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Homo ambrosius (Die Organhändler) (German Edition)

Homo ambrosius (Die Organhändler) (German Edition)

Titel: Homo ambrosius (Die Organhändler) (German Edition)
Autoren: Albert Karer
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über den Gewinn einer Woche Spontan-Erlebnisurlaub in Frankreich gefreut hatte.
    Ja, mein Junge, du hast einfach die falsche DNA. Nun machst du anderen eine Freude, auch wenn das kaum ein Trost für dich ist. Der Arzt dachte an seine Prämie und wie lange er damit im Spielcasino zocken konnte, dann besann er sich wieder auf seinen Job und auf die Kollegen im Rettungswagen.
    „Neuer Auftrag, Jungs. Wir fliegen zurück nach Südafrika“, sagte er und kontrollierte die Geräte.

Im Universitätskrankenhaus Marseille wurde ein hirntotes männliches Unfallopfer gemeldet. Knapp zwanzig Minuten später durchdrang das schrille Piepen eines Pagers die Ruhe der Villa „Couer de Brosse“, dem Sitz einer der bekanntesten und vermögendsten Industriellenfamilien Frankreichs.
    Der Pager befand sich am Gürtel des zwanzigjährigen Jean Daniel de Brosse, dem Erben der Familie und letzten von drei Söhnen. Das Schicksal hatte der Familie im vergangenen Jahr böse mitgespielt. Der älteste der drei Brüder, Philippe, war im Frühling beim Absturz seines Segelflugzeugs ums Leben gekommen. Mit seinen achtundzwanzig Jahren hatte er bereits sein Studium abgeschlossen und die ersten Schritte im Familienunternehmen absolviert, eine glänzende Karriere und eine ebensolche Zukunft lagen vor ihm.
    Der zweite der Brüder starb kurz darauf im Alter von vierundzwanzig Jahren an einem Drogencocktail. Man fand seine Leiche in einem Hotel in Las Vegas.
    Jean Daniel de Brosse schaute ungläubig auf den Pager in seiner Hand. Vor genau einem Jahr, acht Monaten und zwölf Tagen hatten ihm die Ärzte eine tödliche Diagnose gestellt. Er benötigte ein Spenderherz, wenn er dieses Jahr überleben wollte.
    Es war an sich schon schwer, ein passendes Spenderherz zu finden, doch in seinem Fall war es fast hoffnungslos. Eine seltene Blutgruppe und andere Kriterien, die ein Spenderherz erfüllen musste, drückten die Wahrscheinlichkeit gegen null.
    Sie hatten den Ablauf für diesen Fall immer wieder besprochen, und während er noch auf den Pager starrte und ihm wirre Gedanken durch den Kopf schossen, rannte schon eine der Krankenschwestern, die ihn ständig betreuten, auf ihn zu. „Schnell, schnell, Monsieur de Brosse, der Chauffeur wartet. Wir fahren ins Krankenhaus nach Marseille.“
    Außer ihm hatten noch seine Eltern und diverse Angestellte einen Pager, und so verbreitete sich die Nachricht schnell.
    Etwa fünfundzwanzig Kilometer entfernt fixierte sein Vater Jules de Brosse zur gleichen Zeit ebenfalls den Pager, den er immer bei sich trug. Mitten in der Vorstandsitzung hatte das Gerät angefangen zu piepsen. Allen Anwesenden war sofort klar, was das bedeutete, und es breitete sich eine nahezu euphorische Stimmung im Raum aus.
    Er entschuldigte sich und rannte in sein Büro. Die Nummer, die er wählte, kannte er erst seit wenigen Wochen. Ein Glücksgefühl durchströmte ihn, als sich eine Stimme mit südafrikanischem Akzent auf Englisch meldete. „Hallo, ja, in zwanzig Minuten sagen Sie, und es passt? Neunundneunzig Prozent Übereinstimmung. Fantastisch. Ja, ich überweise Ihnen noch heute den restlichen Betrag. Vielen Dank!“
    Er ließ sich in den Sessel fallen. Er spürte, wie ihm die Anspannung, unter der er seit Monaten stand, von den Schultern glitt und eine tiefe Erschöpfung nach ihm griff. Er konnte nicht anders, er musste weinen. Er weinte um seine zwei toten Söhne und er weinte für seinen letzten Sohn, der sich jetzt auf dem Weg ins Krankenhaus befand und in ein paar Stunden mit einem neuen Herz ein neues Leben beginnen konnte. Er hatte seinem Sohn ein neues Herz gekauft. Fünf Millionen Euro bezahlte er dafür, was war das schon? Geld, einfach nur Geld. Fünf Millionen Euro für ein Leben. Er würde es jederzeit wieder tun. Und er war dankbar, unendlich dankbar.

Es gab weniger Ärger, als er befürchtet hatte. Gott sei Dank schob keiner ihm die Schuld zu, immerhin war er zur Unfallzeit als einziger Angestellter der Rennbahn vor Ort gewesen. Es war zwar ein tödlicher Unfall, aber Zeugenaussagen und die Rekonstruktion des Unfalls ergaben ganz klar „Tod durch Eigenverschuldung infolge von Nichtbeherrschung des Fahrzeuges“ – so stand es im Polizeibericht.
    Er wusste nun, dass der junge Amerikaner zwar den Motorradführerschein hatte, aber weniger Erfahrung, als er auf dem Anmeldezettel angegeben hatte. Typische Selbstüberschätzung. Er war wohl zum ersten Mal mit einer solch schweren Maschine gefahren. Zum Zeitpunkt des Unfalls
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