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Homicide

Homicide

Titel: Homicide
Autoren: David Simon
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Homicide
die in dem Chaos verborgenen Muster. Baltimore, das ist Anschauungsunterricht in Sachen Chaostheorie.
    Mit der erfolgreichen Fernsehadaption dieses Buches gelang Simonder Einstieg in die dramatische Umsetzung seiner Beobachtungen. Es folgten die brillante sechsteilige Miniserie auf der Grundlage seines nächsten Buchs,
The Corner
(in Zusammenarbeit mit Ed Burns), und die in epischer Breite erzählte HBO-Serie
The Wire.
Bei diesen späteren Projekten hatte er Gelegenheit, einmal ein wenig Klartext zu reden, die Wahrheit in eine künstlerische Form zu bringen, sodass die großen sozialen Themen hervortreten. Doch selbst mit der kreativen Freiheit, die das fiktive Genre ihm bietet, bleibt seine Arbeit ein Meisterwerk der Nuancierung; auch hier untersucht Simon, wie jedes kleine Ereignis außen im Innern dieser Welt die größte Revolution auslösen kann – im Leben einer einzigen, marginalisierten Person wie im geistigen und politischen Biorhythmus einer amerikanischen Großstadt.
    Mit alledem möchte ich eigentlich nur sagen: Wenn Edith Wharton von den Toten auferstehen und sich für die Makler der Macht in einer Stadt, die Cops, die Cracksüchtigen und Reportage interessieren und sich nicht darum kümmern würde, welche Kleidung man im Büro trägt, würde sie wahrscheinlich ein bisschen so aussehen wie David Simon.

Die Protagonisten
    Lieutenant Gary D’Addario
Shift Commander/Schichtleiter
    Detective Sergeant Terrence McLarney
Squad Supervisor/Teamleiter
    Detective Donald Worden
Detective Rick James
Detective Edward Brown
Detective Donald Waltemeyer
Detective David John Brown
    Detective Sergeant Roger Nolan
Squad Supervisor/Teamleiter
    Detective Harry Edgerton
Detective Richard Garvey
Detective Robert Bowman
Detective Donald Kincaid
Detective Robert McAllister
    Detective Sergeant Jay Landsman
Squad Supervisor/Teamleiter
    Detective Tom Pellegrini
Detective Oscar Requer
Detective Gary Dunnigan
Detective Richard Fahlteich
Detective Fred Ceruti

EINS
    Dienstag, 19. Januar
    J ay Landsman zieht seine Hand aus der warmen Jackentasche und geht vor dem Toten in die Knie. Er greift ihn ans Kinn und dreht den Kopf zur Seite, bis er die Eintrittswunde sieht, das ovale Loch, aus dem es rot und weiß sickert.
    »Hier haben wir das Problem«, sagt Landsman. »Der hat ’n Platten.«
    »’n Platten?« Pellegrini springt darauf an.
    »Ja, ’n schleichenden.«
    »So was kann man doch flicken.«
    »Na klar. Da gibt’s so Reparatursets …
    »Wie für Reifen.«
    »Genau, wie für Reifen«, fährt Landsman fort. »Samt Flicken und allem Drum und Dran. Wenn’s eine größere Wunde wäre, von einer Achtunddreißiger oder so, dann geht’s nicht mehr ohne neuen Kopf. Aber so was kann man flicken.«
    Landsman sieht auf, ganz Ernst und Betroffenheit.
    Jesus meine Zuversicht, denkt Tom Pellegrini, was gibt es Schöneres, als zusammen mit einem Durchgeknallten Mordfälle zu bearbeiten? Um ein Uhr nachts, mitten im Ghetto, ein halbes Dutzend Streifenpolizisten, deren Atemwölkchen mal wieder über eine Leiche ziehen – gibt es einen besseren Ort, eine bessere Zeit für einen echten Landsman, so trocken vorgebracht, dass selbst der Schichtleiter vom Western District im grellen Flackern seines Blaulichts hart auflacht? Nicht, dass die Nachtschicht des Western Districts ein besonders anspruchsvolles Publikum wäre; man braucht nicht lange im Sector 1 oder 2 Streife zu fahren, um einen ziemlich kranken Humor zu entwickeln.
    »Kennt ihn jemand?«, fragt Landsman. »Hat noch wer mit ihm geredet?«
    »Scheiße, nein«, sagt ein Uniformierter. »Der war schon zehn-sieben, als wir hier angekommen sind.«
    Zehn-sieben. Der Funkcode für »außer Betrieb«, umstandslos übertragen auf ein Menschenleben. Wirklich nett. Pellegrini grinst. Gut,dass sich ein Cop durch nichts in der Welt aus der Ruhe bringen lässt, denkt er.
    »Schon seine Taschen gecheckt?«, fragt Landsman.
    »Noch nicht.«
    »Scheiße, hat der denn keine Hosentaschen?«
    »Er hat eine Trainingshose über den Jeans.«
    Landsman stellt sich über das Opfer, die Füße zu beiden Seiten der Taille, und zerrt ihm die Trainingshose herunter. Durch die lieblose Behandlung rutscht die Leiche ein paar Zentimeter über den Bürgersteig und hinterlässt dort, wo die Kopfwunde über das Pflaster scheuert, einen dünnen Film aus Blut und Hirnmasse. Landsman zwängt seine fleischige Hand in die Vordertasche.
    »Vorsicht, Spritzen«, sagt ein Uniformierter.
    »Na und?«, antwortete
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