Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hölle ohne Hintertür

Hölle ohne Hintertür

Titel: Hölle ohne Hintertür
Autoren: Stefan Wolf
Vom Netzwerk:
Gunnar irgendwie einspringen werde.
    »Du hast gesagt, er sei dein
Freund.«
    »Ah... ja. Ist er.«
    »Er hat Spielschulden bei uns.
400 000 Euro. In einer Nacht ist die Summe aufgelaufen. Und wir haben seinen
Schuldschein akzeptiert. Erstens, weil uns niemand was schuldig bleibt — es sei
denn, er ist lebensmüde. Zweitens, weil er sich benahm wie ein Geldsack. Ist er
das?«
    »Ich... ich glaube nicht.«
    »Sondern?«
    »Gunnar ist Maler. Kunstmaler.
Kann sein, dass er den großen Durchbruch bald schafft. Seine Bilder sind... äh,
sie gefallen mir.«
    »Ein Kunstmaler. Na, wunderbar.
Wie viel Geld hat er?«
    »Das weiß ich nicht. Über Geld
reden wir nie.«
    »Ich denke, ihr seid
befreundet?«
    »Das ja. Aber Geld ist kein
Thema unter Freunden.«
    »Worüber redet ihr denn?
Weiber, Fußball, Politik, Autos, Fresstempel — oder?«
    »Ja, auch. Und über Kunst. Und
so am Rande über Geschäfte. Meine Geschäfte zum Beispiel. Ich bin Weinhändler.
Aber ich bin pleite. Insolvent (zahlungsunfähig). Meine Firma wird
aufgelöst. Der Wagen hier gehört mir eigentlich schon nicht mehr. Der ist Teil
der Konkursmasse und wird versteigert.«
    So!, dachte er. Jetzt wissen
sie, dass bei mir nichts zu holen ist.
    »Interessiert uns einen Dreck.«
Markus blickte über den Parkplatz, der zur Hälfte gefüllt war mit etwa zwanzig
Fahrzeugen. Aber niemand ließ sich blicken. »Von dir wollen wir nichts. Oder
zockst du auch?«
    »Nie!«
    »Schrei nicht so, Fettsack.
Dein Freund hat uns seinen Ausweis vorgelegt und den Führerschein. Der ist hier
ausgestellt. Als Adresse ist angegeben Via Quentino im Uro-Tal. Stimmt das
noch?«
    Dingmann nickte heftig. »Ja,
dort wohnt er. Ist etwa 18 Kilometer von hier zwischen Paretario und Bucolasi.
Das Uro-Tal ist ja nur eine ewig lange, karge Mulde — geröllig und hässlich.
Gunnar hat dort ein altes Bauernhaus gekauft. War total runtergekommen, halb
verfallen, deshalb spottbillig. Er hat’s ein bisschen hergerichtet und sich ein
Atelier eingerichtet. Dort arbeitet er. Und im September, hat er mir erzählt,
kriegt er hier in der Stadt eine Ausstellung. Bei einem Galeristen. Bei Umberto
Arti. Ist einer der ganz Großen. Ich denke mal, dann schwappen die Euros an
Land. Dann kriegt ihr bestimmt euer Geld.«
    »Im September?«, schnauzte
Markus. »Du bist wohl nicht ganz dicht, Fettsack! Wir haben jetzt Juni. Und wir
sind kein verdammtes Kreditinstitut.«
    Darauf ließ sich nichts
erwidern und Dingmann senkte den Blick auf seinen schwabbeligen Bauch. Vorn an
der Straße wurde misstönend gehupt. Als Dingmann den Kopf hob, waren die beiden
verschwunden.
    Verwundert schwenkte er den
Blick hin und her und sah gerade noch, wie sie nahe der Ausfahrt in einen
grauen Van stiegen, der sofort abfuhr.
    Mit dem Taschentuch wischte er
sich übers Gesicht und griff dann zum Handy. Gunnar Korlitzer meldete sich. Er
hatte die Stimme eines Pfarrers, der vor allem Frauen, auch junge, in den
Gottesdienst lockt, wo sie dann mit geschlossenen Augen seinem Bariton
lauschen, angetan vom Timbre (Klangfarbe), was natürlich den Gehalt der
Predigt an zweite Stelle rückt.
    »Gunnar, ich bin’s. Mir sind
eben zwei Schlägertypen zu nahe gekommen. Deinetwegen.« Er berichtete kurz und
fuhr fort: »Ich glaube, du bist nicht mehr bei dir. Das waren Profis. Mit wem
hast du dich eingelassen? Die holen sich ihr Geld. 400 000! Und du hast keinen
Euro in der Tasche.«
    Korlitzer antwortete nicht
sofort. Dingmann konnte sich vorstellen, wie schuldbewusst er jetzt aussah.
Sich zerknirscht geben, wenn er Mist gebaut hatte, war Gunnars Spezialität.
    »Hast ja Recht«, meinte er
kleinlaut. »Ich bin in einer dieser Spielhöllen gewesen. Und sie haben mich
eingeseift. Wir haben gepokert. Erst ließen sie mich gewinnen, dass ich dachte,
ich würde meine Altersversorgung an Land ziehen. Aber dann... Natürlich dachte
ich, das Blättchen würde sich wenden. Aber erst bei 400 000 Miesen bin ich
aufgewacht. Endlich bin ich dann ausgestiegen.«
    »Endlich bist du dann
ausgestiegen«, äffte Dingmann ihn nach. »Bei einer Summe, die du in zehn Jahren
nicht verdienst. In welcher Spielhölle warst du, Gunnar?«
    »Hm.«
    »Gunnar!«
    »Wer die sind, habe ich erst
gemerkt, als ich den Schuldschein unterschreiben und mich ausweisen musste.«
    »Du hast behauptet, der Ferrari
gehöre dir?«
    »Ehern... nicht direkt. Aber
ein bisschen so getan. Ich wollte so schnell wie möglich da raus.«
    »Wer sind die?«
    »Die sind... ehem...
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher