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Hornblower Odyssee 01 - Diesseits Der Liebe

Hornblower Odyssee 01 - Diesseits Der Liebe

Titel: Hornblower Odyssee 01 - Diesseits Der Liebe
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Freizeit mehr gegönnt und schon gar keine Zeit mit sich ganz allein.
    Die Dissertation war ihr wichtig, viel zu wichtig, wie sie sich manchmal eingestehen musste. Hierher zu kommen, wo sie allein sein, arbeiten und sich ein wenig Zeit lassen konnte, um sich mit sich selbst zu befassen, das war doch ein ausgezeichneter Kompromiss.
    In der einstöckigen Hütte, vor der sie jetzt stand, war sie geboren worden, und die ersten fünf Jahre ihres Lebens hatte sie in dieser Umgebung verbracht. Sie war hier so frei wie die Tiere des Bergwaldes aufgewachsen.
    Lächelnd erinnerte sie sich daran, wie sie und ihre jüngere Schwester barfuß herumgerannt waren und fest daran geglaubt hatten, dass die Welt mit ihnen und ihren Eltern begann und endete.
    Ihre Eltern gehörten der damals so genannten AntiBewegung an, jenen jungen Leuten, deren Lebensweise im Gegensatz zum allgemein üblichen Kulturstil stand. Libby sah noch heute ihre Mutter am selbst gebauten Webstuhl vor sich und ihren Vater, der glücklich in seinem Garten werkelte. Abends wurde gemeinsam musiziert, und den Kindern wurden lange, spannende Geschichten erzählt. Die kleine Familie war glücklich und zufrieden gewesen, und anderen Menschen begegneten die vier nur auf ihren monatlichen Einkaufsfahrten nach Brookings.
    Sie hätten für alle Zeiten so weiterleben können, aber aus den Sechzigerjahren wurden die Siebziger. Ein Kunsthändler hatte einen der selbst gewebten Wandbehänge von Libbys Mutter gesehen. Fast zur selben Zeit hatte ihr Vater festgestellt, dass eine ganz bestimmte Mischung seiner selbst gezogenen Gartenkräuter einen beruhigenden und köstlichen Tee ergab. Noch vor Libbys achtem Geburtstag waren ihre Mutter zu einer geachteten Künstlerin und ihr Vater zu einem erfolgreichen jungen Unternehmer geworden. Die Berghütte wurde zu einem Ferienversteck, nachdem die Familie sich in das Leben der Großstadt Portland eingefügt hatte.
    Vielleicht hatte es an Libbys eigenem Kulturschock gelegen, dass sie sich später der Anthropologie verschrieben hatte. Diese Wissenschaft faszinierte sie, und ihr Interesse an Gesellschaftsstrukturen und äußeren Einflüssen hatte ihr Leben oft dominiert. Manchmal vergaß sie auf ihrer Suche nach Antworten alles andere. Wenn es wieder einmal soweit war, kehrte sie zu dieser Berghütte hier zurück oder verbrachte ein paar Tage zu Besuch bei ihren Eltern. Das brachte sie dann wieder auf den Boden der Gegenwart und der Tatsachen zurück.
    Morgen wollte sie nun endlich anfangen. Dann war dieses Unwetter vorbei, sie würde ihren Computer einschalten und mit der Arbeit beginnen. Aber nur vier Stunden am Tag, nahm sie sich vor. In den vergangenen anderthalb Jahren hatte sie dreimal so lange gearbeitet.
    Alles zu seiner Zeit, hatte ihre Mutter immer gesagt. Nun gut, diesmal wollte sich Libby die Zeit nehmen, sich ein wenig von der Freiheit zurückzuholen, die sie während ihrer ersten fünf Lebensjahre genossen hatte.
    Wie friedlich es hier war! Sie ließ sich den Wind durchs Haar wehen und lauschte dem Prasseln des Regens auf Stein- und Sandboden. Trotz des Unwetters, trotz Blitz und Donner fühlte sie nichts als eine innere, heitere Gelassenheit. In ihrem ganzen Leben hatte sie nie ein friedlicheres Fleckchen Erde kennen gelernt als dieses hier.
    Libby sah das Licht über den Himmel rasen. Einen Augenblick lang dachte sie, es könnte sich um einen Kugelblitz oder auch um einen Meteoriten handeln. Dann folgte der nächste Blitz, und in seiner grellen Helligkeit erkannte sie den vagen Umriss und den Widerschein von Metall. Sie trat unter dem Dachüberhang hervor in den Regen hinaus. Das fliegende Objekt raste näher heran. Unwillkürlich griff sie sich an die Kehle.
    Ein Flugzeug? Jetzt berührte es schon die Wipfel der Fichten westlich der Hütte, im nächsten Moment hörte sie das Krachen. Eine Sekunde lang stand sie erstarrt da. Dann lief sie ins Haus und holte sich ihren Regenmantel und ihren Erste-Hilfe-Koffer.
    Ein paar Augenblicke später kletterte sie in ihren Geländewagen. Von der Veranda hatte sie gesehen, wo das Flugzeug abgestürzt war, und jetzt hoffte sie nur, dass ihr gewöhnlich ausgezeichneter Orientierungssinn sie nicht verließ.
    Eine halbe Stunde kämpfte sie sich durch den Sturm, über vom Regen ausgewaschene Fahrwege und von abgerissenen Ästen fast blockierte Pfade voran. Sie biss die Zähne zusammen, als der Geländewagen durch einen jetzt reißenden Bach fuhr. Die Gefahren von Überflutungen im Gebirge
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