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Hibiskusblüten

Hibiskusblüten

Titel: Hibiskusblüten
Autoren: Alexander Borell
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Ich rechnete mir aus, daß ich noch so zirka dreißig Dollar nachfordern können würde.
    Das alles hatte sich gestern abgespielt. Den Nachmittag hatte ich, glühend vor Arbeitseifer, dazu verwendet, mich ein wenig über die Person Mister Pickles zu informieren. In der Redaktion eines kleinen Skandalblattes, das unter dem vielsagenden Titel We Know Something einmal wöchentlich erscheint, habe ich gottlob einen Bekannten sitzen.
    Dieses Blatt weiß tatsächlich einiges, weshalb es von jedermann beschimpft und — gekauft wird.
    Sie wußten dort auch einiges über Mister Joshua Pickles, aber was sie wußten, war nicht viel. Er hatte tatsächlich mit seiner Eiskrem ein Vermögen erworben. Das heißt, eigentlich nicht mit seiner Eiskrem, sondern mit einem Prozeß. Noch vor zehn Jahren war Joshua Pickles ein ganz kleiner Mann gewesen, der morgens mit einer Maschine sein Eis herstellte, das er nachmittags bei Sportveranstaltungen verkaufte. Dann aber hatte er etwa achttausend Dollar geerbt. Für diese Summe hatte er sich nicht etwa weitere Eismaschinen angeschafft, sondern er kaufte sich damals ein paar nette Leute, die ihn verklagten, weil er angeblich in seinem Speiseeis Sacharin verwendete.
    Joshua Pickles sorgte nun dafür, daß dieser Prozeß in der Öffentlichkeit bekannt wurde, und er gewann ihn selbstverständlich, da er niemals Sacharin in sein Eis getan hatte. Hierdurch wurde in wenigen Tagen „Pickles Eiskrem mit reinem Zucker“ zu einem Begriff, und ein Jahr später schluckte er, ohne größere finanzielle Beschwerden, seinen Hauptkonkurrenten. Wieder ein Jahr später hatte er sich das Haus in den Bergen gebaut, wo er mit seiner Schwester, einer Witwe, zusammenlebte. Diese Witwe, Mrs. Ellinor Clearney, war, im Alter von zweiundsechzig Jahren, im vorigen Sommer gestorben. Im folgenden Herbst hatte Mister Pickles einen Preis für einen übergroßen Kürbis auf der landwirtschaftlichen Ausstellung bekommen. Sonst war nichts über ihn bekannt, woraus ich schloß, daß er zur Zeit sehr zurückgezogen lebte.
    Sein Grundstück lag an einem Südhang und war von einer großen Mauer umgeben. Die Mauer allein mußte ihn mindestens fünfzigtausend Dollar gekostet haben.
    Der Stil des Hauses entsprach genau dem, was ich mir von einem blumenzüchtenden Speiseeisfabrikanten erwartet hatte: es sah aus wie ein Klotz aus Vanille- und Himbeereis, rosa und gelblich, mit vier kleinen weißen Türmchen auf dem Dach, wobei man unwillkürlich an Schlagsahne denken mußte. Dieses Haus hatte, meiner Schätzung nach, bestimmt nicht weniger als zwanzig Räume.
    Das schmiedeeiserne Tor zum Garten stand offen. Die Blumenbeete links und rechts des Fahrweges zum Haus zeugten von der Ordnungsliebe des alten Herrn. Die Blumen waren nach Farben streng getrennt, die einzelnen Pflanzen sauber in Reih und Glied ausgerichtet, und überall steckten kleine Täfelchen mit lateinischen Namen.
    Als ich meinen alten Chevrolet vor dem Hause ausrollen ließ — meine Bremsen quietschten, und ich benützte sie nur im Notfall —, kam mir ein junges Mädchen von etwa acht bis zehn Jahren entgegen. Ich hatte noch nie in meinem Leben ein so hübsches Kind gesehen!
    Sie hatte lange, gelockte schwarze Haare, einen gelbbraunen Teint und große schwarze Augen. Sie trug ein weißes Blüschen ohne Ärmel und ein sehr kurzes buntes Röckchen, das ein wenig abstand. Sie hatte die langen Beine eines ganz jungen Fohlens und bewegte sich genauso schlaksig.
    Sie kam an den Wagen heran, schaute zu wie ich ausstieg, und ich sagte ihr höflich guten Tag.
    Sie nickte ein wenig und fragte: „Sind Sie der Detektiv?“
    „Ja.“
    „Aha. Und Sie sollen herausfinden, wer die Blumen gestohlen hat?“
    „Ja“, sagte ich, „und ich werde es auch herausfinden. Im übrigen heiße ich Allan. Und du?“
    „Eve“, sagte sie, „Eve Buttom. Wie wollen Sie das denn machen?“
    „Das weiß ich noch nicht“, sagte ich. „Ich werde mir mal das Treibhaus anschauen. Vielleicht findet man dort Spuren.“
    „Spuren?“
    „Ja. Jeder Dieb hinterläßt irgendwelche Spuren. Entweder von seinen Füßen oder von seinen Fingern, oder er verliert etwas — kurz, man findet meistens etwas, und dann kann man herausbringen, wer es getan hat.“
    „Hm“, machte sie. „Und wenn Sie’s herausgebracht haben, dann sagen Sie es Onkel Joshua?“
    „Natürlich.“
    „Und dafür bekommen Sie einen Haufen Geld?“
    „Nicht gerade einen Haufen Geld, aber immerhin so etwa fünfzig
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