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Hollywood

Hollywood

Titel: Hollywood
Autoren: Harold Robbins
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Ordnung, auch wenn sie manchmal ein ziemliches Ekel sein konnte. Sie lebte bei seiner Familie, seit sie zehn Jahre alt war. Ihre Eltern waren bei einem Autounfall umgekommen, und Joes Mutter war ihre einzige Verwandte. Es war nur recht und billig, daß sie das einzige Kind ihrer Schwester ins Haus nahm.
    Joe sah sich in seinem Schlafzimmer um. Das heißt, eigentlich war es gar nicht sein Zimmer. Immer noch stand das Bett seines Bruders auf der anderen Seite des Raumes – so als könnte er jeden Augenblick heimkommen. Steven war sieben Jahre älter als er, studierte Medizin an der Universität Oklahoma und kam nur noch einmal im Jahr, in den Sommerferien, für ein, zwei Wochen nach Hause. Manchmal fragte sich Joe, ob Steven eigentlich wirklich sein Bruder war. Steven war so schrecklich ernsthaft, er hatte immer nur seine medizinischen Bücher im Kopf, und schon als kleiner Junge hatte er gewußt, daß er Arzt werden wollte. Früher ärgerte ihn Joe oft damit, daß er behauptete, Steven wolle nur deshalb Arzt werden, damit er Motty nackt ausziehen und dazu bringen könnte, sich von ihm untersuchen zu lassen. Aber Steven hatte keinen Humor. Er lachte nie.
    Joe nahm sich eine Zigarette aus dem zerdrückten Päckchen auf der Kommode, steckte sie an und nahm einen Zug. Der Geschmack war beschissen. Lieber hätte er Luckies geraucht, aber obwohl die Hersteller in einer patriotischen Aufwallung die Preise gesenkt hatten, damit sich auch die Soldaten die Lunge noch schwarz rauchen konnten, kostete ein Päckchen Lucky Green immer noch mehr als diese hier, und Joe besaß keinen Pfennig zuviel. Er drückte die Zigarette gleich nach dem ersten Zug wieder aus und verwahrte sie sorgfältig, um sie später weiterzurauchen. Dann streifte er seinen Morgenmantel über und ging am Bad und am Zimmer seiner Eltern vorbei die Treppe hinunter.
    Als er in die Küche kam, stand seine Mutter mit dem Rücken zu ihm an der Spüle und putzte Karotten. Sie drehte sich nicht zu ihm um, sondern fragte bloß über die Schulter: »Willst du Frühstück?«
    »Nein danke, Mama«, sagte er. »Bloß eine Tasse Kaffee, bitte.«
    Sie hatte sich noch immer nicht umgedreht. »Kaffee auf leeren Magen ist nicht gesund«, sagte sie.
    »Ich habe keinen Hunger«, sagte er und setzte sich an den Tisch.
    Geduldig drehte er die angefangene Zigarette in den Fingern, bis der abgebrannte Teil abbröckelte.
    Seine Mutter stellte den Kaffee auf den Tisch und warf einen mißbilligenden Blick auf die Zigarette. »Die Dinger sind das Schlimmste«, sagte sie. »Rauchen verhindert das Wachstum.«
    Joe lachte. »Aber, Mutter! Ich bin doch schon einsneunundsiebzig. Ich glaube nicht, daß ich noch wachse.«
    »Hast du den Brief gesehen?« fragte sie plötzlich.
    Er stellte seine Kaffeetasse zurück, ohne getrunken zu haben. »Was für einen Brief?«
    Er lag auf dem Tisch. Sie schob ihn Joe hin.
    Er schien von einer Behörde zu kommen. Außerdem war er schon offen.
    Joe nahm den Brief auf. Er kam tatsächlich von einer Behörde. Es war der Musterungsbescheid. Rasch zog er das Schreiben heraus. Alles, was er zu lesen brauchte, war die erste Zeile: »Willkommen!«
    »Scheiße!« sagte er und warf seiner Mutter einen hilflosen Blick zu.
    Sie weinte bereits.
    »Hör auf, Mama«, sagte er. »Es ist nicht das Ende der Welt.«
    »Eins-A«, sagte sie. »In drei Wochen sollst du dich am Grand Central einfinden zur medizinischen Untersuchung.«
    »Das heißt noch gar nichts«, behauptete er. »Ich bin schon seit einem Jahr in der Eins-A-Kategorie. Außerdem habe ich in der Zeitung gelesen, daß sechzig Prozent bei der Musterung durchfallen, weil sie nicht den gesundheitlichen Anforderungen entsprechen.«
    »Das ist doch Blödsinn«, sagte sie und wischte sich über die Augen. »Du bist doch nicht krank.«
    Wieder lachte Joe. »Man kann bestimmt noch was machen«, sagte er zuversichtlich. »Papa ist doch ein Freund von Abe Stark. Und wir können auch noch mit ein paar anderen reden.« Er wollte sie lieber nicht daran erinnern, daß sein Vater Geschäfte mit den Brownsville Boys machte. Sie wußte es zwar, sprach aber nicht gern darüber. Sie hätte nie zugegeben, daß ihr Mann nicht nur eine Hühnerschlachterei in einer Seitenstraße der Pitkin Avenue betrieb, sondern auch mit Kredithaien zu tun hatte.
    »Bei der Musterungsbehörde kann niemand was machen«, sagte sie. »Da muß man schon richtig krank sein, wenn man durchfallen will.«
    »Vielleicht stellen sie fest, daß ich den Tripper
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