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Hinter der Tür

Hinter der Tür

Titel: Hinter der Tür
Autoren: Henry Slesar
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gebrochen sein, als Gail mit vollem Gewicht an der Schnur hing. Yost sagt, sie hat nur eine Quetschung am Hals davongetragen.«
    »Yost? Ist das der Name des Arztes?«
    »Ja«, sagte Steve, lehnte sich in den Wohnzimmersessel und rieb seine schmerzende Schulter. »Ein freundlicher Hausarzt von der alten Sorte. Ich mag nette altmodische Ärzte mit weißem Haar.«
    »Sie haben mir noch immer nicht gesagt, warum Sie heute abend hergekommen sind.«
    »Wegen Wien«, sagte Steve trocken. »Weil zu oft von Wien die Rede war. Swann hat dort die letzten fünf Jahre gelebt, ehe er und sein Vater bei Zürich auf ihren Skiausflug gingen. Und was für ein herrlicher Zufall – auch Dr. Joel Vanner hatte in Wien studiert! Und dann das Restaurant.«
    »Welches Restaurant?«
    »Die Hostario dell‘Orso in Rom. Hübsches Lokal. Eins der besten. Tolles Essen, nette Musik, herumschlendernde Musiker, die Wiener Walzer spielen. Vermutlich hatte Piers Geschmack an solchen Sachen. Mir persönlich ist Dizzy Gillespie lieber. Wie schmeckt Ihnen der Kaffee, Lieutenant? Selbst gekocht. Ob Sie‘s glauben oder nicht, die Haushälterin schläft immer noch.«
    Baldridge grinste: »Fast so gut wie unserer«, sagte er.
    Das Telefon klingelte. Baldridge wußte, daß der Anruf für ihn war; er hatte Sergeant Shuster gebeten, ihn vom Krankenhaus anzurufen. Shuster war verläßlich. Baldridge hörte sich seinen Bericht an und informierte dann Steve. Calvin Shanks würde in den nächsten Wochen als bandagierte Mumie herumlaufen, aber er war außer Gefahr. Neben Abschürfungen und Quetschungen, die er sich bei seinem beschleunigten Ausstieg aus dem Plymouth zugezogen hatte, war seine einzige Verletzung ein böse verstauchtes Fußgelenk. Und das, so hatte es den Anschein, stammte von einem Sturz innerhalb des Gunnerson-Hauses.
    »Swann hat den Mann tatsächlich vorgeschickt«, fuhr Baldridge fort. »Shanks sagt, er wollte den Schock nachvollziehen, der Miss Gunnerson als Kind aus dem Gleis geworfen hat.«
    »Aber das war nicht seine wirkliche Absicht«, sagte Steve. »Swann hatte nichts zu gewinnen, wenn er Gail in den Wahnsinn trieb – und er war bestimmt zu schlau, um sich diese Fähigkeit anzumaßen. Er hoffte nur, sie überzeugen zu können, daß sie langsam den Verstand verlor – und sie dazu zu bringen, sich umzubringen. Als das nicht klappte, griff er zum Do-it-your- self. Hören Sie, hat Shanks gesagt, warum er sich in den Wagen gesetzt hatte?«
    »Er konnte nicht mehr gehen, als er das Haus verließ. Er wußte, daß er es nicht zur U-Bahn schaffen würde, also stieg er hinten in den Plymouth und krümmte sich zusammen wie ein verwundetes Tier – der Vergleich dürfte ziemlich hinhauen. Swann erfuhr von seinem blinden Passagier erst, als sie schon unterwegs waren – und als er ihn sah, muß er zu heftig reagiert haben.«
    »Ja«, sagte Steve. »So würde ich es auch nennen.«
    Gleich darauf kam Dr. Yost nach unten. Steve stand so hastig auf, daß er seine Kaffeetasse umwarf; das Getränk war aber so stark geraten, daß kaum etwas auslief. Yost war nicht gerade begeistert, daß seine Patientin schon wieder gestört werden sollte, aber Steve flehte ihn so wortgewandt an, daß er schließlich nachgab.
    Als Steve das Zimmer betrat, betrachtete Gail den Puh-Bär, der am Fußende ihres Bettes lag. Aber dann widmete sie Steve ihre ganze Aufmerksamkeit. Den Mund dicht an sein Ohr gelegt, sagte sie: »Aber ist es nicht seltsam, Steve? Ist es nicht wirklich seltsam?«
    »Was?«
    »Daß er mir letztlich doch geholfen hat. Der schreckliche Piers hat mir geholfen. Ich glaube, ich werde mich nie wieder fürchten. Weder vor Türen noch vor Gespenstern oder Kobolden oder Löwen oder Tigern.«
    »Ganz recht«, sagte Steve, hob den Stoffbären unauffällig an einer Pfote hoch und ließ ihn auf den Teppich fallen.
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