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Hochzeitsstrudel und Zwetschgenglück: Roman (German Edition)

Hochzeitsstrudel und Zwetschgenglück: Roman (German Edition)

Titel: Hochzeitsstrudel und Zwetschgenglück: Roman (German Edition)
Autoren: Angelika Schwarzhuber
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Brauch auf dem Land, der den Bewohnern die Zeit ansagen sollte. In diesen Tagen schwiegen die Kirchenglocken, weil die Glockenschwengel nach Rom geflogen waren. So erzählte man es den Kindern. Der eigentliche Grund jedoch war wohl, dass das Geläut von Kirchenglocken eher ein Ausdruck von Freude war, die man an den Kartagen vermeiden wollte.
    »Wartet, ich bring euch was.« Schnell ging ich in die Stube und holte Süßigkeiten und aus der Geldbörse meiner Oma für jeden einen Euro. Dann überlegte ich es mir anders und nahm noch einen Zehner heraus. Schließlich konnte ich mich selbst noch gut daran erinnern, wie wir uns als Kinder gefreut hatten, wenn es ein wenig mehr Geld gab.
    »Hier.«
    »Danke!« Die Kinder grinsten und zogen die Ratschen drehend weiter.
    Da ich nun schon mal wach war, beschloss ich, mit Fanny einen kleinen Spaziergang zu den Weiden zu machen. Nachdem die Haltung von Milchkühen für Oma zu anstrengend geworden war, hatte sie vor ein paar Jahren die Kühe verkauft und war auf relativ pflegeleichte schottische Hochlandrinder umgestiegen, die das ganze Jahr auf den Weiden verbrachten. Es gab eine große Gemeinschaftsweide und zwei kleinere, auf der kranke Tiere, Kühe kurz vor der Niederkunft und einige Monate alte Jungtiere von den anderen getrennt wurden. Ich liebte diese zotteligen braunen Gesellen mit den freundlichen Augen. Ich wusste, dass sie Äpfel besonders gerne mochten, deshalb hatte ich aus dem großen Vorratskeller, in dem die Ernte des Herbstes sorgfältig in Regalen gelagert war, eine Tasche voll mitgenommen. Die meisten der Rinder waren handzahm. Einige kamen neugierig an den Zaun heran, nahmen vorsichtig die Äpfel aus meiner Hand und kauten sie genüsslich.
    Die Tiere hatten ein wirklich schönes Leben hier. Sie durften sich auf ganz natürliche Weise vermehren und konnten sich auf den Weiden, durch die ein kleiner Bach floss, frei bewegen. Die Kälte schien ihnen nichts auszumachen, und vor der heißen Sommersonne schützten sie die Bäume und ein Unterstand.
    Nachdem ich alle Äpfel verteilt hatte, zog Fanny ungeduldig an der Leine. Sie wollte wohl noch eine Runde mit mir drehen. Während ich entlang eines brachliegenden Feldes dahinspazierte, atmete ich die frische, würzige Morgenluft ein, die jetzt am Anfang des Frühlings stark nach Erde roch. Die ersten Bäume begannen auszutreiben.
    Die kleine Auszeit in Niederbayern würde mir trotz des traurigen Anlasses sicher guttun. Der letzte Urlaub lag schon lange zurück. Ich war damals noch mit Simon zusammen gewesen, und wir waren nach Südfrankreich gefahren.
    Die Osterzeit auf dem Hof verlief tatsächlich sehr ruhig. Ich besuchte täglich einen Gottesdienst und war oft bei meiner Tante zum Essen eingeladen. Aber die meiste Zeit verbrachte ich alleine mit Fanny. Der Hund schien mich zwar nicht sonderlich zu mögen, war aber froh, dass sich jemand mit ihm beschäftigte. Vor allem in den Nächten vermisste Fanny Oma sehr. Ich tröstete sie mit kleinen Leckereien und ließ sie auf dem Teppich neben meinem Bett schlafen.
    Gemeinsam mit Tante Luise sortierte ich Omas Kleiderschrank aus. Ein Teil ihrer Kleider und die guten Schuhe würden in die Kleiderkammer des örtlichen Frauenhilfsbundes gehen. Der Rest in die Altkleidersammlung. Einige besondere Stücke verpackten Tante Luise und ich sorgfältig und verstauten sie in einem Schrank auf dem Dachboden. Tante Luise wollte die wenigen, aber teuren Schmuckstücke meiner Oma mit mir teilen, doch ich bestand darauf, dass sie alles nahm. Schließlich war sie die Tochter. Und vielleicht auch deswegen, weil Oma mich als Kind immer so abweisend behandelt hatte. Jetzt ihren Schmuck zu tragen, kam mir nicht richtig vor.
    Pit kam trotz der Feiertage täglich vorbei und kümmerte sich um die anfallenden Arbeiten auf dem Hof. Willi hingegen war bis zur Beerdigung verschwunden, samt seiner Harley Davidson. Pit vermutete, dass er mit Freunden zu einem Motorradtreffen in Österreich unterwegs war.
    Ich nutzte die Zeit, um mir über ein Geschenk für Bettina Cornelius Gedanken zu machen, doch die Ideen, die ich hatte, waren allesamt für die Tonne. Irgendwie fiel mir hier nichts ein. Und außerdem sehnte ich mich immer mehr nach den eigenen vier Wänden in meiner kleinen Wohnung in München.
    Am Tag von Omas Beerdigung kam meine Mutter mit meiner Halbschwester Pauline, die unbedingt dabei sein wollte. Ich merkte Mama an, dass es ihr schwerfiel, an dem Grab zu stehen, in dem bereits mein Vater und
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