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Himmel un Ääd (German Edition)

Himmel un Ääd (German Edition)

Titel: Himmel un Ääd (German Edition)
Autoren: Brigitte Glaser
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Großmarkt. Dann kann ich mich danach noch ein paar Stunden aufs Ohr
hauen.«
    Ich wartete, bis
Adela, die Pumps unter den Arm geklemmt, die Haustür geöffnet hatte, dann fuhr
ich los.
     
    Ein zarter
Grauschleier kündigte das Ende der Nacht an, und auf dem Rhein hing silberner
Tau. Die Deutzer Brücke gehörte nur mir allein. Auf der anderen Seite des
Flusses ragten die imposanten Kranhäuser ins Wasser, dahinter verschwamm das
Siebengebirge im morgendlichen Dämmerlicht. Köln war selten so schön wie in
dieser sommerlichen Frühe. Nur da besaß die Stadt die Eleganz einer in Würde
gealterten Dame, die Neuem gegenüber durchaus aufgeschlossen war.
    Aber die Schönheit
der alten Lady Köln interessierte mich an diesem Morgen nicht die Bohne, mich
beschäftigte die Sache mit Mombauer. Nicht die Frage, ob er umgebracht worden
war oder nicht. Wenn einer mit einundachtzig auf dem Weg zum Pinkeln an
Herzversagen starb, dann war das eindeutig, da gab es für mich nichts zu
rütteln, mochte Adela unken, so viel sie wollte. Nicht die Umstände seines
Ablebens machten mir Sorgen, sondern die Tatsache, dass er tot war.
    Mombauer war
nämlich mein Vermieter. Natürlich wusste ich, dass ein Mietvertrag mit dem Tod
des Vermieters seine Gültigkeit nicht verlor, aber mein Pachtvertrag für die
»Weiße Lilie« lief Ende des Monats aus. Noch vor ein paar Tagen hatte Mombauer
mir eine Verlängerung um zehn Jahre angeboten, aber aus leidvoller Erfahrung
wusste ich um das ewige Auf und Ab in der Gastronomie und wollte mich nicht
durch einen langfristigen Vertrag knebeln lassen. Fünf Jahre hatte ich
vorgeschlagen. Weil wir uns nicht einigen konnten, vertagten wir eine
Entscheidung, und jetzt hatte ich den Salat. Was, wenn die Erben das Haus in
der Keupstraße nicht behalten, sondern verkaufen wollten? Was, wenn sie für die
Pacht einen unverschämten Preis fordern würden? In beiden Fällen hatte ich eine
unglaublich miese Verhandlungsbasis.
    Rückblickend weiß
ich, dass mich die Sorge um die »Weiße Lilie« blind und taub machte für alles
andere, was um mich herum geschah.
    Das ist das
Heimtückische an Katastrophen: Damit sie mit voller Wucht zuschlagen können,
schicken sie als Vorhut gern ein kleines Unheil vorbei. Während man dieses mit
voller Kraft aus der Welt zu schaffen sucht, bauen die Katastrophen aus dem
geschützten Hintergrund heraus die wirklich harten Nummern auf.
    Ecki meldete sich,
als ich vor dem Schokoladenmuseum durch die erste rote Ampel gestoppt wurde.
    »Jetzt hat's doch
noch so lang gedauert! Wie schaut's aus? Brauchst mich noch?«
    »Mombauer ist
tot«, überfiel ich ihn. »Herzstillstand. Er ist einfach umgekippt.«
    »Dumm, hast den
Vertrag nicht unterschrieben«, brachte Ecki mein Problem mit Mombauer auf den
Punkt. »Aber wer weiß, wofür's gut ist?«
    Für mich auf gar
keinen Fall.
    »Mach dir nicht
ins Hemd, Kathi! Bist eine solvente Pächterin mit einem gut laufenden Beisel.
So eine will man behalten, nicht rausschmeißen. Wenn nicht, mach was Neues.
›Schiffsschaukel‹, Catering, was weiß ich! 's geht im Leben immer weiter.«
    Ecki und sein
ewiger Optimismus! Er konnte gut daherreden, mit der »Weißen Lilie« hatte er
eigentlich nichts am Hut. Allein hatte ich die aufgebaut, als der Traum von
unserem gemeinsamen Restaurant geplatzt war. Dafür Kredite aufgenommen, die
noch lange nicht abbezahlt waren. Ich hatte mich durch die schlechte
Anfangszeit gekämpft, einen Kundenstamm gewonnen, mir als Köchin einen Namen
gemacht. Viel Schweiß und Tränen, viele endlose Arbeitstage, viele schlaflose
Nächte. So was klopfte man nicht einfach in die Tonne.
    »'s wird einen Weg
geben, Kathi, 's gibt immer einen. Mach dich nicht verrückt, bevor's einen
Grund dafür gibt. Ungelegte Eier bleiben ungelegte Eier.«
    Manchmal übertrug
sich etwas von Eckis Salzburger-Nockerln-Leichtigkeit auf mich, so wie jetzt.
Warum immer mit dem Schlechtesten rechnen? Vielleicht würde ich mit Mombauers
Erben schnell handelseinig werden? Vielleicht konnte ich sie im Preis sogar ein
wenig drücken? In etwas besserer Stimmung fuhr ich weiter zum Großmarkt.
    Noch schlief die Stadt,
die Straßen im frühmorgendlichen Köln waren auto- und menschenleer, die U-Bahn-Baustelle
an der Bonner Straße verwaist, in dem grauen Betonklotz Ecke Schönhauser Straße
nirgendwo ein Licht. Aber gegenüber auf dem Großmarkt hatte der Tag längst
begonnen.
    Holländische Lkws
spuckten ihre Ladungen aus, Gabelstapler kurvten in
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