut auf die Kollegen anderer Dienststellen zu
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