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Ich bin ein Fundbüro - mein Alltag mit Kindern

Ich bin ein Fundbüro - mein Alltag mit Kindern

Titel: Ich bin ein Fundbüro - mein Alltag mit Kindern
Autoren: Anke Willers
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fragte ich ihn. »Bestimmt«, sagte Jens, der fast 50 ist, kinderlos und erfolgreicher Patentanwalt. Also tranken wir einen Tee zusammen und spielten mit Windpocken-Jetti eine Partie Uno.
    Drei Wochen später rief Jens an und wollte wissen, woran man Windpocken erkenne. »Pickel«, sagte ich, »rot, juckend, grässlich!« »Ja, das trifft zu«, sagte Jens. Und es klang wie eine juristische Beweisaufnahme. In den nächsten Wochen durchlief unser armer Freund
alle Phasen einer schweren Windpockenattacke. Er musste sogar ins Krankenhaus. Und sich zu allem Überfluss in seiner Kanzlei auch noch verspotten lassen: »Windpocken? Herr Kollege, machen Sie doch einfach kurzen Prozess!«
    Zum Glück ist Jens ein netter Patentanwalt. Er hat uns deshalb auch nicht verklagt. Wegen fahrlässigen Uno-Spielens oder anderer Straftatbestände.
    Trotzdem ergibt sich daraus LEKTION 3 : Lassen Sie nie Rechtsanwälte in die Wohnung, wenn sich dort wild gewordene Viren aufhalten. Lassen Sie auch keine anderen kinderlosen Menschen über 30 rein, wenn ihre Mütter nicht glaubhaft belegen, dass 1981 eine Windpockenepidemie in dem Kindergarten grassierte, den der Mensch über 30 damals besuchte. Und: Öffnen Sie nie Schwangeren die Tür, wenn Ihr Kind Pickel hat und es sich nicht um Mückenstiche handelt.

KINDER, DIE KEINE WINDPOCKEN HABEN.
Oder: Mütter ohne Nerven
    Ich fasse zusammen: Windpocken, die sich auf Großbaustellen über gut situierte Patentanwälte hermachen, sind eindeutig ein Notfall. Symptome, die nicht sofort auf Windpocken schließen lassen und von denen man nicht weiß, woher sie rühren, sind allerdings noch schlimmer. Denn sie lösen bei mir den Google-Reflex aus. Ich muss sofort im Internet nachschauen, welche
Diagnosen zu den ominösen Anzeichen gehören, die sich im Hals, zwischen den Zehen oder sonst wo am Körper meiner Kinder breitmachen. Dabei stoße ich immer auf seltene Syndrome mit schweren Krankheitsverläufen und unabsehbaren Spätschäden. Das wiederum führt dazu, dass ich nachts nicht mehr schlafen kann. Denn nun fürchte ich, dass mein Kind seinen nächsten Geburtstag möglicherweise nicht mehr erleben wird.
    Richtiges Verhalten auf der Baustelle, LEKTION 4: Fragen Sie nie Google, wenn Ihr Kind keine Windpocken hat! Es sei denn, Sie sind Ärztin und wissen, was Sie tun. Wenn Sie es wie ich nicht lassen können, konsultieren Sie unbedingt ein sachliches Nachschlagewerk. Ich empfehle das von Herbert Renz-Polster und seinen Leuten. 3

KINDER, DIE WARTEN.
Oder: Väter an Unfallstellen
    Der Donnerstag ist bei uns ein komplizierter Tag: Ich bin bis abends in der Redaktion, dafür geht Jochen früher, um die Kinder abzuholen. Diese Konstruktion ist notfallträchtig, denn meistens geht Jochen auf den letzten Drücker.
    So geschah es vor einiger Zeit, dass er nach dem Büroverlassen und vor dem Kinderabholen noch schnell Obst kaufen wollte. Beim Einparken touchierte er eine Radfahrerin. Sie fiel hin, und Jochen kriegte einen Riesenschreck.
Dann kam die Polizei und protokollierte akribisch den Unfallhergang. Der Radfahrerin ging es schon wieder gut, aber das Protokoll brauchte Zeit. Irgendwann sagte Jochen, er müsse dringend seine Töchter abholen, der Hort mache zu. Das aber war mehr, als die Polizei erlaubte. Jochen insistierte weiter.
    Schließlich setzten sich zwei der Polizisten in den Streifenwagen und fuhren höchstselbst zum Hort drei Straßen weiter. Dort wurden die beiden Beamten von der Erzieherin äußerst kritisch gemustert und dann streng verhört: »Meine Herren, haben Sie eine Abholgenehmigung?« »Nein«, sagten die Beamten, »aber Sie sehen ja, wir sind von der Polizei!« Die Erzieherin ließ das nicht gelten: »Da könnte ja jeder kommen«, meinte sie. Und dass sie die Kinder so nicht gehen lasse.
    Verhalten auf der Baustelle, LEKTION 5: Nehmen sie sich Zeit, vor allem donnerstags! Wenn Sie keine haben: Suchen Sie sich Freunde und Helfer. Aber sorgen Sie dafür, dass die Freunde und Helfer die richtigen Papiere dabeihaben!
    PS: Sie wollen gerne wissen, wie dieser Zwischenfall am Ende ausging? Das war so: Die Erzieherin brachte die Kinder höchstpersönlich zu ihrem Papa. Mit Polizeischutz und zu Fuß. Denn im Streifenwagen waren keine Kindersitze. Und Fahren ohne Kindersitz – das ist von der Polizei nicht erlaubt. Schon gar nicht auf Großbaustellen!

Vom Umgang mit Pflegefällen
    Freunde sind wichtig: für uns Eltern, für Kinder und überhaupt. Allerdings müssen Freundschaften auch gepflegt
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