Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Huff, Tanya

Huff, Tanya

Titel: Huff, Tanya
Autoren: Blood Ties 01 - Blutzoll
Vom Netzwerk:
mit Geräuschen und Licht, und etwas strich sanft
über ihre Schuhsohlen.

Ihre Hände waren klebrig, blutbedeckt, aber es war
nicht ihres, und im Augenblick war das alles, was zählte. Ehe der Zug hielt,
warf sie ihren Mantel über die Leiche und schnappte ihren Ausweis.
    Der Zugbegleiter streckte den Kopf heraus.
    Vicki schwenkte das Ledermäppchen in seine Richtung
und bellte: „Die Türen schließen! Sofort!"
    Die noch nicht ganz geöffneten Türen schlossen
sich.
    Sie dachte daran, wieder zu atmen, und als der Kopf
des Zugbegleiters wieder auftauchte, schnauzte sie ihn an: „Der Fahrer soll per
Funk die Polizei rufen. Sagen Sie, es ist ein 10-33... fragen Sie nicht, was
das heißt!" Sie sah die Frage kommen. „Die wissen das dann schon! Und vergessen
Sie nicht, ihnen zu sagen, wo wir sind." Die Leute hatten in Notfällen
schon Dümmeres getan. Als er wieder im Zug verschwand, blickte sie auf ihre
Brieftasche und seufzte, dann hob sie einen blutverschmierten Finger, um ihre
Brille wieder die Nase hochzuschieben. Der Ausweis einer Privatdetektivin hatte
in einem solchen Fall keine Bedeutung, aber die Leute reagierten auf den
Anschein der Autorität, nicht auf Einzelheiten.
    Sie ging ein Stück von der Leiche weg. In der Nähe
überdeckte der Geruch nach Blut und Urin - die Vorderseite der Jeans des Jungen
war durchnäßt - den Metallgeruch der U-Bahn. Ein einsames Gesicht spähte aus
dem Fenster des nächstgelegenen Wagens. Sie fauchte es wütend an und stellte
sich darauf ein, zu warten.
    Weniger als drei Minuten später hörte Vicki oben
auf der Straße Sirenen. Sie hätte fast laut gejubelt. Es waren die längsten
drei Minuten ihres Lebens gewesen.
    Sie hatte sie mit Nachdenken verbracht, die
Blutspritzer und die Lage des Körpers bedacht und das Ergebnis überhaupt nicht
gemocht.
    Nichts, das sie kannte, konnte mit einem einzigen
Schlag Fleisch wie ein Tempotaschentuch zerreißen, und zwar so schnell, daß dem
Opfer keine Zeit zur Gegenwehr blieb. Nichts. Aber etwas hatte es getan.
    Und es war in den Tunneln.
    Vicki drehte sich, bis sie in die Finsternis am
Ende des Zuges blickte. Ihre Nackenhaare richteten sich auf. Was verbargen die
Schatten, fragte sie sich. Sie bekam eine Gänsehaut, und zwar nicht nur wegen
der Kälte. Sie hatte sich nie für eine besonders phantasiebegabte Frau gehalten
und

wußte, daß der Mörder schon lange fort sein mußte,
aber etwas lauerte in diesem Tunnel.
    Das unverwechselbare Gepolter von Polizeistiefeln auf
Fliesen brachte sie dazu, sich umzudrehen, die Hände vorsichtig seitlich
weggestreckt. Polizisten, die man zu einem brutalen Mord rief und die jemanden
fanden, der blutbedeckt über der Leiche stand, würde man es vielleicht
nachsehen, wenn sie ein paar voreilige Schlußfolgerungen zogen.
    Die Situation wurde für einige Minuten chaotisch,
aber zum Glück hatten vier der sechs Beamten schon von „Victory" Nelson
gehört, und nachdem man einige Entschuldigungen ausgetauscht hatte, machten sie
sich an die Arbeit.
    „... meinen Mantel über die Leiche, ließ den Fahrer
die Polizei rufen und wartete." Vicki sah, wie Police Constable West wie
wild in sein Dienstbuch kritzelte und verbiß sich ein Grinsen. Sie konnte sich
daran erinnern, auch so jung und eifrig gewesen zu sein. Gerade noch. Als West
aufblickte, nickte sie in Richtung Leiche und fragte: „Wollen Sie sie sehen?"
    „Nein!" Dann fügte er etwas einfältig hinzu:
„Das heißt, wir sollten nichts anfassen, ehe die Mordkommission da ist."
    Die Mordkommission. Vickis Magen machte einen Ruck,
und ihre Stimmung sank auf den Nullpunkt. Sie hatte vergessen, daß sie nicht
die Leitung der Untersuchung hatte. Vergessen, daß sie nur eine Zeugin war -
die erste am Tatort - und das auch nur, weil sie ein paar äußerst idiotische
Dinge gemacht hatte, nur um hinzukommen. Die Uniformierten hatten es wie in den
alten Zeiten aussehen lassen, aber die Mordkommission... ihre Abteilung. Nein,
nicht mehr. Sie schob ihre Brille mit der Rückseite des Handgelenks die Nase
hoch.
    PC West, den sie erwischte, wie er sie anstarrte,
wandte verwirrt den Blick ab. „Äh, ich glaube, niemand hätte etwas dagegen,
wenn Sie sich das Blut von den Händen waschen."
    „Danke." Vicki zwang sich zu einem Lächeln,
ignorierte aber die unausgesprochene Frage. Wie gut oder wie wenig sie sehen
konnte, ging niemanden außer sie selbst etwas an. Sollten doch neue Gerüchte in
der Truppe in Umlauf geraten. „Wenn es Ihnen nichts ausmachen würde,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher