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Himmelssturz

Himmelssturz

Titel: Himmelssturz
Autoren: Alastair Reynolds
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sagen würde.
    »Ich bin Bella Lind«, sagte sie, »und Sie sehen CNN.«

 
ERSTER TEIL
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2057+

 
Eins
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    Parry Boyce blickte von der gewellten roten Oberfläche des Kometen auf. Er klappte sein Helmfernglas herunter, schaltete es auf mittlere Vergrößerung und wartete, bis sich das Bild stabilisiert hatte.
    Nur ein winziger Hauch Schubkraft hielt die fünfzigtausend Tonnen des Schiffs über Parrys Kopf. Der kostbare Massentreiber war jetzt zu voller Länge ausgestreckt, aber immer noch längsseits an die Rockhopper angekoppelt. Ein Schwarm aus flackernden blauen Lichtern am Kopf des Treibers zeigte, dass sich rund um die blockierte Einsatzausrüstung immer noch etwas tat. Die Reparaturen wurden von chromgelben Robotern übernommen, über denen eine winzige Gestalt im Raumanzug schwebte. Er wusste, dass es Svetlana war, bevor sein Helm ein Symbol neben ihr einblenden konnte.
    Sie waren nicht im Guten auseinander gegangen. Er hatte ihr wegen der Reparaturarbeiten Ärger gemacht, aber nur, weil Bella ihm Ärger gemacht hatte. Es machte ihnen allen schwer zu schaffen, hier festzusitzen und nichts tun zu können.
    Parry stand am hell ausgeleuchteten Rand des Lochs, das er in die Haut des Kometen geschnitten hatte. Der zylindrische Schacht war geometrisch perfekt, ein Element der Ordnung in der ansonsten chaotischen Landschaft der Kruste. Die hundert Meter tiefe und fünfzig Meter durchmessende Wandung war bereits mit einer sauberen, laserglatten Schicht aus gehärtetem blaugrauem Sprühstein verkleidet.
    Er rief ein Musikstück aus den Dateien des Orlan-19 ab und verlor sich im erhebenden Quawwali von Nusrat Fateh Ali Khan. Nach einiger Zeit – es mochten Minuten oder auch Stunden gewesen sein – zeichnete sich im Flutlicht der Schatten einer weiteren sich bewegenden Gestalt im Raumanzug ab. Sie musste soeben aus einem der kuppelförmigen Oberflächenzelte gekommen sein, die zwanzig Meter vom Rand des Schachts entfernt aufgebaut waren. Hinter den Zelten standen die gespreizten Beine der kantigen Cosmic Avenger, der schweren Landeeinheit, die sie von der Rockhopper hergebracht hatte.
    Parry versuchte die Person am Gang zu erkennen, bevor seine Ausrüstung sie identifizieren konnte. Feldman und Shimozu bewegten sich mit der Vorsicht und Sparsamkeit von Unterwasserarbeitern – sie waren vorher in der Meeresabteilung von DeepShaft auf der Erde tätig gewesen. Mike Takahashi jedoch war durch und durch Raumfahrer. Selbst wenn er einen dreißig Jahre alten ausgemusterten russischen Orlan-19 mit dem Ballast von fast einer Tonne abgereichertem Uran trug, bewegte er sich mit weiten anmutigen Sprüngen, ohne Angst, für längere Zeit den Kontakt zur Oberfläche zu verlieren.
    Das Helmdisplay markierte Takahashis Anzug und hängte seinen Namen in pulsierenden blauen Buchstaben an, begleitet von einem Gesichtssymbol im Manga-Stil.
    »Hübsches Loch.«
    »Danke«, sagte Parry.
    »Aber es wird nicht hübscher, wenn du es die ganze Zeit nur anstarrst.«
    »Ich überlege, ob man die Beschichtung verstärken sollte«, sagte er, die Hände in die Hüften gestemmt. »Vielleicht mit einem kleinen Klecks da drüben.«
    Takahashi stand neben ihm, sodass ihre klobigen Schatten in den Abgrund fielen. Er spielte am liebsten estnische Choräle. Parry hörte die Musik über die Sprechverbindung.
    »Wir brauchen dich drinnen«, sagte Takahashi.
    Parry fragte sich, was los sein mochte. Takahashi hätte ihn problemlos rufen können, ohne sich persönlich zu ihm zu begeben.
    »Worum geht es?«, fragte er, während sie zum Zelt zurückgingen.
    »Keine Ahnung. Irgendwas geht kaputt. Hast du das Schiff in letzter Zeit überprüft?«
    »Vor einer Weile.«
    »Vielleicht solltest du es dir noch einmal ansehen.«
    Parry klappte erneut das Fernglas herunter. Die Rockhopper sprang ihm entgegen, als sich die Linsen justiert hatten. Alles sah genauso wie vorher aus, nur dass die flackernden Schweißfackeln am Kopf des Treibers verschwunden waren. Auch von Svetlanas schwebendem Anzug war nichts mehr zu sehen.
    »Interessant«, sagte er.
    »Gut oder schlecht?«
    Parry ließ das Fernglas wieder einfahren. »Lässt sich so noch nicht sagen.« Er griff nach der Zelttür und zog sie weit genug auf, damit die beiden Männer eintreten konnten.
    Im Zelt gab es keinen Atmosphärendruck. Es war eine verfestigte kuppelförmige Unterkunft. Das Material war von einem supraleitenden Geflecht durchzogen, um einen minimalen Schutz gegen geladene
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