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Homo ambrosius (Die Organhändler) (German Edition)

Homo ambrosius (Die Organhändler) (German Edition)

Titel: Homo ambrosius (Die Organhändler) (German Edition)
Autoren: Albert Karer
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Aufmerksamkeit seines Sohnes.
    „Hu Han ist ein Spezialist für Unsterblichkeit. Und bilde dir kein voreiliges und damit falsches Urteil“, sagte er streng, fiel aber gleich wieder in seine normale Stimmlage zurück.
    „Hu Han hat schon als Kind die Mythologie, die Sagen und die Geschichten der Untersterblichen in sich aufgesaugt. Du wirst in seinem Haus eine Vielfalt von Kunstobjekten finden, die die acht Untersterblichen einzeln, in verschiedenen Gruppen oder auch alle acht zusammen darstellen. Er ist ein Spezialist, was die chinesische Mythologie betrifft, und er ist der Experte, wenn es um die acht Unsterblichen geht.
    Bei diesem Thema reagiert er sensibel und manchmal unberechenbar. Du solltest dir weder ein spöttisches Lächeln gestatten noch Interesse heucheln, Dérúgo.“
    Er kramte in seiner Hosentasche nach dem Tuch, mit dem er sich wiederum den Schweiß von der Stirn wischte. Sorgfältig faltete er danach das Tuch zusammen und steckte es zurück in die Tasche.
    „Dieses Interesse hat ihn einerseits zu einem belesenen Mann gemacht, andererseits investiert er aus diesem Grund in entsprechende Zukunftstechnologien. Er verfügt über die größte Sammlung von Literatur und Kunstwerken zum Thema Unsterblichkeit. Er kennt vermutlich alle Geschichten, Sagen und Legenden über die Unsterblichkeit, über mythologische Wesen und Figuren aus allen Kulturen der Welt, oder hat zumindest die Quellen in seiner Bibliothek.
    Über die Unsterblichkeit der Seele, ein zentraler Bestandteil vieler Religionen, hat er zahlreiche theologische Abhandlungen geschrieben, die selbst in Rom beachtet wurden. Darunter auch philosophische Ausführungen zum Thema Erlangung relativer Unsterblichkeit, indem man relevante Taten erbringt oder Kunstwerke erschafft. Er nennt es die Unsterblichkeit des Namens. Du kannst mir folgen?“
    „Ich weiß noch nicht, worauf du hinauswillst, Vater, aber ich verstehe, dass dieses Thema für Hu Han sehr wichtig ist.“
    „Es ist sein Lebenselixier, es hält ihn jung, so sagt er selbst. Von den Sagen und Geschichten kam er zur Religion. Von der Religion zur Philosophie und von der Philosophie zu den Naturwissenschaften. Von den Naturwissenschaften zum wirtschaftlichen Nutzen, zum Geschäft.
    Seit Mitte der achtziger Jahre beschäftigt er sich mit dem Alterungsprozess von Organismen und der künstlichen Verlängerung des menschlichen Lebens. Er ist überzeugt, dass der Alterungsprozess beim Menschen eines Tages gebremst und die Lebenserwartung verdoppelt, wenn nicht gar verdreifacht werden kann.“
    „Ich verstehe. Eine wahre Goldgrube, wenn es gelingt, zusätzliche Lebenszeit zu verkaufen“, sagte Dérúgo.
    „Selbst solche abstrus erscheinenden Theorien wie die Übertragung des menschlichen Bewusstseins auf eine künstliche Intelligenz, Gedankeninterpretation mithilfe von Computern oder die Nutzung der Kryonik fördert und unterstützt Hu Han finanziell.“
    „Kryonik?“
    „Du hast davon mit Sicherheit gehört: das Einfrieren einer Leiche mit dem Ziel, sie in ferner Zukunft wieder zum Leben zu erwecken. Völliger Blödsinn, meiner Meinung nach. Aber einerseits gibt es Organismen, die eingefroren ewig lang überleben, und andererseits ist, zumindest finanziell gesehen, beispielsweise das Einfrieren von Organen und deren spätere Verwendung durchaus interessant.“
    Wei Feng stand auf und zeigte auf die Stadt zu ihren Füßen. „Siehst du die Gebäude hinten rechts? Das ist das modernste und größte Kryonik-Forschungslabor der Welt. Hu Han wird sich in dem Labor irgendwann einfrieren lassen. Außerdem forschen dort eine Reihe von Wissenschaftlern verschiedener Disziplinen zum gleichen Thema: zur Alterung von Organismen.
    Denn neben der Gesundheit ist das Alter das Geschäft der Zukunft. Der Mensch ist gierig nach Leben und er ist bereit, alles dafür zu tun und viel dafür zu bezahlen. Aber wem erzähle ich das? Lass uns jetzt zum Auto gehen, Dérúgo, wir sollten nicht zu spät kommen.“
    Nach wenigen Schritten blieb Wei Feng nochmals stehen. „Bedauerlich, der Tod von Ao Chen“, sagte er beiläufig. Dérúgo hatte gewusst, dass sein Vater dieses Thema ansprechen würde. Er spielte den Betroffenen.
    „Ja, Vater, das ist ärgerlich. Äußerst ärgerlich.“ Sie gingen schweigend weiter.
    „Sein Tod hat gewisse Vorteile für dich“, sagte Wei Feng. Sollte er jetzt seinen Vater fragen, warum Chens Tod für ihn von Vorteil war? Oder sollte er das unkommentiert lassen? Da sein Vater weiter
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