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Hochzeit im Herrenhaus

Hochzeit im Herrenhaus

Titel: Hochzeit im Herrenhaus
Autoren: Anne Ashley
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rings um den Hof erfassten. Erst einige Stunden später konnte Charles Fanhope tot aus der schwelenden Ruine des Stalltrakts geborgen werden.

15. KAPITEL
    O bwohl Annis nach den tragischen nächtlichen Ereignissen müde und erschöpft war, wollte sie sich am nächsten Morgen dem Befehl ihres Verlobten widersetzen, im Bett zu bleiben. Aber Eliza Disher führte den Auftrag Seiner Lordschaft gewissenhaft aus und verhinderte, dass ihre Herrin aufstand.
    Zum Glück wurde die unfreiwillige Muße am späteren Vormittag beendet, als der Viscount das Schlafzimmer betrat. Gelassen schlenderte er herein, wobei er den Eindruck erweckte, dies wäre sein gutes Recht und sein Besuch sogar üblich.
    Noch erstaunlicher – die normalerweise überaus prüde Zofe erhob keine Einwände. Stattdessen knickste sie höflich und ergriff das Frühstückstablett, verließ das Zimmer und schloss sogar die Tür hinter sich, um die Privatsphäre des Brautpaars zu schützen.
    “Dein Einfluss auf meine treue Gefährtin ist bemerkenswert, Deverel”, meinte Annis, nachdem er ihr eine zusätzliche Überraschung bereitet und auf der Bettkante Platz genommen hatte.
    “Ja, Miss Disher und ich verstehen uns sehr gut. Da ich ein Mann bin, vertraut sie mir wahrscheinlich nicht rückhaltlos. Aber ich glaube, sie hält mich für einen Gentleman und hofft, ich würde die Situation nicht ausnützen.”
    Trotz der bedrückenden Erinnerung an die letzte Nacht gelang Annis ein Lächeln. “Und wenn ich mich vergesse und dich in Versuchung führe?”
    Er betrachtete das züchtige, hochgeschlossene Nachthemd seiner Liebsten, das ihren Busen bedeckte, und das seidig schimmernde Haar, das sie offen trug. Am liebsten hätte er eine seidige Strähne um seinen Finger gewickelt. Aber weil er seiner Selbstkontrolle misstraute, verzichtete er sogar auf diese eher harmlose Provokation. “Nun, ich wäre dir dankbar, wenn du mich
nicht
vom Pfad der Tugend ablenken würdest … Ich bin nämlich aus ehrbaren Gründen zu dir gekommen – um dir von meinem Besuch bei den Fanhopes zu erzählen.”
    “Und?”, fragte Annis leise, als er verstummte und an die schmerzliche, aber unausweichliche Pflicht dachte, die er erfüllt hatte.
    “Nun, ich entschied, es würde niemandem nützen, die ganze Wahrheit zu erfahren, schon gar nicht der Familie Fanhope.”
    Im Gegensatz zu Deverel wollte sie der Versuchung nicht widerstehen und strich zärtlich über seine Wange. “Das war gut und richtig.”
    “Also wird die Welt annehmen, Charles Fanhope hätte sein Leben verloren, während er seinem Nachbarn half, die Pferde aus dem brennenden Stall zu bringen. Man wird ihn als einen jungen Mann in der Erinnerung behalten, der in seinem kurzen Dasein wenig Wert auf seine Ehre legte, aber vor seinem Tod Anstand und Mut bewies.”
    Annis nickte seufzend. Immerhin war es ein gewisser Trost für die leidgeprüfte Familie Fanhope, dass sie ihren Erben erhobenen Hauptes begraben konnte. “Von mir wird niemand hören, was wirklich geschah. Auch nicht von Wilks. Aber … hat Lord Fanhope dir geglaubt?”
    “Offen gestanden, daran zweifle ich”, antwortete Deverel nach einer kurzen Pause. “Jedenfalls ist er mir dankbar. Und ich vermute, er fühlt sich erleichtert. Was den Charakter seines älteren Sohnes betraf, gab er sich niemals irgendwelchen Illusionen hin. Wie du mir erzählt hast, gestand er dir freimütig, nach seiner Ansicht würde sich Giles viel besser zum künftigen Baron eignen. Nun hat das Schicksal ihm ermöglicht, den Jungen zu seinem Erben einzusetzen – was ich nicht bedauere. Ich würde es allerdings vorziehen, Lord Fanhopes Wunsch hätte sich auf andere Weise erfüllt.”
    Beschwörend drückte sie seine Hand. “Bitte, du darfst dein Gewissen nicht belasten. An der Tragödie der vergangenen Nacht trifft dich keine Schuld. Genauso gut könntest du mich oder den Baron dafür verantwortlich machen, der seinen Sohn zu nachsichtig behandelt hat.”
    “Ja, natürlich hast du recht”, stimmte er zu. “Und es ist ohnehin sinnlos, zu überlegen, was gewesen wäre, wenn … Blicken wir lieber in die Zukunft.” Ein heller Glanz verdrängte die Schatten der Trauer aus seinen Augen. “In eine wundervolle Zukunft, die wir miteinander teilen werden.”
    Plötzlich vergaß er seinen Entschluss, die Schicklichkeit zu wahren, und zog Annis an sich. Seine Lippen mieden die Stelle an ihrer Schläfe, die sein Ellbogen so unsanft getroffen hatte, und glitten an ihrer anderen Wange zu ihrem
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