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Hoellenglanz

Hoellenglanz

Titel: Hoellenglanz
Autoren: Kelley Armstrong
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einem brauchbaren Gegenstand. Dann zog er sich das T-Shirt aus. Ich versuchte, den Blick nicht abzuwenden. Nicht, dass er ohne das T-Shirt übel ausgesehen hätte. Eher im Gegenteil, was auch der Grund war … Sagen wir einfach, es ist besser, wenn Freunde vollständig angezogen sind.
    Derek kam so nahe heran, wie er es wagte, machte einen Knoten in eine Ecke des T-Shirts und warf ihn mir zu. Ich fing ihn beim zweiten Versuch.
    »Ich ziehe dich nicht näher«, warnte er.
    Was auch gut so war, denn mit seinen Werwolfkräften hätte er mir das T-Shirt wahrscheinlich aus den Händen gerissen, und ich wäre rückwärts vom Dach gefallen.
    »Zieh du dich allmählich zu mir rüber …«
    Er brach ab, als ihm klar wurde, dass ich genau das bereits tat. Ich schaffte es auf den flacheren Teil des Dachs, tat noch einen torkelnden Schritt und merkte, dass die Knie unter mir nachzugeben begannen. Derek packte mich am Arm – dem Arm ohne genähte Schnittwunde, Verband und Streifschuss –, und ich setzte mich langsam hin.
    »Ich bleibe einfach einen Moment hier sitzen«, sagte ich mit wackeligerer Stimme, als mir lieb war.
    Derek setzte sich neben mich, nachdem er sich das T-Shirt wieder angezogen hatte. Ich spürte, dass er mich zweifelnd beobachtete.
    »Ich bin schon okay. Gib mir einfach einen Moment Zeit. Hier kann man ja sitzen, oder?«
    »Ist okay, die Neigung ist nicht mehr als fünfundzwanzig Grad, also …« Als er meinen Gesichtsausdruck bemerkte, sagte er einfach: »Es ist ungefährlich.«
    Der Nebel begann sich zu verziehen, und ich sah ringsum Bäume, die sich in alle Richtungen erstreckten. Ein ungeteerter Fahrweg führte durch den Wald auf das Haus zu.
    »Da war ein Geist«, sagte ich schließlich.
    »So was hatte ich mir gedacht.«
    »I-ich habe gewusst, dass ich ihm nicht folgen sollte, aber …« Ich zögerte. Solange ich noch so wackelig war, fühlte ich mich noch nicht bereit, ihm eine vollständige Erklärung zu liefern. »Ich bin vor eurer Tür stehen geblieben, ich habe gehofft, du würdest mich hören. Hast du wahrscheinlich auch?«
    »Irgendwie schon. Ich war halb wach. Ziemlich verwirrt, als ich dann aufgewacht bin, also hab ich eine Weile gebraucht, bis ich auf den Beinen war. Ich hab ein bisschen Fieber.«
    Jetzt sah ich es auch, die gerötete Haut und die glitzernden Augen.
    »Heißt das, du …«, begann ich.
    »Ich wandele mich nicht. Jetzt noch nicht. Inzwischen weiß ich, wie sich das anfühlt, und ich hab noch ein bisschen Zeit. Mindestens einen Tag, hoffentlich mehr.«
    »Ich wette, dieses Mal wandelst du dich ganz«, sagte ich.
    »Ja, vielleicht.« Sein Tonfall teilte mir mit, dass er das bezweifelte.
    Ich warf ihm einen verstohlenen Blick zu. Derek war mit seinen sechzehn Jahren einen ganzen Kopf größer als ich. Solide gebaut mit breiten Schultern und mit Muskeln, die er meist unter weiter Kleidung versteckte, um weniger einschüchternd zu wirken.
    Seit er angefangen hatte, sich zu wandeln, hatte Mutter Natur etwas Nachsicht mit ihm gehabt. Seine Haut wurde glatter, und das dunkle Haar sah nicht mehr fettig aus. Es hing ihm zwar nach wie vor ins Gesicht, aber nicht auf diese Emo-Art, sondern einfach als hätte er sich seit einer Weile nicht mehr die Mühe gemacht, es schneiden zu lassen. In letzter Zeit hatte er an anderes zu denken gehabt.
    Ich versuchte, mich zu entspannen und die neblige Aussicht zu genießen, aber Derek zappelte und rutschte herum, was noch nerviger war, als wenn er einfach wie üblich eine Auskunft darüber verlangt hätte, was eigentlich passiert war.
    »Da war also dieser Geist«, sagte ich schließlich. »Er hat gesagt, er sei ein Volo-Halbdämon. Telekinetisch, aber ein stärkerer Typ als Dr. Davidoff. Wahrscheinlich das Gleiche, was Liz ist. Er hat mich hier raufgelockt und die Tür abgeschlossen, und dann hat er angefangen, mit Zeug nach mir zu werfen.«
    Derek sah ruckartig auf.
    »Ich hab ihn gebannt.«
    »Gut, aber du hättest gar nicht erst mitkommen sollen, Chloe.«
    Sein Tonfall war ruhig, vernünftig, so vollkommen derek-untypisch, dass ich ihn anstarrte, während mir der reichlich abgedrehte Gedanke durch den Kopf schoss, dass dies nicht Derek sein konnte. Bevor ich aus dem Labor der Edison Group entkommen war, hatte ich eine Quasi-Dämonin kennengelernt, die als eine Art Kraftquelle dort eingesperrt war. Sie hatte jemanden in Besitz genommen, aber es war nur ein Geist gewesen. Konnte Derek besessen sein?
    »Was?«, fragte Derek, als er mein
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