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Ich bin die, die niemand sieht

Ich bin die, die niemand sieht

Titel: Ich bin die, die niemand sieht
Autoren: J Berry
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schlafend und krank im Wald. Also holte ich eine Decke und legte mich zu ihm, um ihn zu wärmen. Wie Sie gehört haben, wusste er auch davon nichtss.«
    »Ein unanständiges Verhalten«, sagt Reverend Frye. Alle sehen ihn an. Er schweigt.
    Ich zeige auf Rupert Gillis. »Wie er uns dort gesehen haben will, weiß ich nichth. Aber sseit ich zur Schule gehe, hat er mich mit schmutzigen Wörtern bombardiert. Er befahl mir, nachts zu ihm zu kommen. Er sagte, wenn ich es nicht täthe, würde er mich auss der Schule werfen.«
    Gillis gibt sich empört. Ich habe mich noch nie so stark gefühlt. »Er sagt, er mag Mädchen, die schweigsam sind.«
    Elizabeth Frye, die rothaarige Tochter des Priesters, meldet sich zu Wort. »Das kann ich bestätigen«, sagt sie mit ihrer dünnen Stimme. »Ich habe gesehen, wie er sich Miss Finch gegenüber ungebührlich verhalten hat, und auch mich selbst hat er mit ungebetenen Aufmerksamkeiten bedacht.«
    Reverend Frye ist erst überrascht, dann wütend. Die arme Elizabeth wird heute Abend bestimmt bestraft. Aber Rupert Gillis sinkt immer mehr in sich zusammen. Die Mütter von Roswell Station scharen ihre Töchter dicht um sich.
    »Und doch wissen wir immer noch nicht, wer Lottie Pratt getötet hat«, beharrt Dorfvorsteher Brown. »Sie sagen , jemand von uns ist dafür verantwortlich?«
    Ich fühle mich hier oben so ausgeliefert. Aber ich habe zu viel geschafft, um jetzt zusammenzubrechen.
    »Ich weiß nur, dass Lottie bei ihrem Todh nicht das braune Kleid trug, das in der Kirche präsentiert wurde. Ihr Kleid war dunkelblau mit einem dreieckigen Kragen. Ich habe es ein Jahr lang getragen. Als es …« Ich achte genau auf die Formulierung. »… gerissen war, nähte ich daraus und aus meinem alten grauen Kleidh, das ich am Tag der Entführung getragen hatte, eine Decke. Sehth euch die Decke an, die ihr mitgebracht habt. Ssie enthält diese beiden Farben.
    Das braune Kleid war nie in Colonel Whitings Haus. Das hätte ich gewusst. Es kann dort nicht gefunden worden sein. Außer …«
    Oh …
    Gott sei uns gnädig.
    »Außer?«, drängt Dorfvorsteher Brown.
    Ich schlucke wieder. »Außer jemand vom Ssuchtrupp hat es dorthin gebracht. Jemandh, der es die ganze Zeit hatte.«
    Alle sehen Abijah Pratt an. Er schiebt die Unterlippe vor und zurück.
    »Jemand, der seit der Schlacht, in der mein Beschützer starb, um unser Hauss geschlichen ist. Stimmt das etwa nicht, Mutter?«
    Mutter wird blass. Sie nickt. Sie hatte auch den Prozess in der Kirche aufmerksam verfolgt.
    »Lottie hatte Angst vor der Reaktion ihres Vaters, wenn er herausfände, dass sie verliebt war. Ich weiß nicht, ob ihre Angst begründeth war.«
    XXVI
    Abijah Pratt dreht sich abrupt um, als wolle er weglaufen. Doch er kommt nicht weit. Wie eine menschliche Felswand hält Horace Bron ihn auf und hebt ihn so mühelos hoch wie ein Kind.
    Reverend Frye hält Elizabeths Arm und öffnet und schließt den Mund wie ein Wels.
    Dorfvorsteher Brown sieht mich an. Ich erwidere seinen Blick. Er wirkt mit einem Mal älter. Er senkt den Kopf, dann sieht er mich noch einmal an. Er dreht sich nach Rupert Gillis um und geht wortlos fort. Die anderen Ratsmitglieder folgen ihm. Horace Bron zerrt Abijah Pratt in die gleiche Richtung, während er eisenhart dessen Handge lenk umklammert. Gillis schleicht sich davon. Wird auc h er bald an diesem Pranger stehen oder kann er heute Nacht unbemerkt fliehen?
    Goody Pruett strahlt mich an. Sie beginnt zu klatschen. Immer wieder, bis andere einstimmen. Leon Cartwright. Darrel.
    Maria sieht aus, als platze sie vor Stolz.
    Meine Knie werden jeden Augenblick nachgeben und ich werde auf die Plattform niedersinken wie ein abgestreiftes Kleid.
    Meine Mutter bahnt sich einen Weg durch die Menge. Sie sieht mich kurz an, dann wendet sie den Blick wieder ab.
    Maria erklimmt die Plattform und hält sich dabei am Geländer fest. »Komm mit, Judith. Bei mir bekommst du etwas zu essen und kannst dich waschen.«
    Sie legt den Arm um mich. Ich denke an den Dreck, der mir an Gesicht und Händen klebt. Als ich zögere, hält Maria mich umso fester.
    »Reverend Frye«, höre ich dich plötzlich sagen.
    Wie in Trance blickt der Priester hoch zur Plattform.
    »Miss Finch und ich werden morgen in Ihrer Kirche heiraten.«
    Mutter staunt mit offenem Mund. Darrel strahlt glücklich. Eunice Robinson läuft nach Hause, ihre Schwestern im Schlepptau. Marias dunkle Augen sind voller Freude.

Heute

I
    Maria besteht darauf, dass ich ihr hellblaues
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