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Hurra, die Lage wird ernst

Hurra, die Lage wird ernst

Titel: Hurra, die Lage wird ernst
Autoren: Annette Bell
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unserem
Zimmer, hatte Anja es plötzlich sehr, sehr eilig, das Sprechkästchen
hervorzukramen. Gleich so wie sie war, ungewaschen, noch im Badeanzug, setzte
sie es aufs Bett, sich selbst daneben. Sie drückte die Taste und fing mit
aufgeregter Stimme an:
    »Bericht vom sechsten August. Ich
habe Jürgen Diering gefunden. Was, da staunen Sie, und doch werden Sie gleich
wieder enttäuscht sein, denn er hat mit den von uns gesuchten Unterlagen
nichts, aber auch wirklich nichts zu tun. Ich konnte mich selbst davon
überzeugen. Er hat wohl damals bei der Firma gekündigt, aber dazu hatte er
seinen guten Grund. Ein junger Konstrukteur voller Ideen läßt sich eben nicht
immer nur zum Handlanger für die anderen degradieren. Hätten die Lord-Werke
wenigstens einmal nach seinen Vorschlägen gehandelt, er wäre bestimmt
heute noch im Werk. Aber sie taten es nicht, sie verließen sich allein auf die
älteren Konstrukteure und gaben ihm einen Korb nach dem anderen, bis er es
schließlich satt hatte. Jetzt ist er hier in Laigueglia, verdient sich
vormittags ein paar Mark, indem er die deutsche Korrespondenz für ein Hotel
hier im Ort führt. Von mittags ab arbeitet er mit seinem italienischen Freund
Antonio (Nachname ist mir unbekannt) an seinen Erfindungen und Neuerungen, die
von der italienischen Autoindustrie bereits sehr interessiert beobachtet werden.
Sie sind beide begeistert bei dieser Arbeit und haben nicht das geringste
Interesse an Einzelheiten, die ausgerechnet von den Kollegen stammen, denen
Herr Diering davongelaufen ist. Also Herr Debray, dieser Mann ist es nicht
gewesen, dafür lege ich meine Hand ins Feuer. Es muß etwas anderes
dahinterstecken. Bis ich Nachricht von Ihnen habe, bleibe ich hier. Bitte
melden Sie sich bald, damit ich endlich erfahre, was jetzt geschehen soll.
Ende.«
    Das war kein Bericht, das war ein
Plädoyer zugunsten eines Angeklagten. Ich hatte nicht gedacht, daß es schon so
schlimm um Anja stand.
    »So, das wäre erledigt«, seufzte
Anja. Da war ich aber wirklich selbst gespannt, was Herr Debray zu diesem
enthusiastischen Rehabilitierungsversuch sagen würde. .Vielleicht glaubte er
Anja, so wie sie Jürgen Diering blindlings geglaubt hatte. Ein schlechtes
Zeichen für einen Detektiv, wobei ich James Bonds Einstellung, daß ein
verliebter Detektiv nur noch die Hälfte wert ist, aus vollem Herzen zustimme.
Wenn er sie nun angelogen hatte, wenn er nun doch mit in dieser Sache hing und
sie nur auf seine charmante Weise davon ablenkte, schließlich ist das alles
schon dagewesen. Anja glaubte ihm, und auch ich neigte dazu, mich ihrer
Auffassung anzuschließen, trotzdem wollte ich wenigstens die angedeutete
Möglichkeit nicht aus dem Auge verlieren. Wenn Anja nicht mehr dazu in der Lage
war, dann mußte ich von jetzt an sehr wachsam sein.
    Selbstverständlich durfte ich abends
nicht mitgehen, und als ich anfing zu maulen, versicherte mir Anja, daß
Kleopatra ebenfalls daheim bleiben müsse. So schickte ich mich denn ins
Unvermeidliche und nahm es halb freiwillig auf mich, dasselbe Schicksal zu
tragen wie mein armes kleines eingesperrtes Weibchen.
     
    Wie
hatte ich mich während dieser einsamen Stunden im Hotelzimmer darauf gefreut,
sie am nächsten Tag wiederzusehen, ich malte mir immer wieder neue Situationen
aus, eine schöner und interessanter als die andere, und tröstete mich so über
die Stunden. Aber wie unglücklich war ich, als dieser Tag vorüberging, ohne daß
ich meine Angebetete auch nur ein einziges Mal gesehen, gerochen hatte. Sie kam
nicht, nicht mit Herr und nicht ohne, und ich fand, verflixt noch mal, nicht eine Möglichkeit, zu entwischen und zu ihr zu eilen. Das brachte uns der nächste
Tag, und da es der traurigste Tag war, den ich seit langem erlebt hatte,
beschloß ich, ihn aus meinem Gedächtnis als unwichtig zu streichen, er zählte
einfach nicht.
    Ja, das war ein harter Schlag in die
Gefühlsgegend, und auch Anja schien traurig darüber zu sein, daß sie keinen
Besuch bekommen hatte. Doch je mehr die Sehnsucht wächst, um so größer ist
nachher die Wonne, wenn man die vertraute Gestalt endlich wieder vor sich
sieht.
    Aber noch war es nicht soweit,
obwohl ich mir für heute fest vorgenommen hatte, und seien die Widerstände auch
noch so stark, zu Kleopatra vorzudringen. Noch so einen einsamen Tag ohne sie
wollte ich nicht verleben, dann wäre es schon besser gewesen, gleich wieder
nach Hause zu fahren. So wie ich auf eine passende Gelegenheit, so wartete Anja
ungeduldig
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