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Hilflos in deinen Armen

Hilflos in deinen Armen

Titel: Hilflos in deinen Armen
Autoren: MARGARET MOORE
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die allgemeine Reinlichkeit in der Feste Bayard nicht unbeeindruckt, doch kam ihm eines nicht geheuer vor: Die Stille und das Fehlen von Gesinde – oder zumindest ließ sich niemand der Dienstboten sehen. Keiner, der aus dem Fenster oder durch eine Tür spähte, obwohl die Ankunft der Neuankömmlinge alles andere als lautlos verlief. Entweder hatte man hier die am wenigsten neugierigen Knechte und Mägde, denen er je begegnet war, oder seine Begleiterin regierte das Gut mit eiserner Faust.
    Eine Hälfte der Bogenschützen schirmte inzwischen den Innenhof ab, die Pfeile mit den gekerbten Spitzen auf die kopfsteingepflasterte Fläche gerichtet, die mittlerweile von einem Spalier aus weiteren Burgsoldaten gesichert wurde. In der Hofmitte stand ein Hüne mit einem Oberkörper wie ein Bierfass, das Gesicht glatt rasiert, die Miene grimmig, das Haar bereits von grauen Fäden durchzogen. Barhäuptig, aber ansonsten in vollem Harnisch, hatte er sich dort aufgebaut und machte Front zum Tor, als sei er bereit, sich einem Angriff ganz allein entgegenzustellen.
    Vermutlich, so Bayard, der Hauptmann der Burgwehr.
    „Mylady“, grüßte der Hüne mit schottischem Akzent und musterte den Gast von Kopf bis Fuß.
    Ein Schotte? Das war interessant. Während der Kämpfe in Frankreich, als König John seine verloren gegangenen Besitzungen zurückzuerobern versuchte, hatte Bayard die Schotten schätzen gelernt.
    „Sir Bayard, das hier ist Iain Mac Kendran, der Hauptmann meiner Burggarnison“, erklärte Lady Gillian mit dem Anflug eines Lächelns. „Er ist verantwortlich für den guten Ausbildungsstand meiner Wehr.“
    Offenbar mochte sie den Schotten, was ebenfalls interessant war. So manche Burgherrin behandelte ihre Beschützer kaum besser als einen Jagdhund oder Jagdfalken. „Es ist mir eine Ehre.“
    Der Schotte reagierte mit einem abfälligen Schnauben – abermals ein Verhalten, das Sir Bayard nicht gewohnt war.
    „Er bringt Kunde von Lady Adelaide“, erklärte die Burgherrin, derweil Bayard Mühe hatte, sich seinen Unmut nicht anmerken zu lassen. Auch bezüglich des Garnisonshauptmanns hätte Armand ihn vorwarnen können.
    Der hob inzwischen die buschigen, grauschwarzen Augenbrauen. „Ach, tatsächlich?“
    „Allerdings“, bekräftigte Bayard, wobei er eine Spur von Missfallen über den dreisten Ton mitschwingen ließ. „Euer Hauptmann verdient eine Auszeichnung, Mylady. Trotz seiner Sehschwäche trägt er eine große Verantwortung.“
    „Mit meinen Augen ist alles in Ordnung“, knurrte der Schotte und runzelte etwas verwirrt die Stirn.
    Ironisch lupfte Bayard nun seinerseits die Augenbraue. „Den Eindruck hatte ich nicht. Unten an Eurem Kettenhemd ist ein Rostfleck.“
    Der Schotte senkte den Blick, die Lady ebenso. Bayard gestatte sich ein leises, befriedigtes Schmunzeln, als der Schotte rot anlief, weil er unten an seinem Hauberk tatsächlich drei Rostflecken erspähte.
    Das ließ Bayards dunkle Augen noch amüsierter und herausfordernder blitzen. „Und noch eins fiel mir auf, Mylady. Wir sind noch nicht dazu gekommen, den Begrüßungskuss auszutauschen.“

2. KAPITEL
    Bayard war gespannt, wie Lady Gillian auf seinen milden Rüffel wohl reagieren mochte. Allerdings wunderte er sich nicht, als sie mit herausfordernd blitzenden grünen Augen auf ihn zutrat, sich forsch auf die Zehenspitzen stellte und ihn schwungvoll auf beide Wangen küsste. Als sie sich von ihm löste, waren ihre eigenen runden Wangen mehr als nur zartrosa angelaufen.
    „Ei, wie stürmisch!“, bemerkte er, den Blick in ihre Augen versenkt. „Vielleicht bin ich am Ende ja doch noch entzückt, dass man mich nach Averette geschickt hat.“
    Während sie noch tiefer errötete, öffnete sich das Tor zum Burgsaal, und ein Mann erschien auf der Schwelle. Er war etwa so alt wie Bayard und trug eine bodenlange Tunika. Man hätte ihn für den Burgkaplan halten können, doch fehlte ihm die Tonsur. Außerdem sah er das Burgfräulein auf eine Weise an, die beileibe nicht priesterlich fromm zu nennen war.
    Auch das fand Bayard interessant. Vielleicht hatte ihn sein erster Eindruck von Lady Gillian ja getäuscht, betrachtete man ihren herzhaften Begrüßungskuss und die offensichtliche Zuneigung des jungen Mannes da drüben. Bislang hatte Bayard sie eher für eine jener Adelstöchter gehalten, die hervorragend zur Nonne taugten.
    Nun, sei’s drum, es tat ohnehin nichts zur Sache. Er war auf Armands Bitte hin hier und aus diversen anderen Gründen, nicht
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