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Heyne Galaxy 02

Heyne Galaxy 02

Titel: Heyne Galaxy 02
Autoren: Walter (Hrsg.) Ernsting
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abgenommen.« Paulas Stimme war tränenerstickt. »Andy, sie haben dir den Gürtel abgenommen. Du brauchst ihn nicht mehr. Du bist gesund, richtig gesund. Ein Wunder…«
    »Ein Wunder …?«
    Sie beugte sich zu ihm und nahm ihn in die Arme. Sie hatten sich seit einem Jahr nicht mehr so umarmen können, seit der Unfall passierte. Jener Unfall, der sein Rückgrat an mehreren Stellen gebrochen hatte. Er war zweiundzwanzig gewesen, als das geschah.
    Drei Tage später konnte er das Hospital verlassen.
    Nach der langen Zeit, die er in der weißen und desinfizierten Welt verbracht hatte, erschien ihm das Leben in der Stadt doppelt lebenswert. Andy hatte sich in seinem ganzen Leben noch nie so wohl gefühlt, und er spürte, wie seine alten Kräfte zurückkehrten. Bernstein hatte zwar von Ausruhen gesprochen und ihm die üblichen Ermahnungen mit auf den Weg gegeben, aber schon eine Woche nach der Entlassung aus dem Krankenhaus waren die beiden auf dem Tennisplatz.
    Andy war schon immer ein guter Spieler gewesen, aber seine steife Vorhand hatte schon dafür gesorgt, daß er nie mehr als ein guter Amateur wurde. Jetzt aber war das alles ganz anders. Nach kurzer Zeit schon gab es keinen im Club mehr, der es mit ihm aufnehmen konnte. Kein Ball entging ihm, und sein Netzspiel war derart, daß er jeden hervorragenden Partner zum blutigen Anfänger degradierte.
    Selbst Paula, die im College einige Meisterschaften errungen hatte, kam nicht mehr gegen ihn an. Lachend gab sie auf und sah zu, wie er einen Favoriten nach dem anderen besiegte. Andy fühlte, daß nicht die Medizin allein, sondern wirklich ein Wunder ihn gerettet hatte.
    Auf dem Heimweg sprachen sie darüber, fröhlich und unbeschwert wie Kinder. Andy, der mit seinem Beruf alles andere als zufrieden war, überlegte sich, ob er nicht eine andere Laufbahn einschlagen sollte. Vielleicht Tennis?
    Um sicherzugehen, daß nicht alles Zufall war, gingen sie auch am nächsten Tag in den Club. Sie hatten Glück. Ein Davispokalsieger war Ehrengast. Andy forderte ihn heraus – und gewann.
    An diesem Abend sagte Andy zu Paula, die auf seinem Schoß saß:
    »Nein, Kleines, ich betrachte Tennis wirklich nur als Spiel, und ich könnte mir nicht vorstellen, daß es ein Beruf für mich wäre.« Zärtlich streichelte er ihr langes Haar. »Vielleicht würde ich sogar alle Preise und Pokale gewinnen, aber es wäre kein Leben für mich, für uns. Viel lieber würde ich malen.«
    »Malen?« Ihr Gesicht verriet Erstaunen. »Du hast in deinem ganzen Leben noch kein gutes Bild zustande gebracht. Du glaubst doch nicht im Ernst, daß du damit Geld verdienen könntest?«
    »So schlecht bin ich auch nicht, Paula. Vielleicht könnte ich mit gutbezahlten Illustrationen beginnen – das wäre ein Anfang. Wenn wir dann aus dem Gröbsten 'raus wären, könnte ich so malen, wie es mir gefällt.«
    »Du willst mich wohl auf den Arm nehmen? Nachher sitze ich allein hier im Haus, weil du Kind und Frau verlassen hast, um in der Südsee nach geeigneten Motiven zu jagen.«
    »Welche Kinder?«
    Sie befreite sich aus seinem Griff, ging zum Kamin und legte die Scheite zurecht. Als sie zu ihm zurückkehrte, war ihr Gesicht gerötet. Es kam nicht allein von der Hitze des Feuers. Sie hatte ihm eine Nachricht mitzuteilen.
    Andrew Hills junior wurde im September geboren. Zwei Jahre später lag Dennis in derselben Wiege und wurde Nesthäkchen. Zu dieser Zeit signierte Andy bereits die Titelbilder der bekanntesten amerikanischen Magazine und wurde gut dafür bezahlt. Außerdem war er der bekannteste Tennisamateur.
    Als Andrew junior drei Jahre alt geworden war, stellte sich ein weiterer Erfolg für Andy ein – nicht auf dem Titelblatt der »Saturday Evening Post«, sondern im Museum für moderne Kunst. Seine erste Ausstellung erregte derartiges Aufsehen, daß die »New York Times« ihr die erste Seite widmete. Im Haus der Hills fand an diesem Abend eine private Feier mit guten Freunden statt. Man verbrannte alte Magazincovers und schüttete die Asche unter fröhlichem Gesang in eine tönerne Urne.
    Schon vier Wochen später zogen sie um. Sie besaßen nun ein kleines Haus auf den Hügeln von Westchester. Das Atelier hatte eine Glaswand nach Norden und war so groß wie ihre ganze frühere Wohnung.
    Mit fünfunddreißig entschloß sich Andy, eine politische Karriere zu beginnen. Sein Ruf als Künstler machte es ihm leicht, in den Stadtrat aufgenommen zu werden, ganz davon abgesehen, daß er immer noch ein guter Tennisspieler
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