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Hibiskusblüten

Hibiskusblüten

Titel: Hibiskusblüten
Autoren: Alexander Borell
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fragen.
    „Sie macht sich überhaupt nichts draus“, sagte er, „und ich habe sie noch nie drin angetroffen. Meinen Sie denn, daß...“
    „Nein, nein“, rief ich rasch, „ich muß nur ein paar solche Fragen stellen. Das gehört dazu. Wie steht’s denn mit Ihrem Personal hier im Hause?“
    „Ich habe auch noch nie bemerkt, Mister Stretcher, daß sich jemand außer dem Gärtner und mir für die Blumen interessiert.“
    „Ich möchte nachher mit allen einzeln sprechen; vor allem mit Ihrem Gärtner.“
    „Der war’s aber bestimmt nicht“, erklärte er mir.
    „Kann sein“, sagte ich, „ich kann das vorerst noch nicht beurteilen. Aber ich möchte trotzdem mit ihm sprechen. Immerhin hatte er doch jederzeit Zutritt zu dem Treibhaus. Kann ich ihn gleich sprechen?“
    Der Alte schüttelte ärgerlich den Kopf.
    „Aber wenn ich Ihnen doch sage, daß er’s nicht war! Joe ist ein Blumenfreund. Niemals würde er eine Blüte abreißen, und ich lege meine Hand für ihn ins Feuer.“
    Ich dachte an einen Fall, der sich vor zwei Jahren zugetragen hatte, und wo ein Diener seinen Herrn so aufopfernd pflegte, daß dieser Herr ihn zum alleinigen Erben machte; der Herr hatte aber keine Ahnung, daß es der gleiche Diener war, der ihn langsam aber sicher vergiftete.
    „Ich denke mir viel eher“, sagte der alte Herr, „daß der Dieb nicht hier im Haus zu suchen ist.“
    „Ich hoffe das auch“, sagte ich, „aber ich möchte nun trotzdem mit dem Gärtner zuerst sprechen.“
    Der alte Mann schoß mir einen unwilligen Blick zu, hob den Telefonhörer ab und beorderte den Gärtner zu sich. Ich stand auf und sagte: „Nehmen Sie’s mir bitte nicht übel, Mister Pickles, aber ich möchte lieber allein mit dem Gärtner sprechen. Er ist dann unbefangener, und ich bekomme einen natürlichen Eindruck.“
    Er murmelte etwas vor sich hin, dann sagte er: „Wie Sie wollen.“
    Ich verließ ihn und wartete vor dem Haus auf den Gärtner.
    Er hieß Joe Lumbert und war ein gemütlich aussehender kleiner Mann mittleren Alters. Er sah wirklich so aus, als ob er keiner Pflanze etwas zu Leide tun könne. Als ich ihm gesagt hatte, weshalb ich hergekommen war, ließ er zunächst einmal eine Flut von sehr beachtlichen Schimpfworten los, die sich alle auf den Dieb bezogen. Schließlich erklärte auch er mir, daß es ihm völlig rätselhaft sei, wer so etwas tun könne.
    Wir gingen ein Stückchen in den Garten, wo in einer schattigen Ecke Gartenstühle standen, und setzten uns.
    Offenbar hatte Joe Lumbert mit dieser Schimpfwortflut seine ganze Munition verschossen; ich mußte ihm jetzt jedes Wort einzeln aus seinen miserablen Zähnen ziehen. Diese schlechten Zähne erinnerten mich an die silbernen von Mister McFellow, den ich dann auch noch mal verhören wollte.
    Ich fragte Joe, was er von diesem Sekretär halte, doch der Gärtner zuckte mit den Schultern.
    „Nie um ihn gekümmert“, sagte er.
    Hierauf fragte ich ihn, ob er vielleicht irgendeinen anderen Verdacht habe, er könne ihn ruhig aussprechen, da ich alles für mich behalten würde.
    Er schüttelte stumm den Kopf.
    „Raus mit der Sprache“, sagte ich, „ich kann meinen Mund halten.“
    Er schüttelte wieder den Kopf. Er glich einem Büffel, den die Fliegen ärgern.
    „Ich will nichts gesagt haben“, murmelte er endlich, „aber vielleicht macht sich jemand Haarwasser draus.“
    „Haarwasser? Wer? Mrs. Buttom?“
    „Ich habe nichts gesagt, Sir.“
    „Natürlich nicht. Und wenn Sie mehr erzählen, dann wüßte ich’s auch nicht von Ihnen. Also los — wie ist das mit dem Haarwasser?“
    „Vor drei Jahren“, sagte er, „da war sie noch nicht geschieden, da wollte sie von mir Heliotropblüten haben, um sich ein Haarwasser draus zu machen. Und dann hat sie sich einmal aus Brennesseln Salat gemacht, und sie ißt doch jede Woche zweimal Rohkost. Vielleicht hat sie die Blüten auch gegessen. Wer sonst könnte es denn gewesen sein? Vielleicht wollte sie auch nur den Chef ärgern.“
    „Mögen sich die beiden nicht?“
    Der Gärtner schaute sich um, ob niemand in der Nähe sei. Aber es kamen nur die beiden Pfauen, die uns entdeckt hatten.
    „Der Chef“, sagte er, „ist mächtig anständig zu ihr. Er hat sie gleich nach der Scheidung wieder hier aufgenommen. Er ist überhaupt eine Seele von Mensch. Aber sie — früher war sie ganz anders, aber seit sie geschieden ist, kann sie sich selber nicht mehr leiden. Und ihr Mann war auch so ein Kerl, der sich dauernd irgendeine Blüte
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