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Hüter der Flamme 04 - Der Erbe der Macht

Titel: Hüter der Flamme 04 - Der Erbe der Macht
Autoren: Joel Rosenberg
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erschauerte.
    Nur Ahrmin verharrte ungerührt. Er empfand kein Entsetzen mehr, nicht nach all diesen Jahren, nicht einmal, wenn er sich im Spiegel anschaute. Jahr um Jahr hatte er sich gezwungen zu betrachten, was dank Cullinane von ihm übriggeblieben war: die runzligen Narben, wo die Flammen das Fleisch verzehrt und die Knochen darunter versengt hatten; den höckerigen Knorpelring anstelle des rechten Ohres; die verquollenen Wülste der Lippen an der rechten Mundseite.
    »Doch.« Yryn schluckte zweimal. »Er hat das Recht, mein Freund.« Der Gildemeister schüttelte den Kopf und setzte sich entschieden in seinem Stuhl zurecht. »Er behauptet sich in Holtun-Bieme kraft seiner militärischen Überlegenheit, kraft des Gesetzes ...«
    »Seines Gesetzes.«
    »... und wie es scheint, steht das Volk auf seiner Seite. Zumindest die einfachen Leute und ›Freisassen‹.« Yryn sprach das fremde Wort aus wie einen Fluch. »Obwohl mir zu Ohren gekommen ist, daß einige seiner Barone nicht recht zufrieden sind.« Er zuckte die Schultern als Zeichen, daß er sich nicht weiter über dieses Thema auslassen wollte.
    »Doch einige sind zufrieden, oder? Und er ist bei den unteren Klassen sehr beliebt - für einen Kaiser«, fügte Lucindyl hinzu und hob eine Braue. »Ein sehr populärer Mann, dieser Karl Cullinane.«
    Wencius, dessen brünette, schlanke Erscheinung beinahe weibisch wirkte, spielte mit seinem Glas Wein, tauchte einen manikürten Finger in die purpurne Flüssigkeit und fuhr mit der Kuppe über den Glasrand, bis ein glockenähnlicher Ton aufklang. »Er ist äußerst populär, Ahrmin. Oder warst du zu - abgelenkt, um das zu bemerken?«
    »Wie ich eben sagte, Meister Ahrmin«, sagte Yryn, nachdem er Wencius und den Elfen mit einem strengen Blick zum Schweigen gebracht hatte, »jedesmal, wenn sich die Gilde mit Karl Cullinane angelegt hat, mußten wir eine schwere Niederlage einstecken. Es fing damit an, daß Euer Vater im Koloseum von ihm besiegt wurde. Später, nachdem Karl Cullinane den Kloakendrachen befreit hatte und Ohlmin sich unbedingt an ihm rächen wollte, wurde er von Karl Cullinane getötet. Mit ihm fanden mehr als vierzig gute Gildenmänner den Tod. Dann, in Melawei, als ...«
    »Das weiß ich alles, aber ...«
    »... und der Vorfall, als Thermyn glaubte, Karl Cullinane außerhalb von Lundeyll in die Falle gelockt zu haben und ...« Der Gildemeister lehnte sich zurück und nahm einen gedankenverlorenen Schluck aus seinem Wasserbecher. »Am schlimmsten war das letzte Mal, als Ihr versuchtet, den Krieg der Mittelländer als Nachschubquelle zu nutzen ...«
    »Die er von Rechts wegen hätte sein sollen.«
    »Wahrhaftig, er hätte sollen«, meinte Wencius in einem Ton, der auch den Sanftmütigsten zur Raserei hätte bringen können.
    Yryn schürzte die Lippen. »Doch er war es nicht, Meister Ahrmin. Statt des erwarteten Profits mußten wir uns mit beträchtlichen Verlusten abfinden: Pulver, Gewehre und mehr treue Gildemänner als ich ...«
    »Dann laßt mich Söldner anheuern! Ich ...« Er hob die Hände vor sein Gesicht und neigte den Kopf. »Ich entschuldige mich, Gildemeister. Bitte, sprecht weiter.«
    Yryn lächelte. »Neuerdings sind uns Holtun, Bieme und in zunehmendem Maße auch die übrigen Mittelländer verschlossen.
    Das ist nicht gut, Meister Ahrmin, überhaupt nicht gut. Um der Gilde willen werden wir Karl Cullinane unbehelligt lassen. Soll er sich mit der Regierung seines kleinen Ländchens beschäftigen; die Gilde wird es überleben, schließlich ist er nicht unsterblich. Wir können ihn überleben, Ahrmin.«
    Ahrmin antwortete nicht gleich. Er betastete die Verwüstungen seiner rechten Gesichtshälfte.
    Karl Cullinane war in der Tat sehr populär. Es hatte eine Zeit gegeben, sie lag Jahre und Jahre zurück, da konnte Ahrmin diesen populären Mann, diese Krone der Schöpfung, durch den Mittelgang eines brennenden Schiffes laufen sehen, während Ahrmin sich auf Deck unter den Schmerzen seines zertrümmerten Kiefers wand und mit den zerschmetterten Fingern nach der Flasche mit dem Heiltrank tastete, derweil um ihn das Feuer tobte ...
    Wieder tippte Yryn mit dem Finger auf das Pergament. »Noch etwas. Ich habe mit der Gilde der Magier gesprochen. Sie wollen mit ihm nichts zu tun haben - es gibt da irgendeinen Zusammenhang mit diesem verdammten Schwert, und das Schwert wiederum steht im Zusammenhang mit Arta Myrdhyn. Keiner aus jener Gilde möchte sich mit Arta Myrdhyn anlegen. Das letzte Mal, als
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