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Horror Factory 02 - Crazy Wolf: Die Bestie in Mir

Horror Factory 02 - Crazy Wolf: Die Bestie in Mir

Titel: Horror Factory 02 - Crazy Wolf: Die Bestie in Mir
Autoren: Christian Endres
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auch so etwas wie eine blutige Legende unter den Hobos, die zum Schluss genauso viel Angst vor dem Vollmond und vor Fremden hatten wie ich.
    Die lodernden Lagerfeuer und das lodernde Misstrauen konnten sie aber nicht retten, wenn der Wolf aus mir hervorbrach und sich aus der Finsternis auf sie stürzte.
    Warum ich damals nicht Schluss gemacht, der Sache ein sauberes Ende gesetzt habe?
    Weil der Mensch nun mal am Leben hängt.
    Egal, wie viel Tier er von Zeit zu Zeit rauslässt.
    Wir klammern uns ans Leben, so beschissen es auch sein mag.
    Glaubt mir, ich weiß, wovon ich rede.
    Ich stand etliche Male auf zugigen Eisenbahnbrücken oder über breiten, dunklen Highways.
    Gesprungen bin ich nie.
    Gefallen dafür immer tiefer.
    Verwandlung für Verwandlung.
    Mit siebzehn kam ich dann nach Seattle.
    Der Güterzug hielt an, wie er das immer irgendwann tat, und ehe ich mich versah oder richtig wusste, warum und wieso, war ich diesmal eine der Gestalten, die absprangen und mit steifen Gliedern in die kalte Nacht davonhuschten.
    War des Herumziehens müde geworden, schätze ich.
    Wollte nicht noch einen weiteren Winter unter den Hobos verbringen.
    Warum Seattle?
    Keine Ahnung.
    War so gut wie jede andere Stadt, um nach einem unauffälligen Platz in der urbanen Finsternis zu suchen.
    Irgendwo zwischen den anderen Sündern.
*
    Die Erinnerungen an meine ersten Monate in Seattle sind wesentlich präsenter als an meine Tage als Hobo-Killer.
    Hab etwas gebraucht, um mich zurechtzufinden.
    Hatte einigen Ärger.
    Lernte erst die falschen Leute kennen.
    Irgendwann fing ich an, als Türsteher zu arbeiten.
    Es half, dass ich schon mit achtzehn ein zäher Bursche war - meistens genügte schon mein finsterer Blick, um an der Tür vor einem zweitklassigen Club echten Ärger zu vermeiden.
    Manche sagten, ich hätte den Blick eines Wolfes.
    Wichser.
    Die Ladys mochten den schweigsamen Jungen mit den Bartstoppeln und den dunklen Augen.
    Das Düstere darin.
    Wenn es mal Probleme gab, weil ich bei Vollmond nicht wie abgesprochen aufkreuzte, ging ich kurzerhand zum nächsten Laden.
    Gab schon damals genügend beschissene Acts in alten Fabrikhallen oder Lagerhäusern, die einem ein paar Kröten dafür bezahlten, dass man die Idioten rausschmiss.
    Allemal besser als ein Leben auf den Gleisen.
    Ich fand außerdem schnell Gefallen an der geschäftsmäßigen Kameradschaft unter den Türstehern.
    Mag ich noch heute.
    Damals redete ich mir aber noch verzweifelter ein, irgendwie doch ein normaler Teil des Ganzen zu sein.
    Teil der Herde.
    Obwohl ich nach wie vor ein Wolf war, wie jede Vollmondnacht von Neuem bewies.
    Damals, noch vor Marlowe und dem Käfig, als die Nächte noch ein wenig anders verliefen als heute …
*
    Ich ging immer in Gegenden mit miesem Ruf.
    Dort suchte ich mir schon früh am Nachmittag eine abgelegene Ecke und wartete unruhig auf den Vollmond und seine unausweichliche Wirkung.
    Ich erinnere mich zum Beispiel noch gut an ein klotziges, zum Abriss freigegebenes Parkhaus, in dem ich im Herbstwind zitternd auf dem obersten Deck lag, den aufgehenden Mond am Himmel anstarrte und darauf wartete, dass es begann.
    Dass das Übel dieser Nacht seinen Lauf nahm.
    Dass es mir die Kontrolle entriss und der Riesenwolf auf allen vieren lossprang, um sich Beute zu suchen.
    An meine verzweifelte Angst, den Richtigen zu erwischen.
    In einer Gegend wie dieser eigentlich machbar.
    Schon witzig.
    Der Böse, der seine bösen Taten damit rechtfertigt, dass er sie nur anderen Bösen antut.
    Eine nette Idee, und das nicht nur in Dexter, das mich immer verächtlich grinsen lässt, wenn ich es sehe.
    Ein Jahr nach meiner Ankunft in Seattle hätten sie mich trotzdem fast erwischt.
    Nicht die Cops.
    Die Mafia, die hier oben noch heute so gut wie jedes Striplokal kontrolliert und diese Lokale als knallharte Bordelle betreibt.
    In einer meiner wilden Nächte schnappte sich der Wolf einen Typen, der auch im Sommer knietief durch Schnee watete.
    Leider war er mehr als ein kleiner Koks-Dealer - der Neffe eines einflussreichen Bosses, dessen Schwester damit drohte, ihn auf ewig vom Thanksgiving-Tisch zu verbannen, wenn er den Mord an ihrem kleinen Liebling nicht rächte.
    Als ich spitzkriegte, dass die schweren Jungs nach dem Mörder suchten, bin ich erst mal stiften gegangen.
    Ich weiß, dass das beschämend irrational war und sie vom Wolf vermutlich nie auf mich gekommen wären.
    Trotzdem floh ich Hals über Kopf.
    Abhauen war ich schließlich gewohnt.
    War im
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