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Hochzeitsstrudel und Zwetschgenglück: Roman (German Edition)

Hochzeitsstrudel und Zwetschgenglück: Roman (German Edition)

Titel: Hochzeitsstrudel und Zwetschgenglück: Roman (German Edition)
Autoren: Angelika Schwarzhuber
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durchkreuzen. Warum war ich eigentlich nicht sofort darauf gekommen?
    Ich schlüpfte in eine bequeme Jeans und einen leichten dunkelgrauen Pulli, fütterte Fanny – so weit ging die Freundschaft bei Pauline nicht, dass sie wegen ihr so zeitig aufstand – und machte mich ohne Frühstück sofort auf den Weg zum Hof meines Cousins.
    Unterwegs begegnete mir Willy auf seinem Motorrad. Er hielt neben mir an und zog den Helm vom Kopf.
    »Guten Morgen, Hannerl«, begrüßte er mich laut, um den Lärm des Motors zu übertönen. Er war der Einzige, dem ich diesen Spitznamen durchgehen ließ. Bei allen anderen konnte ich es überhaupt nicht leiden, wenn sie mich »Hannerl« nannten.
    »Servus, Willy!«, schrie ich zurück.
    »Gratuliere zum Erbe«, sagte er und lächelte süffisant unter seinem graumelierten Sieben-Tage-Bart hervor. Offensichtlich hatte sich die Nachricht im Dorf bereits herumgesprochen. Na bravo!
    »Danke! Bis später, Willy.« Mehr sagte ich nicht, denn ich hatte es eilig.
    Ich fand Max in der Gerätehalle, wo er den abgefahrenen Reifen einer Kartoffellegemaschine auswechselte.
    »Guten Morgen, Max«, begrüßte ich ihn freundlich.
    »Du bist ja zeitig wach!«, stellte er überrascht fest und wischte sich die ölverschmierten Hände an einem Tuch ab.
    »Morgenstund hat Gold im Mund.« Und das in diesem Fall, wie ich hoffte, nicht nur sprichwörtlich.
    »Du scheinst ja sehr vergnügt zu sein. Hast du über Nacht einen Bräutigam gefunden?«, witzelte er.
    »Nein!«, strahlte ich. »Ich habe eine viel bessere Idee.«
    »Ja?«
    »Ich verzichte noch heute auf den Hof, und du gibst mir dafür die Dreiviertelmillion aus dem Barvermögen«, platzte es aus mir heraus.
    Eine Dreiviertelmillion Euro. Hörte sich das nicht phantastisch an? Zu D-Mark-Zeiten wäre ich damit sogar eine eineinhalbfache Millionärin gewesen. Ich schaute ihn erwartungsvoll an. Und er schaute verdutzt zurück. Damit hatte er nicht gerechnet. Wahrscheinlich hatte es ihm vor lauter Freude die Sprache verschlagen.
    »Und? Ist das nicht eine super Idee? Du bekommst den Großteil des Erbes, und ich brauche nicht zu heiraten und bekomme trotzdem ein Stückerl vom Kuchen ab.«
    Er sagte immer noch nichts.
    »Wir könnten das gerne heute noch schriftlich …«
    »Nein!«
    Dieses unerwartete kleine Wort brachte mich plötzlich aus dem Konzept.
    »Nein?«
    »Nein!«
    Das Lächeln war aus meinem Gesicht verschwunden, dafür setzte er ein Grinsen auf. Ein böses Grinsen, wie ich fand.
    »Warum sollte ich das tun, wenn ich nur drei Monate abwarten muss und dann alles haben kann?«, fragte er und verschränkte seine Arme vor der Brust.
    »Aber Max …«
    »Hast du wirklich gedacht, ich würde mich auf so einen Handel einlassen, Hanna?«
    Ich nickte. Ja, das hatte ich gedacht. Der Max, den ich als Kind gekannt hatte, wäre wahrscheinlich sogar selbst auf diese Idee gekommen. Wie hatte ich mich nur so sehr in ihm täuschen können?
    »Wenn ich heirate, bekommst du gar nichts«, erinnerte ich ihn.
    »Ich weiß genau, dass du nicht heiraten wirst. Und damit die Bedingungen nicht erfüllen wirst. Wahrscheinlich schaffst du es noch nicht einmal, drei Monate lang jeden Tag auf dem Hof zu übernachten.«
    Dieser selbstgefällige, geldgierige Kerl!
    »Wenn du dich da mal nicht täuschst!«, fauchte ich, inzwischen so wütend, dass ich ihm am liebsten an die Gurgel gegangen wäre. Um das zu vermeiden – schließlich war ich in weniger aufregenden Zeiten ein sehr friedliebender Mensch – drehte ich mich um und stapfte aus der Gerätehalle.
    Als ich auf dem Hof zurück war, hatte sich meine Wut kaum abgekühlt. Ich war gerade dabei, die Haustür aufzusperren, da kam der Briefträger und überbrachte mir ein dickes Einschreiben von der Bank. Darin lag eine noch von Berta unterschriebene Vollmacht für mich. In einem begrenzten Rahmen konnte ich in besagten drei Monaten, oder so lange, bis ich vorzeitig auf das Erbe verzichtete, über eines der Konten verfügen. Was sämtliche geschäftliche Vorgänge, die in dieser Zeit notwendig waren, mit einschloss. Ich war verblüfft, wie gründlich Oma den Fall ihres Todes vorbereitet hatte, obwohl sie vor dem Unfall in einer ausgezeichneten gesundheitlichen Verfassung gewesen war. Doch anscheinend hatte sie nichts dem Zufall überlassen wollen.
    Ich setzte mich mit dem Schreiben auf die Bank vor dem Haus und schloss die Augen. Meine Wut war inzwischen verraucht, und ich war eher ratlos. Was sollte ich denn jetzt tun? Aufgeben?
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