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Ich bin dein, du bist mein

Ich bin dein, du bist mein

Titel: Ich bin dein, du bist mein
Autoren: Ravensburger
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ging an ihm vorbei die Treppe hinauf, um die Haustür aufzuschließen. Das Zittern wollte nicht nachlassen. Sie fürchtete, er könnte es bemerken. Auf keinen Fall durfte sie sich jetzt ihm gegenüber eine Blöße geben. Jetzt nicht – und nie wieder.
    »Warum hast du mir eine SMS geschickt?«, fragte er. »Warum hast du mich nicht einfach angerufen?«
    Weil du nicht hören solltest, wie wütend ich war. Wie verletzt. Und wie enttäuscht. Aber sie schwieg, ließ nur die Haustür offen stehen, statt ihn hereinzubitten.
    Zerberus, der Hausbeagle, war nicht da. Ihre Mutter hatte ihn mitgenommen zu ihrem neuen Freund. Marion sagte immer: Niemand sollte allein sein und auf jemanden warten müssen, von dem er nicht weiß, wann er kommt. Judith konnte ihre Mutter nur zu gut verstehen. Besonders heute.
    Sie ging in die Küche und öffnete den Kühlschrank, um eine Flasche Wasser herauszunehmen, die in der feuchtenWärme sofort beschlug. Sie schraubte den Verschluss ab und trank gierig – keine Zeit, ein Glas zu nehmen. Sie hörte die Haustür zufallen und gleich darauf trat Jan in die Küche. Sie beachtete ihn nicht, schloss die Augen und genoss das kühle Wasser. Schließlich stellte sie die Flasche auf dem Küchentisch ab, auf dem noch die Reste ihres Frühstücks standen.
    »Du wolltest doch mit mir reden, oder?«, fragte Jan.
    Erst jetzt drehte sie sich zu ihm um. »Nicht wirklich.«
    »Und warum hast du mich dann herkommen lassen?« Seine Worte hatten einen spöttischen Unterton, als wollte er sagen: »Sieh her, die Königin hat ihren Untertan einbestellt.«
    Am liebsten hätte sie ihn gepackt und angeschrien, ihm vielleicht sogar ins Gesicht geschlagen. Wie konnte er es wagen, sie zu provozieren! Aber sie ließ sich ihren Zorn nicht anmerken. Wenn sich hier einer zu rechtfertigen hatte, dann war es Jan.
    Sie hatte alles genau geplant. Auf keinen Fall würde sie ihn in ihr Zimmer lassen. So viel Nähe konnte sie nicht ertragen. Nicht mehr. Es genügte ihr schon, dass er jetzt so nahe vor ihr stand, dass sie ihn riechen konnte. (Und er roch gut! Wie immer.) Sie zog zwischen den Kochbüchern, die neben dem Herd standen, ein braunes Kuvert hervor und warf es auf den Tisch.
    Jan sah sie fragend an.
    »Schau rein«, forderte sie ihn auf.
    Langsam griff er nach dem Umschlag, öffnete ihn und zog ein halbes Dutzend Fotos heraus.
    »Eins hätte eigentlich schon gereicht«, sagte sie mit vor der Brust verschränkten Armen. »Sie sind alle ziemlich aussagekräftig.«
    Jans Gesicht wurde blass und er leckte sich nervös über die Lippen. »Wo hast du die her?« Er untersuchte das Kuvert genauer. Judith hatte es mit der Post bekommen, ohne Absender. Der Adressaufkleber war getippt worden.
    »Der Brief kam vorgestern«, sagte Judith. »Sie heißt Zoey, nicht wahr? Ein Jahrgang unter uns oder täusche ich mich?«
    Jan ließ sich auf einem der Küchenstühle nieder und schwieg. Schließlich blickte er ungläubig zu ihr auf. »Hast du etwa jemanden auf mich angesetzt?«
    Judith blinzelte verwirrt. »Wie bitte?« Auf jede Reaktion war sie gefasst gewesen, nur nicht auf diese. Eine gestotterte Entschuldigung, eine improvisierte Rechtfertigung, ein schlecht gespieltes schlechtes Gewissen. Aber nicht diese Frage. Obwohl sie natürlich auf der Hand lag. Denn die Bilder, die Jan zusammen mit einem Mädchen zeigten, machten einen professionellen Eindruck. Das Motiv:ein Kuss. Ein Kuss wie von zwei Ertrinkenden, die mit der nächsten Welle untergehen werden.
    »Und – hast du nun jemanden auf mich angesetzt?«, wiederholte Jan. Diesmal mit unverhohlener Wut. Und diese Wut entflammte Judiths Zorn von Neuem.
    »Was glaubst du eigentlich?«, fuhr sie ihn an. »Mal ganz abgesehen davon, dass ich so eine Detektivnummer ziemlich dämlich fände: Ich hätte wissen müssen, dass zwischen dir und dieser Zoey was läuft!«
    Jan machte den Mund auf, um ihn gleich wieder zu schließen.
    »Hast du denn nichts dazu zu sagen? Zoey scheint dich ja förmlich auffressen zu wollen!«
    Jan schwieg. Sein Blick suchte verzweifelt an den Küchenregalen Halt.
    »Wie lange geht das schon mit euch?« Sie wunderte sich, dass sie so ruhig sprechen konnte.
    »Sechs Wochen«, sagte Jan leise.
    »Also seit Beginn der Ferien?«
    Er nickte.
    »Warum?« Er schwieg. Judith sah ihm in die Augen und spürte einen Stich. Nicht im Herzen, eher in der Magengegend. So als hätte man ihr ein stumpfes Messer in den Bauch gestoßen. »Vergiss es«, sagte sie schließlich und machte
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