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historical gold 036 - Der Flug des Falken.doc

historical gold 036 - Der Flug des Falken.doc

Titel: historical gold 036 - Der Flug des Falken.doc
Autoren: kram
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war darauf angewiesen, seine Barschaft zusammenzuhalten, denn er musste seine Burg an anderer Stelle so trutzig und wehrhaft wiedererrichten, dass die Veste uneinnehmbar wurde.
    Einst hatte er einmal dem Vater erklärt, der alte Keep sei durch die ungeschützte Lage Angriffen viel zu leicht ausge liefert, doch der berechtigte Einwand war von Hugh de Lancey als törichtes Kindergeschwätz ungnädig abgetan worden.
    Neben diesen praktischen Fragen, die sich lösen ließen, bewegte Adrian die Sorge, nunmehr das sicher entbehrungsreiche, aber beschauliche Dasein eines Dieners Gottes aufgeben zu müssen und als Baron of Warfield Herr über Hunderte von Leibeigenen und Söldnern zu sein. Nur hier, in der Abgeschiedenheit von Fontevaile, hätte er die Muße gefunden, den erbarmungslosen, zerstörerischen Zug seines Wesens zu bekämpfen.
    Seine Mutter hatte schnell erkannt, dass auf ihn das unge zügelte, aufbrausende Naturell ihres Vaters übergegangen war, und sich bemüht, ihm ein Beispiel duldsamer Nachsicht und liebevollen Verständnisses vorzuleben. Auf ihre Empfehlung hin war er ins Kloster eingetreten, da er die Weisheit ihres Rates eingesehen hatte. Schon in jungen Jahren, bei Fechtübungen oder beim Lanzenwerfen auf die hölzerne Stechpuppe, hatte er gespürt, dass ihm ein grausamer, unerbittlicher Zug zueigen war, und sich deshalb frühzeitig zur Beherrschung gezwungen.
    Eine Weile hatte er sich der Hoffnung hingegeben, beides vereinen zu können, das Leben eines erfolgreichen Kämpen und das eines den Regeln der Kirche folgenden Gläubigen. In zunehmendem Alter hatte er jedoch gemerkt, dass die Neigung zur Gewalttätigkeit ausgeprägter wurde und sich nicht wie erhofft bezähmen ließ. Im Glauben, allein im Kreise von gottesfürchtiger Menschen seine Untugenden meistern zu können, hatte er dem weltlichen Leben entsagt und in demütiger Opferbereitschaft die Erfüllung gefunden.
    Ein tiefer Seufzer entrang sich seiner Brust und verwehte als warmer Hauch in der eisigen Luft. Adrian war klar, dass er viel verlieren würde, wenn er die Abtei verließ, nicht nur die neugewonnene innere Einsicht, vielleicht sogar das Seelenheil. Das Bewusstsein, in Fontevaile ein gottgefälliges Dasein in Gebet und Arbeit führen zu können, umgeben von der strengen Schönheit der zum Lobe des Herrn errichteten Kirche, hatte ihm Zufriedenheit gegeben. Weltlichen Versuchungen war er hier nicht ausgesetzt gewesen, nur dem inneren Kampf gegen seinen Stolz, das hitzige Temperament und die Fleischeslust. Selbst in der Einsamkeit der klösterlichen Umgebung hatte er erkennen müssen, wie schwer es war, die Sünde der Hoffahrt und der Begierde nicht zu begehen.
    Doch nun stand die Rückkehr in ein ganz anderes Leben bevor, in dem die Vergehen, derer er sich schuldig gefühlt hatte, als Tugenden galten. Einem Edelmann verzieh man den Hochmut; bei einem Krieger wurde draufgängerische Verwegenheit als hervorragende Eigenschaft anerkannt, und hemmungslose Wollust war ein Zeichen großer Männlichkeit.
    Adrian sah, wie sehr er Gefahr lief, so zu werden wie sein Großvater, denn nach dem Entsetzen und dem Kummer über den Verlust der Angehörigen durchströmte ihn nun grenzenlose Freude, weil es ihm nicht vorbestimmt war, in Fontevaile zu bleiben.
    Er warf sich der Madonna zu Füßen, presste die Wange an den kalten Stein und erflehte vom Himmel die Gnade, ihm Kraft zu verleihen, aber nicht, um das Erbe antreten, Warfield schöner und unzerstörbarer aufbauen oder die unter seinem Schutz Stehenden verteidigen zu können. Das waren Dinge, die ihm gewiss nicht schwer fallen würden. Nein, er beschwor Gott, ihm die Stärke zu verleihen, sich selbst zu bezwingen.

2. KAPITEL
    LAMBOURN PRIORY, WILTSHIRE
    Im Heumonat des Jahres 1143
    Es war ein wundervoller Sommertag. Meriel de Vere blieb auf der Anhöhe stehen, nahm dem Falkenweibchen die Le derkappe ab und warf es hoch. Entzückt beobachtete sie einen Moment, wie der Vogel mit mächtigen Schwingenschlägen in die Lüfte stieg. Dann löste sie Gebende und Wimpel und ließ sich, erleichtert von dem weißen Schleier und der leinernen Stirnbinde befreit zu sein, den Wind durch die braunen Locken wehen. Sie hatte sich mit dem Auftrage sehr beeilt, um sich bei der Rückkehr Zeit lassen zu können, und nun gedachte sie, jeden Augenblick der Freiheit zu genießen. Die Ehrwürdige Mutter würde sie gewiss nicht schelten, weil sie sich verweilt hatte, da sie bisher immer sehr nachsichtig gewesen war.
    Mutter
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