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Homo ambrosius (Die Organhändler) (German Edition)

Homo ambrosius (Die Organhändler) (German Edition)

Titel: Homo ambrosius (Die Organhändler) (German Edition)
Autoren: Albert Karer
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Sirene. Danke.“
    Tatsächlich schienen die Sirenen eines Rettungswagens immer lauter zu werden. Er schaute auf die Uhr. Neun Minuten seit dem Unfall, nicht schlecht. „Der scheint einen Schutzengel zu haben“, sagte er zu Roussel und nickte dabei in Richtung des Motorradfahrers, „es ist ein Rettungsteam in der Nähe.“
    „Das ist wirklich ein Glücksfall, die Gegend hier ist so abgelegen, dass man manchmal tagelang kein fremdes Auto sieht“, stammelte Roussel.
    Es wird Zeit, den Schwätzer loszuwerden, dachte der Arzt. Er kniete sich wieder zum Motorradfahrer. „Monsieur Roussel, Sie sollten Ihren Wagen zurückfahren, die Polizei verständigen, und bringen Sie uns seine Sachen, vor allem seine Papiere.“
    In diesem Moment kam auch schon der Rettungswagen an. Die Rettungsleute waren Profis. Einem aufmerksamen Beobachter wäre aufgefallen, dass der Arzt und das Rettungsteam überraschend harmonisch zusammenarbeiteten. Die Handgriffe flossen ineinander über, nach wenigen Minuten war der Verunglückte stabilisiert und eine Infusion gelegt. Der Arzt war mit den Werten, die ihm das angeschlossene Diagnose- und Überwachungssystem lieferte, zufrieden. „Einladen, wir fahren los“, ordnete er an.
    An der Ausfahrt des Renngeländes wartete Roussel mit einem kleinen Rucksack in der Hand. Der Rettungswagen hielt an, der Arzt öffnete die Seitentür und griff nach dem Rucksack.
    „Das ist alles, was er dabeihatte“, sagte Roussel und warf verstohlen einen Blick in das Innere des Krankenwagens. „Wird er überleben?“
    Der Arzt vermied es, ihm in die Augen zu sehen. „Schwer zu sagen, im Moment ist er stabil. Aber er hat schwere innere Verletzungen und muss operiert werden. Wir bringen ihn ins Krankenhaus. Ich informiere von unterwegs die Polizei, wohin genau. Sie haben getan, was Sie tun konnten, Monsieur Roussel. Danke.“

Der Rettungswagen raste mit Blaulicht über die Landstraße. Von außen unterschied ihn nichts von anderen Rettungswagen, neu sah er nicht aus – doch seine Ausrüstung war das Beste, was es auf dem Markt gab.
    „Okay, er ist stabil. Wir können anfangen. Alles vorbereitet zur Beatmung?“, fragte der Arzt.
    „Alles bereit.“
    „Gut, fünfundachtzig Kilogramm Körpergewicht, dreißig Milliliter Hexaphenilcorbin. Ich injiziere, jetzt!“
    Er setzte die Spritze an und drückte die grünliche Flüssigkeit in den Infusionsschlauch, der das Gift direkt in die Armarterie leitete.
    „Eins, zwei, drei, vier … Atmung setzt aus, künstliche Beatmung läuft.“
    Der Arzt schaute gespannt auf den kleinen Monitor. Puls, Blutdruck und die Herzfrequenz lagen im grünen Bereich, er nickte zufrieden. Aus seiner Brusttasche zog er einen Organspenderausweis, ausgestellt auf den Namen des Verunglückten. Ein Amerikaner. Das Dokument war echt und bereits vor Wochen erstellt, eingescannt und in der Datenbank der Organisation abgespeichert worden. Lediglich die Unterschrift war gefälscht. Er griff nach dem Rucksack des Amerikaners, Brieftasche und Pass lagen oben.
    Dann zog er dem jungen Mann die Armbanduhr vom Handgelenk, nahm ihm die goldene Halskette ab und verpackte beides, zusammen mit dem Pass, der Brieftasche und dem Spenderausweis, in einen transparenten Plastikbeutel, den er zwischen die Beine des Mannes auf die Bahre legte.
    Ihre Arbeit war fast getan. „Ich rufe jetzt an“, sagte er. Sein Anruf wurde erwartet, er wurde sofort angenommen.
    „Wir sind so weit, laut Navi brauchen wir noch knapp eine Stunde bis zum Marseiller Universitätskrankenhaus. Sie können jetzt die Ankunft eines hirntoten Patienten mit Organspenderausweis innerhalb der nächsten Stunde melden, die Daten haben Sie ja. Bis dahin ist auch das Hexaphenilcorbin abgebaut und nicht mehr nachweisbar.“
    Er schwieg kurz, bis sein Gesprächspartner ihm wieder das Wort überließ.
    „Ja, es ist fast alles planmäßig gelaufen. Ich habe Sie auf das hohe Risiko hingewiesen. Es wäre fast schiefgegangen, er hat innere Verletzungen. Aber das Herz scheint, soweit ich es von außen beurteilen kann, okay. Die Lunge hat was abbekommen, die können wir wahrscheinlich nicht verwenden. Bei den Nieren bin ich auch nicht ganz sicher, ich vermute, dass zumindest eine gequetscht wurde.“ Er hörte einen Moment konzentriert zu und nickte mehrmals.
    „Verstanden, wir liefern ihn ab und fliegen gleich weiter.“
    Er unterbrach die Verbindung. Sein Blick fiel auf den hirntoten jungen Amerikaner, der sich vor wenigen Tagen noch wie ein Kind
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