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Hinterhalt

Titel: Hinterhalt
Autoren: Garry Disher
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»Harbutt.«
    »Wyatt hier. Hast du mal kurz Zeit?«
    »Und ob. Vor fünf Jahren hat’s hier das letzte Mal gebrannt. Wenn das so weitergeht, bin ich bald arbeitslos. Was gibt’s?«
    »Ich muss wissen, was so verbreitet wird.«
    »Wo bist du?«
    »Ganz in der Nähe«, erwiderte Wyatt.
    »Sehr gut. Bleib da. Überall sonst ist der Boden für dich zu heiß.«
    »Soll heißen?«
    »Soll heißen, die Cops haben Fingerabdrücke von der Farm auf der Mornington-Halbinsel, sie wissen deinen Namen und haben jeden in die Mangel genommen, der dich kennen könnte. Wenn du in Melbourne auftauchst, wird irgendeiner dich verpfeifen oder der Sydney-Bande ausliefern. Die haben Kopfgeld auf dich ausgesetzt.«
    »Das Syndikat.«
    »Genau.«
    »Und auf welcher Seite stehst du?«
    »Ich? Ich will in Würde altern und meine Freunde behalten.«
    Beide schwiegen. Schließlich sagte Harbutt: »Was die Sache mit den Lohngeldern angeht ...«
    Wyatt erklärte noch einmal, dass er das Geld nicht habe. »Nichts für ungut, aber ich würde dich nicht anrufen, wenn ich es hätte.«
    »Na immerhin haben die Presse und das Fernsehen ‘n bisschen was dran verdient. Wie viel brauchst du?«
    »Es geht nicht um Geld.«
    »Verstehe«, sagte Harbutt. Und dann: »Denken ist nicht mein Ding, Wyatt. Ich bin mehr für den Körpereinsatz. Gib mir ’nen Vorschlaghammer, ’nen Bohrer, Sprengstoff, damit kann ich was anfangen.«
    »Aber du könntest einen Kontakt herstellen, zu jemand aus der Gegend, der mein Gesicht nicht kennt.«
    Harbutt dachte kurz nach, dann sagte er: »Da gibt es ’nen Typ, für den hab ich schon ’n paar Dinger gedreht. Ray Dern. Hat ’ne Menge guter Ideen, kommt aber meistens nicht aus der Hüfte. Gibt eben zu wenig Talente hier.«
    »Arrangier ein Treffen mit ihm.«
    »Wann?«
    »Noch heute Abend.«
    »Wo?«
    Wyatt überlegte. Harbutt konnte er vertrauen, und wenn dieser Ray Dern nicht einmal seinen Namen kannte, geschweige denn sein Gesicht, war das Motel ein sicherer Ort für ein Treffen. Er erläuterte Harbutt die Details. »Um sechs«, sagte er.
    Er schlief bis drei. Dann fuhr er mit dem Bus in die Stadt. In einer Nebenstraße fand er einen Billigladen, der geöffnet hatte. Er kaufte Socken, Unterwäsche, ein Paar Jeans, ein Hemd, Windjacke und Einwegrasierer. Die ganze Kollektion war in einem dunklen Ton gehalten. Nichts passte richtig. Ihm blieben noch einhundertundsechs Dollar. Im Motel duschte und rasierte er sich und zog die neuen Sachen an. Seine alten Sachen wusch er in der Münzwaschmaschine des Motels. Hinterher legte er sich auf das Bett, dachte nach und wartete.
    Er versuchte sich vorzustellen, was für ein Typ dieser Dern war. Es war ein Bekannter von Harbutt, also war er sicher okay. Wyatt wusste, dass Berufsverbrecher seines Kalibers eine aussterbende Gattung darstellten. Es gab für sie keine Betätigungsfelder mehr. Für ihn war klar, dass Drogen, der elektronische Geldtransfer und Fortschritte in der Sicherheitstechnologie diese Entwicklung beschleunigt hatten. Jobs, bei denen es um Bares ging, wurden zunehmend rarer. Betrachtete man das Verhältnis von Risiko und Gewinn, mussten bewaffnete Raubüberfälle heutzutage als mehr oder weniger unergiebig angesehen werden.
    Es klopfte an der Tür und gleich darauf standen Harbutt und ein anderer Mann im Zimmer. Sie waren in Begleitung einer Frau.

    DREI

    Sie hatte Harbutt den Vortritt gelassen, war als Letzte hereingeschlüpft und hielt sich betont im Hintergrund. Sie legte Sanftmut an den Tag, die, das wusste Wyatt, weniger eine Frage des Charakters als ein Zugeständnis an den Mann neben ihr war. Irgendwann einmal hatte Wyatt einige Tage mit ihr verbracht und damals hatte es keinerlei Hinweise auf Sanftmut bei ihr gegeben, also musste es an dem Mann liegen. Dern war um die fünfzig und der Prototyp der überragenden, gütigen und weisen Vaterfigur in einem übergewichtigen, sinnlichen Körper. Er strahlte und streckte Wyatt seine breite, sonnengebräunte Hand entgegen.
    »Mr. Lake. Ich freue mich, Ihre Bekanntschaft zu machen. Darf ich Ihnen Thea vorstellen?«
    Thea deutete einen Knicks an, lächelte hastig und gab Wyatt die Hand. Damals hatte sie sich Maxine genannt. Sie sah ihm direkt in die Augen, eine blasse Wasserstoffblondine im engen Rock. Warnend bohrte sich der Nagel ihres Ringfingers in Wyatts Handfläche; ihre Art, ihm zu sagen, sie werde seine Identität nicht preisgeben, solange er dasselbe tue.
    »Thea also«, sagte Wyatt, und sie ließ seine Hand
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