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Hoellenglanz

Hoellenglanz

Titel: Hoellenglanz
Autoren: Kelley Armstrong
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ich.
    »Agito?« Das Wort klang vor lauter Verachtung ganz verzerrt. »Ich gehöre zur Elite, Baby. Ich bin ein Volo.«
    Was mir absolut nichts sagte. Ich konnte nur annehmen, dass das ein mächtigerer Typ war. Im Leben konnten telekinetisch begabte Halbdämonen Dinge mit Gedankenkraft in Bewegung setzen. Im Tod konnten sie sie dann von Hand bewegen. Ein Poltergeist.
    Ich trat einen vorsichtigen Schritt rückwärts. Holz knarrte unter meinen Füßen und erinnerte mich daran, wo ich mich befand. Ich blieb stehen und sah mich um. Ich stand auf einer Art Galerie, die um das zweite Stockwerk herumlief – den Dachboden, wie ich annehmen musste.
    Rechts von mir lag ein beinahe ebener Abschnitt, der mit Bierdosen und verrosteten Kronkorken übersät war, als hätte jemand ihn als improvisierten Freisitz genutzt. Der Anblick beruhigte mich etwas. Ich saß nicht wirklich auf dem Dach fest – lediglich auf einer Art Balkon. Lästig, aber nicht weiter gefährlich.
    Ich klopfte an die Tür, nicht zu heftig, denn ich wollte eigentlich niemanden wecken, aber ich hoffte natürlich, Derek würde es mitbekommen.
    »Das wird keiner hören«, sagte der Geist. »Wir sind allein hier. Genau wie ich’s mag.«
    Ich hob die Hand, um der Tür einen kräftigeren Schlag zu versetzen, und hielt inne. Dad sagte immer, die beste Methode für den Umgang mit einem Tyrannen sei es, ihn nicht merken zu lassen, dass man Angst hatte. Bei dem Gedanken an meinen Vater schnürte sich mir die Kehle zu. Ob er immer noch nach mir suchte? Natürlich tat er das, und es gab nichts, das ich tun konnte.
    Dads Ratschlag im Hinblick auf Tyrannen hatte vielleicht bei den Schulkameraden funktioniert, die sich über mein Stottern lustig gemacht hatten – und es aufgegeben hatten, als sie mir keine Reaktion entlocken konnten. Also holte ich tief Luft und ging in die Offensive.
    »Du hast gesagt, du weißt über die Edison Group und ihre Versuche Bescheid«, sagte ich. »Hast du auch zu den Versuchsobjekten gehört?«
    »Langweilig. Reden wir doch über dich. Hast du einen Freund? Ich wette ja. Niedliches Mädchen wie du, das mit zwei Typen rumhängt … einen wirst du für dich schon klargemacht haben. Also, welcher?« Er lachte. »Blöde Frage. Das niedliche Mädchen kriegt den niedlichen Typ. Den Japsen.«
    Womit er Simon meinte, der zur Hälfte Koreaner war. Er versuchte, mich zu provozieren, herauszufinden, ob ich Simon verteidigen und ihm damit bestätigen würde, dass er mein Freund war. Was er nicht war. Na ja, noch nicht, obwohl wir uns in diese Richtung zu bewegen schienen.
    »Wenn du willst, dass ich hierbleibe und rede, brauche ich erst mal ein paar Antworten«, sagte ich.
    Er lachte. »Tatsächlich? Ich hab nicht den Eindruck, als ob du so bald gehen würdest.«
    Ich griff wieder nach dem Türknauf. Ein Kronkorken prallte von meiner Wange ab, dicht unter dem Auge. Ich warf einen wütenden Blick in die Richtung, aus der er gekommen war.
    »Das war bloß ein Warnschuss, kleine Nekro.« Ein gehässiger Tonfall hatte sich in seine Stimme geschlichen. »Hier spielen wir
meine
Spiele nach
meinen
Regeln. Jetzt erzähl mir von deinem Freund.«
    »Ich hab keinen. Wenn du irgendwas über das Genesis-Experiment weißt, dann weißt du auch, dass wir nicht zum Spaß hier sind. Wenn man auf der Flucht ist, hat man nicht so sehr viel Zeit für Romantik.«
    »Werd jetzt bloß nicht patzig.«
    Ich hämmerte an die Tür. Der nächste Kronkorken traf mich knapp unter dem Auge.
    »Du bist in Gefahr, kleines Mädchen. Interessiert dich das nicht?« Seine Stimme senkte sich zu meinem Ohr herunter. »Im Moment bin ich dein bester Freund, also sei lieber nett zu mir. Jemand hat dich hier geradewegs in eine Falle geführt, und ich bin der Einzige, der dir wieder heraushelfen kann.«
    »Geführt? Wer? Der Typ, der uns hergebracht hat …«, ich ließ mir in aller Eile einen falschen Namen einfallen, »… Charles?«
    »Nein, ein völlig Fremder, und Charles war einfach bloß derjenige, der euch hergebracht hat. Was für ein Zufall.«
    »Aber er hat gesagt, er arbeitet nicht mehr für die Edison Group. Er war früher mal Arzt dort …«
    »Ist er auch noch.«
    »Er ist Dr. Fellows? Der, von dem sie im Labor immer geredet haben?«
    »Der und kein anderer.«
    »Bist du dir da sicher?«
    »Das Gesicht vergesse ich nicht.«
    »Puh, das ist jetzt aber wirklich komisch. Erstens heißt er nicht Charles. Zweitens ist er kein Arzt. Drittens kenne ich Dr. Fellows. Sie ist meine
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