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Heyne Galaxy 01

Heyne Galaxy 01

Titel: Heyne Galaxy 01
Autoren: Walter (Hrsg.) Ernsting
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verschwunden.
    »Auch ich habe einen Toast«, sagte er. »Auf jemand, den ihr nicht kennt, der aber ein Recht darauf hätte, heute bei uns zu sein.«
    »Trinken wir auf Kiiskinen«, sagte Gulyas.
    Er hatte die Logbücher des Schiffes gelesen und wußte von der Tragödie, die sich ereignet hatte.
    »Danke. Auf Kiiskinen!« nickte Hautamaki.
    Sie tranken.
    »Wir hätten ihn gern kennengelernt«, sagte Tjond. In ihrer Stimme schwang eine Spur weiblicher Neugier.
    »Er war ein feiner Kerl«, versicherte der Kommandant, und er schien froh darüber zu sein, endlich über das bisher ängstlich vermiedene Thema sprechen zu können. »Zwölf Jahre waren wir auf diesem Schiff zusammen.«
    »Hatten Sie … hatten Sie Kinder?« fragte Tjond.
    »Sei nicht so neugierig!« fuhr Gulyas seine Frau an. »Vielleicht ist es besser, wir wechseln das Thema und …«
    Hautamaki hob die Hand.
    »Ich verstehe Ihre Neugier, Tjond«, sagte er. »Sie ist natürlich. Wir Männer haben ein gutes Dutzend Planeten besiedelt, und unsere Sitten werden Sie interessieren. Wir sind eine Minderheit, aber wenn unsere Gewohnheiten Sie verwirren, so ist das nur Ihre eigene Schuld. Finden Sie es merkwürdig, zweigeschlechtlich zu sein? Würden Sie Ihre Frau in aller Öffentlichkeit küssen?«
    »Und ob!« sagte Gulyas und tat es.
    »Dann werden Sie auch verstehen, was ich meine. Wir empfinden ähnlich und handeln entsprechend, obwohl unsere Gesellschaft eingeschlechtlich ist. Eine natürliche Folge der Ektogenetik übrigens.«
    »Natürlich?« fragte Tjond mit roten Wangen. »Ektogenetik erfordert ein befruchtetes Ei – und ein Ei kann nur weiblichen Ursprungs sein. Also müßte eine eingeschlechtliche Gesellschaft weiblich sein, nicht männlich.«
    »Alles, was wir tun, ist gegen die Natur«, sagte Hautamaki, ohne Ärger zu zeigen. »Der Mensch ändert sich, wenn seine Umwelt sich ändert. Jeder Mensch, der nicht auf der Erde lebt, existiert in einer für ihn ungewohnten und daher unnatürlichen Umgebung. Er paßt sich ihr an. Ektogenetik ist unter diesen Umständen nicht unnatürlicher, als so zu leben, wie wir es jetzt tun – innerhalb einer Metallhülle in dem unbestimmbaren Medium, das wir Raum-Zeit-Kontinuum nennen. Es gab Planeten, die nur von Männern besiedelt und kolonisiert wurden – was blieb ihnen anderes übrig, als ohne Frauen auszukommen? So entstand die Zivilisation der Männer. Wir halten die Frau für überflüssig.«
    »Sie werden beleidigend«, sagte Tjond wütend.
    »Keineswegs. Ihr habt eure Funktion eingebüßt. Bisexuelle Wesen sind genauso natürlich – oder widernatürlich – wie wir Monosexuelle. Niemand aber ist ohne die entsprechende Umwelt denkbar, die uns schuf.«
    Der Alkohol hatte Tjonds Hemmungen beseitigt.
    »Das ist ja alles Unsinn! Sie nennen mich unnatürlich, weil ich eine Frau bin – was sind Sie denn, Sie … Sie Monster …!«
    »Sie vergessen sich, Weib!« brüllte Hautamaki sie an. Er war auf die Füße gesprungen und starrte sie zornig an. »Sie stellen intimste Fragen, und dann werden Sie ungehalten, wenn ich Ihnen Ihre eigenen Nachteile vor Augen führe. Ich sehe es wieder: wir Männer sind besser dran, wenn wir nichts mit euch zu tun haben.«
    Er holte tief Luft, machte auf dem Absatz kehrt und verließ den Raum.
    Nach diesem Abend verließ Tjond eine Woche lang nicht ihre Kabine. Sie arbeitete an der Entzifferung der fremden Schriftzeichen, ohne zu einem greifbaren Ergebnis zu gelangen. Gulyas brachte ihr die Mahlzeiten. Hautamaki erwähnte den Vorfall mit keinem Wort, und wenn Gulyas versuchte, sich für seine Frau zu entschuldigen, gebot er ihm Schweigen. Aber er protestierte auch nicht, als sie eines Tages wieder in der Kontrollzentrale erschien. Allerdings sah er von jetzt an wieder auf Gulyas, wenn er mit ihr sprach.
    Einige Tage später, in ihrer Kabine, fragte sie Gulyas:
    »Hat er tatsächlich gesagt, ich solle auch kommen?« Sie war dabei, sich mit einer Pinzette einige Augenbrauen auszuziehen. »Hast du bemerkt, daß er richtige Brauen hat, dicht und stark? Eine Rückentwicklung. Und Haare auf dem Kopf! Ein Barbar! Du hast übrigens meine Frage noch nicht beantwortet. Hat er gesagt, ich solle auch kommen?«
    »Ich hatte keine Gelegenheit zum Sprechen«, sagte Gulyas und lächelte besänftigend. »Natürlich hat er deinen Namen nicht ausdrücklich erwähnt – das wäre wohl auch zuviel verlangt. Er sagte nur, daß sich die gesamte Mannschaft in neunzehn Minuten in der Zentrale versammeln
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