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Hör!Mir!Zu! 10 Gespräche von Frau zu Mann

Hör!Mir!Zu! 10 Gespräche von Frau zu Mann

Titel: Hör!Mir!Zu! 10 Gespräche von Frau zu Mann
Autoren: Miriam E. Schmidt
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Indianer hingegen kennen keinen Schmerz. Rennt ein weinendes Mädchen zu seiner Freundin, so kann sie ziemlich sicher sein, in ihrem Schmerz angenommen zu werden und eine geduldige Zuhörerin zu finden, die mit ihr gemeinsam die Situation bespricht, sie versteht und ihr hilft, vielleicht sogar eine Lösung zu finden. Diese Erfahrung prägt sich für das Leben ein: Ich habe Gefühle. Ich darf Gefühle zeigen. Wenn ich über meine Gefühle rede, kann ich eine Lösung finden. Rede ich nicht darüber, ersticke ich an meinem Schmerz.
    Leider gibt es aber auch hier einen Unterschied: Trauer zu zeigen ist erlaubt. Zorn und Trotz hingegen nicht. Stampft ein Mädchen trotzig mit den Füßen und schreit: »Ich will, ich will, ich will aber...«, kann es sicher sein, dass es zuerst einmal genau das ganz bestimmt nicht bekommt. Und auch Wut, aber vor allem Neid und Hass sind nicht opportun. Kleine Mädchen haben nicht wütend, neidisch oder voller Hass zu sein, sondern vernünftig und überlegt. Sie sollen ein Problem lösen und keines durch ihre negativen Gefühle kreieren. Außerdem: Wie sollen sie ihre Wut, ihren Hass oder ihren Neid ausdrücken? Denn, wie ein altes Sprichwort schon sagt: Wer schreit, hat Unrecht! Oder: Hass macht hässlich. Und sich prügeln, wie es Jungs in so einer Situation oft tun, ist bei Mädchen nicht angesagt.
    In der heutigen Erziehung treten diese Verhaltensmuster, die die Generation der heute über Dreißigjährigen noch stark prägten, zwar dankenswerterweise nicht mehr so krass zu Tage. Trotzdem halten sich derartige Denkansätze in unserer Gesellschaft noch sehr hartnäckig.
    Dass viele Emotionen beim weiblichen Geschlecht oft immer noch als unpassend verpönt sind, heißt aber nicht, dass Mädchen bzw. Frauen nicht trotzdem wütend, trotzig oder neidisch sind. Und weil sie diese Gefühle haben, aber nicht zeigen dürfen, müssen sie einen anderen Weg finden, damit fertig zu werden. Was bleibt, ist die Sprache. Und so sind viele Frauen wahre Meisterinnen darin, diese Empfindungen geschickt verbal zu verpacken. Zwar erkennt sie fast jede Frau trotz Verkleidung sofort; Männer aber, die ganz anders damit umgehen, sind völlig überfordert. So treten sie unweigerlich in jedes Fettnäpfchen, weil sie nicht erkennen können, dass ihre Frau gerade beispielsweise furchtbar wütend auf sie ist. Sie spüren zwar, dass etwas nicht stimmt, haben aber meist verlernt, diesen Gefühlen zu trauen. Sie vertrauen also auf die Worte, die sie von ihrer Partnerin hören. Frau darf aber nicht wütend sein, also wird sie ihre Wut entsprechend kaschieren. Mann erkennt dies nicht. Ergebnis: Der Streit ist vorprogrammiert.
    Oft entzündet er sich schon an Kleinigkeiten. So hat Ihr Partner vielleicht versprochen, eine der drei Glühbirnen in der Ganglampe auszuwechseln, weil sie kaputt ist. Nach drei Tagen und drei bewusst sehr freundlich formulierten Erinnerungen — Sie wollen ja keinen Streit vom Zaun brechen — ist es immer noch nicht erledigt. Ihr Ärger steigert sich von Tag zu Tag, frei nach dem Motto: »Wenn ich schon mal um etwas bitte! Da hätte ich es doch gleich selber erledigen können. Mein Mann nimmt einfach keine Rücksicht auf meine Wünsche und hält seine Versprechungen nicht ein. Es ist doch immer das Gleiche!« Am vierten Tag, Ihre Wut hat inzwischen den Höchststand erreicht und die kaputte Glühbirne hängt immer noch in der Lampe, fragen Sie mit mühsam unterdrücktem Zorn: »Liebling, du wolltest doch die Birne auswechseln?« Ihr Mann, der momentan Zeitung liest, grummelt: »Ja, ja, ich mach’s schon noch«, und widmet sich weiter seiner Lektüre. Da ist es um Ihre Fassung geschehen! »Das hätte ich mir ja gleich denken können! NIE tust du, worum ich dich bitte. IMMER ist etwas anderes wichtiger. Was ich will, kommt doch sowieso an letzter Stelle und außerdem habe ich von dir die Nase schon lange voll!«
    So ungefähr könnte eine typisch weibliche Reaktion darauf klingen.
    Mann aber reagiert mit völligem Unverständnis, denn zum einen hätte er es schon noch gemacht, zum anderen leuchten doch zwei Glühbirnen noch, der Gang ist also nicht dunkel und die Sache somit nicht dringend. Außerdem waren Sie immer so nett und haben mit keinem Wort erwähnt, dass es sofort sein muss. Und was, um Gottes Willen, hat diese lächerliche Glühbirne denn mit ihrer Beziehung zu tun? Es kommt zu einem heftigen Streit, der mit der Sache — der Glühbirne — gar nichts mehr zu tun hat. Außerdem gibt es
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