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Honigtot (German Edition)

Honigtot (German Edition)

Titel: Honigtot (German Edition)
Autoren: Hanni Münzer
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war nicht nur für die Erkrankte, sondern auch für die ganze Familie eine Erlösung gewesen.
    Wegen der Beerdigung hatte Felicity ihren Flug nach Kabul verschoben, wo sie für die Hilfsorganisation `Doctors for the World´ arbeiten würde.
    Felicitys Telefon klingelte. Das würde ihre Mutter Martha sein! Eigentlich hätte sie schon längst hier sein müssen. Ihre Mutter hatte darauf bestanden, ihre Tochter persönlich zum Flughafen zu fahren.
    Felicity seufzte. Ihr graute bereits vor der knapp einstündigen Fahrt, die ihre Mutter garantiert erneut dazu nutzen würde, um ihr das Vorhaben auszureden. Sie konnte die ewig gleiche Litanei schon hören: „Lieber Gott, ausgerechnet Afghanistan! Du musst verrückt sein, Felicity, wirklich. Dein ganzes schönes Studium, nur um dort mit einem Schleier herumzulaufen. Wie kannst du nur! Ganz zu schweigen davon, dass sich die Taliban da ständig in die Luft sprengen. Furchtbar!“
    Sie nahm den Hörer ab. Es war nicht ihre Mutter, sondern ihr Vater. Seit einem Schlaganfall vor einem Jahr saß er im Rollstuhl. Doch er hatte sich inzwischen gut erholt und würde bald nicht mehr darauf angewiesen sein. „Hallo Kleines“, begrüßte er sie. Bevor Felicity noch etwas erwidern konnte, fragte er sie bereits hastig: „Sag, ist Mom bei dir?“
    „Hi Dad. Nein, eigentlich wollte ich gerade bei euch anrufen und fragen, wo Mom so lange bleibt. Wann ist sie denn losgefahren?“
    „Das ist ja das Merkwürdige. Sie scheint heute Nacht gar nicht nach Hause gekommen zu sein. Das hat sie noch nie gemacht. Ich hatte eigentlich gehofft, dass sie bei dir wäre.“
    „Wie bitte? Mom ist nicht nach Hause gekommen?“ Felicity konnte es nicht glauben. Ihre Mutter mochte ihre Schwächen haben, aber sie war die Zuverlässigkeit in Person und würde ihren Vater ganz sicher nicht über Nacht allein lassen, schon gar nicht seit seinem Schlaganfall.
    „Könnte sie dich angerufen haben und du hast es vielleicht nicht gehört?“
    „Nein, ich habe den Anrufbeantworter abgehört. Kein Anruf und keine Nachricht. Und ihr Mobiltelefon hat sie auch ausgeschaltet. Wo kann sie nur sein?“
    „Wo wollte sie denn gestern hin? Irgendeine Komitee-Sitzung? Dort kann man doch sicher anrufen?“ Ihre Mutter war in mehreren Komitees aktiv, es war ihr Lebensinhalt, sich um andere zu kümmern. Nur nicht um ihre eigene Familie, schoss es Felicity kurz durch den Kopf. Halt, sei nicht ungerecht , schalt sie sich . In den letzten Jahren war es sehr viel besser mit ihr geworden.
    „Nein, sie war auf keiner Sitzung. Deine Mutter hat gestern Mittag einen Anruf aus dem Pflegeheim erhalten. Sie baten sie zu kommen, um das Zimmer deiner Großmutter zu räumen. Es würde dringend für den nächsten Patienten gebraucht werden, hieß es.“
    „Hast du dort schon angerufen?“
    „Natürlich. Sie sagten mir, sie wäre gestern höchstens eine halbe Stunde am Nachmittag da gewesen und dann gegangen. Ein Pfleger soll sie angeblich dabei beobachtet haben, wie sie mit einer Schachtel unter dem Arm davongestürmt ist.“
    „Davongestürmt? Mom? Ehrlich, das klingt nicht nach ihr.“
    „Nein, und es sieht ihr auch gar nicht ähnlich, dass sie sich nicht meldet. Meinst du, es ist ihr etwas passiert? Ein Autounfall vielleicht?“
    Felicity hörte die Ängstlichkeit in der Stimme ihres Vaters.
    „Dann hätten wir ganz sicher schon davon erfahren. Weißt du was, Dad? Ich komme zu dir rüber. Dann rufen wir erst mal die Mitglieder der verschiedenen Komitees an. Sicher gibt es eine harmlose Erklärung für Moms Abwesenheit. Vielleicht ist sie wieder einmal in einem ihrer Buß- und Bet-Marathone versunken.“ Oder es ist Moms neuester Trick, um mich vom Abflug nach Kabul abzuhalten ...
    „Aber dein Flug?“, fragte ihr Vater prompt.
    „Kein Problem, ich kann ihn nochmals verschieben. Mein Dienst beginnt erst in einer Woche. In einer halben Stunde bin ich da. Du kannst inzwischen ja weiter versuchen, Mom mobil zu erreichen. Bis gleich, Dad.“
    „Habe ich das gerade richtig verstanden? Deine Mutter ist verschwunden?“, fragte Olivia ungläubig.
    „Ja, anscheinend schon seit gestern Nachmittag. Jedenfalls hat sie sich seitdem nicht mehr bei Vater gemeldet. Die beiden schlafen seit seinem Schlaganfall in getrennten Zimmern. Mein Vater geht oft sehr früh ins Bett. Die vielen Medikamente, die er einnehmen muss, machen ihn müde. Darum hat er ihre Abwesenheit wohl erst heute Morgen bemerkt.“
    Olivia sprang vom Bett auf und entsorgte den
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