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Hueter Der Macht

Hueter Der Macht

Titel: Hueter Der Macht
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Engel für stark genug befunden hatten, um ihm standzuhalten. Wenn dieser Geistliche sein Lebensende erreicht hatte, gaben die Engel dem Papst den Namen eines neuen Mannes, der jung und kräftig war, und dieser junge Geistliche begleitete den alten bei seinen letzten Reisen zum Höllenschlund. Von dem älteren, dem Tode nahen Geistlichen lernte der jüngere die Beschwörungsformeln, die er brauchte… und er lernte auch die wahre Bedeutung von Mut kennen, denn ohne diesen war er verloren.
    Diese Priester, die Auserwählten, verbrachten ihr ganzes Leben am Rand der Hölle.
    1298 teilte Bonifatius Wynkyn de Worde mit, dass die Engel ihn zum neuen Auserwählten ernannt hatten. Und nachdem er von seinem Vorgänger das Handwerk gelernt hatte, erfüllte Wynkyn fünf Jahre lang bereitwillig und ohne Zwischenfälle seine Pflicht. Er glaubte, sein Leben würde denselben Verlauf nehmen wie das der zahlreichen Geistlichen vor ihm… doch wie die Engel auch, unterschätzte er die Macht und Gerissenheit des wahrhaft Bösen.
    Wer hätte gedacht, dass das Papsttum so kläglich scheitern würde? Wynkyn hatte es nicht vorhergesehen und die Engel ebenfalls nicht. Im Jahr 1303 starb der große und ehrwürdige Papst Bonifatius VIII. und Wynkyn ahnte damals noch nicht, dass die Kräfte der Finsternis und des Chaos die Gelegenheit ergreifen würden, um Unheil unter den Christen zu stiften. Bei der darauffolgenden Papstwahl gelangte ein Mann namens Clemens V. auf den Heiligen Stuhl. Nach außen hin fromm, wurde Wynkyn und allen anderen jedoch nur allzu bald klar, dass Clemens eine Marionette des französischen Königs Philipp IV. war. Der neue Papst verlegte seinen Sitz in die von Frankreich regierte Stadt Avignon und gestattete Philipp damit, auf die Handlungen und Erlasse des Papstes Einfluss zu nehmen. Eine ganze Abfolge von Päpsten lebte in Avignon in Luxus und moralischem Verfall und verkündete die Befehle des französischen Königs statt des Willen Gottes.
    Wenn ein neuer Papst gewählt wurde, machte ihn entweder der Erste unter den Erzengeln, der heilige Michael, oder der jeweilige Auserwählte mit dem Geheimnis des Höllenschlundes vertraut, doch weder der heilige Michael noch Wynkyn waren an Clemens herangetreten. Wie konnten sie zulassen, dass die schrecklichen Geheimnisse der Engel in die Hände des französischen Königs fielen? Gütiger Himmel, hatte Wynkyn gedacht, als er sich in langen schlaflosen Nächten fragte, was er tun sollte, ein französischer König könnte die Herrschaft über die gesamte Welt an sich reißen, wenn er über ein solches Geheimnis verfügte! Er könnte eine so furchtbare Armee aufstellen, dass selbst die Engel Gottes vor ihr zittern würden.
    So bewahrten Wynkyn und die Engel das Geheimnis bis zu dem Tag, da der Papst erneut zu Gott fand und nach Rom zurückkehrte. Es würde sicher nicht mehr lange dauern. Oder vielleicht doch?
    Die Verführungskraft des Bösen war jedoch stärker, als Wynkyn und die Engel angenommen hatten. Als Clemens V. starb, zog der Papst, der ihm folgte, ebenfalls die Verlockungen des französischen Königs und die süße Luft Avignons dem Wort Gottes und den Interessen Seiner Kirche auf Erden vor. Und ebenso der Papst nach ihm…
    Jedes Jahr reiste Wynkyn rechtzeitig zur Sommer- und Wintersonnenwende nach Norden zu dem grausigen Schlund und zurück nach Rom, um dort bis zur nächsten Reise auszuharren. Er ertrug es nicht, sein ganzes Leben an diesem Höllentor zu verbringen, obwohl er wusste, dass manche seiner Vorgänger, stärkere Männer als er, es getan hatten.
    Das Einkommen, das Bonifatius ihm zur Fortführung seiner Arbeit hinterlassen hatte, reichte ihm aus, und der Prior und die Brüder seines Konvents, Sant’ Angelo, brachten ihm zu viel Ehrfurcht entgegen, als dass sie sein Handeln in Frage gestellt hätten.
    Außerdem unterstützten die Engel Bruder Wynkyn de Worde bei seiner Arbeit. Das war nur recht und billig, denn schließlich war es ihr zügelloses Benehmen gewesen, wegen dem dieser Ort des Grauens geschaffen worden war.
    Doch nun war Wynkyn ein alter Mann von Mitte siebzig, und es schien, als würden die Päpste niemals wieder nach Rom zurückkehren. Gottes Zorn war übermächtig geworden und er hatte den Menschen eine schreckliche Pestilenz geschickt, wie es sie nie zuvor gegeben hatte. Wynkyn war stets schweren Herzens in den Norden gereist – sein Auftrag hätte jeden belastet –, doch in der Nacht, als er sein Maultier vorsichtig durch die Toten und
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