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Huff, Tanya

Huff, Tanya

Titel: Huff, Tanya
Autoren: Blood Ties 04 - Blutpakt
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gegenüber und hätten einander
auch Auge in Auge gegenübergestanden, wenn sie nicht so
unterschiedlich groß gewesen wären. Auch wenn Vicki mit ihren
1,73m hochgewachsen war, Celluci mit seinen 1,95m überragte sie deutlich.
    „EIFERSÜCHTIG!"
    Vicki hatte im Laufe der Jahre genug Italienisch gelernt,
um zu verste hen, was dann kam. Sie und Mike hatten sich gerade in eine
lautstarke Auseinandersetzung
hineingesteigert, als eine Stimme sich eine unerwar tete Pause in der
Schreierei zunutze machte.
    „Entschuldigen
Sie bitte?"
    Beide wandten sich - die Gesichter zu Grimassen erstarrt
- Mr. Chin zu, der sie mit der Besorgnis eines Mannes musterte, der
viel gesehen hat. Der alte Herr hielt seinen Bademantel aus
burgunderfarbenem Brokat mit einer fragilen Hand vor der Brust
zusammen; die andere hatte er er hoben, als wolle er die Aufmerksamkeit der
Streitenden fangen. Als er sah, daß ihm das gelungen war, lächelte er in das
Schweigen hinein.
    „Danke! Wenn wir das so beibehalten könnten?" Auf
zwei verwunderte Blicke hin entrang sich Chin ein Seufzer. „Ich will es
einfacher sagen. Es ist 4 Uhr 22: Ruhe!" Chin wartete
einen Moment, nickte dann und verließ die Wohnung, wobei er die
Wohnungstür leise hinter sich zuzog.
    Vicki spürte, wie ihre Ohren rot anliefen. Mit einem
Ruck wandte sie sich Mike zu, denn sie meinte, aus seiner Richtung einen Laut
vernom men zu haben, der halb wie ein Niesen,
halb wie eine Explosion geklungen hatte. „Was gibt es da zu lachen?"
    Mike schüttelte den Kopf und rang mit den Armen wedelnd vergeblich
nach Worten.
    „Egal." Vicki streckte die Hand aus und schob Mike eine Locke
aus dem Gesicht, wobei sich ihr Mund zu
einem reuigen Grinsen verzog. „Es war
wohl ziemlich witzig. Auch wenn ich jetzt den ganzen Tag über das Gefühl
haben werde, etwas halbfertig hinterlassen zu haben."
    Celluci nickte, und die Locke fiel ihm wieder
in die Augen. „Ja, so, als könne man sich nicht erinnern, ob
man den letzten Keks in der Packung gegessen hat oder nicht."
    „Oder den letzten
Schluck Kaffee aus der Tasse getrunken."
    Die beiden lächelten einander an, und Vicki
ließ sich in den schweren Sessel fallen, der das Wohnzimmer
beherrschte. „Was willst du über Bai land wissen?"
    Vicki rückte von der warmen Klippe ab, die
Mikes Rücken darstellte und fragte sich, warum sie nicht schlafen
konnte. Vielleicht hätte sie Mike wirklich heimscheuchen sollen,
aber es war ihr so sinnlos erschie nen, ihn den ganzen Weg
zu seinem Haus in Downsview zurückzuschick en, wenn er doch in
sechs Stunden schon wieder im Polizeihauptquartier in der Innenstadt sein
mußte. Vielleicht sogar früher. Sie konnte die Ziffern der Uhr
nur erkennen, wenn sie sich aufsetzte, das Licht einschal tete
und ihre Brille suchte - sie ging davon aus, daß es kurz vor Morgen grauen
war.
    Morgengrauen.
    Im Zentrum der Stadt, nur 18 Blocks entfernt von Vickis
Wohnung in Chinatown, lag Henry in seinem abgedichteten Zimmer und wartete auf den
Tag, wartete darauf, daß die aufgehende Sonne sein Leben ausschal tete,
vertraute darauf, daß die sinkende Sonne es wieder einschalten würde.
    Einmal hatte Vicki den Tag bei Henry verbracht, gefangen
in der Be drohung, die das Sonnenlicht vor dem Schlafzimmer
darstellte. Henry hatte so leblos dagelegen, daß es ihr
vorgekommen war, als verbringe sie den Tag mit einer Leiche. Es war sogar
schlimmer gewesen, denn Henry war keine Leiche. Unter keinen
Umständen würde sie dieses Erlebnis wiederholen wollen.
    Damals war sie fortgerannt, sobald ihr die
Finsternis sicheren Abzug ge stattet hatte, und bis zum heutigen Tag konnte sie nicht
wirklich sagen, ob sie vor dem fortgelaufen
war, was nun einmal Henrys Wesen ausmach te oder vor dem Vertrauen, das der Freund ihr entgegengebracht hatte, als er sich ihr derart hilflos zeigte.
    Sie war nicht
lange fortgeblieben.
    Auch wenn sie oft so spät oder manchmal gar nicht zu
Bett kam: Hen ry hatte einen wichtigen Platz in Vickis
Leben eingenommen. Da war ei nerseits die körperliche Anziehung,
die ihr auch jetzt, wo sie Henry schon ein Jahr kannte, den Atem
verschlug und den Magen verknotete; was Vicki aber wirklich
bekümmerte, manchmal sogar ängstigte, war die Art, wie der Freund auch von anderen
Aspekten ihres Lebens Besitz ergriffen hatte.
    Henry, der Vampir, unehelicher Sohn Heinrichs VIII. —
dieser Henry war ein Rätsel. Sie hätte ihr Leben damit
verbringen können, dieses Rät sel zu entschlüsseln und doch nicht
alles erfahren, was ihn
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