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Ich bin ein Fundbüro - mein Alltag mit Kindern

Ich bin ein Fundbüro - mein Alltag mit Kindern

Titel: Ich bin ein Fundbüro - mein Alltag mit Kindern
Autoren: Anke Willers
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werden. Und das ist eine besondere Kunst!

    »Herzlichen Glückwunsch, Sie haben sich für ein besonders hochwertiges Stück entschieden. Damit Sie auch lange Freude daran haben, befolgen Sie bitte unsere Pflegehinweise«: Diesen Tipp findet man gelegentlich an Handtaschen oder auch an Pullis aus besonders edlem Garn. An Menschen hängen derartige Schildchen für gewöhnlich nicht. Dabei wären Pflegehinweise dort viel wichtiger. Denn was gibt es Wertvolleres im Leben als gute Freunde.
    Okay, die Familie ist noch wichtiger. Aber gleich danach kommen die Freunde. Mütter brauchen Freundinnen, die sie fragen können, ob das bei ihnen mit den Kilos nach der Geburt auch so lange gedauert hat. Fränkische Väter brauchen Freunde, mit denen sie bedauern können, dass »der Club« mal wieder in die zweite
Bundesliga absteigt. Und Kinder brauchen Freunde, mit denen sie besprechen können, ob es den Osterhasen wirklich gibt und wenn ja, wie man machen kann, dass er dieses Jahr ganz besonders viele Schoko-Eier bringt.
    Ich dachte deshalb, es könnte nicht schaden, mal ein paar freundschaftliche Pflegehinweise zusammenzustellen. Sie müssen sie ja nicht befolgen. Aber beschweren Sie sich dann nicht, dass Sie keiner mehr anruft!

DIE CHEMISCHE REINIGUNG:
Gut geeignet für alte Freunde, die über grobe Vernachlässigung klagen
    Neulich habe ich mich mit Mieke getroffen. Mieke ist eine sehr alte Freundin, die ich noch aus Uni-Tagen kenne. Sie ist Single und kinderlos. Wir saßen in einem Innenstadt-Café, tranken Milchkaffee und redeten. Die Chronologie des Gesprächs verlief in der ersten halben Stunde etwa so:
    Siebzehn Sätze über das bayerische Schulsystem und eine Lernzielkontrolle, in der Clara das scharfe F mit dem weichen W verwechselt und behauptet hatte, das Radieschen gehöre zur Gattung der Furzelgemüse. Vier Sätze über die Frage, ob Furzelgemüse wirklich so gesund ist, wie in der Lernzielkontrolle behauptet wird. Und ob wir jetzt eigentlich hier auch was essen wollen. Fünfzehn Sätze über Miekes hängenden Tschüssmuskel (der Teil des Oberarms, der beim Winken wackelt, wenn
man nicht mehr 20 ist und noch nie Heidi Klum hieß) und über ihren Frühlingsvorsatz, weniger zu essen. 13 Sätze über meinen Frühlingsvorsatz, jetzt öfter joggen zu gehen. Dazu ausschweifende Begründungen, warum es so schwer ist, regelmäßig Sport zu treiben (der Stress, die Arbeit, die Kinder, ach, Mieke!). Vier Sätze darüber, was wir als Nächstes trinken. 22 Lästersätze über Miekes doofe Arbeitskollegin. 31 Sätze über eine Pressekonferenz, zu der ich kürzlich im Berliner Regierungsviertel war. Dort hatte sich die Bundesjustizministerin nicht nur sehr schlagfertig unseren Fragen gestellt, sondern auch sonst ausgesprochen viel Profil gezeigt: Ihr Schuhwerk eignete sich nicht nur für die Treppen im Berliner Reichstag, sondern auch für ausgedehnte Wanderungen im Alpenvorland.
    Warum ich das alles schreibe? Weil es überzeugend dokumentiert, dass es nicht den ganzen Abend um die Kinder ging. Diesen Vorwurf hatte mir Mieke nämlich mal vor längerer Zeit gemacht. Damals haben wir dann einen ganzen Abend Tacheles geredet. Nach dieser verbalen Reinigung stimmte die Chemie zwischen uns wieder. Und mir war manches klarer: Zum Beispiel, dass Freundschaften sich verändern, wenn eine Seite Kinder kriegt. Und auch, dass man ein paar Regeln braucht, will man weiterhin befreundet sein. Eine meiner Regeln lautet seither: Erziehe dich selbst. Und mach mal einen Punkt! Ein paar Geschichten aus dem Familienkosmos sind okay. Zu viele davon langweilen das Gegenüber.

    Auch gut für die Chemie: Mütter und Miekes, seid ehrlich zu euch selbst. Wer den anderen plötzlich ganz doll blöd findet, nur weil er anders lebt, lügt sich nicht selten was in die Tasche. Und will schlicht nicht wahrhaben, dass ihm das andere Leben manchmal auch gefallen würde. Nein, gar nicht schlimm! Man muss es sich nur eingestehen!
    Und Regel Nummer drei: Macht euch klar, was ihr am anderen habt. Auch wenn der ganze Teller voll mit Furzelgemüse ist – es kann nicht schaden, ab und zu über den Rand zu gucken und von anderen Tellern zu probieren.

DER SCHONWASCHGANG:
Gut geeignet für Mütter aller Art
    Freundschaften zwischen Kinderlosen und Kinderbesitzern sind speziell. Freundschaften zwischen Müttern aber auch. Meistens lernt man sich im Geburtsvorbereitungskurs kennen. Oder in der PEKiP-Gruppe. Gerne auch am Spielplatz. Man plaudert über dies und jenes,
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