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Hexer-Edition 18: Endstation Hölle

Hexer-Edition 18: Endstation Hölle

Titel: Hexer-Edition 18: Endstation Hölle
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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dieses Sanatorium außerhalb Londons geschafft worden war und Mary sie dorthin begleitet hatte, war Harvey der einzige dienstbare Geist, den das Haus Nummer 9 am Ashton Place aufzuweisen hatte. Harvey putzte die Schuhe, machte die Betten, bereitete die – immerhin seltenen – Mahlzeiten, bestellte den Kräutergarten hinter dem Haus und reparierte alles, was mit eigenen Händen repariert werden konnte. Dass sein Alter ihn dabei manchmal behinderte und sein Körper nicht immer machte, was der Geist wollte, sah man ihm großzügig nach.
    Howard starrte in den dunklen Kamin und verschränkte die Arme. Ein feines Lächeln erschien in dem scharf geschnittenen Gesicht des Amerikaners. Von irgendwoher hörte er die schweren Schritte Rowlfs. Sein Leibdiener und Kampfgefährte bewegte sich irgendwo in den oberen Stockwerken. Wenigstens Rowlf war noch da und verhinderte mit seinem gutmütigen Humor, dass das Haus endgültig vereinsamte.
    Es war schon leer genug. Robert war reichlich überstürzt, wie Howard fand, nach Dartmoor gereist und eigentlich hätte er längst zurück sein müssen. In solchen Fällen war Howard es jedoch gewohnt, dass es keinen eigentlichen Zeitplan gab. Robert würde zurückkehren, sobald er das wusste, was er hatte wissen wollen, oder sobald er ausgeführt hatte, was zu tun war. Zwar hatte Harvey vor einigen Tagen behauptet, ihn hier gesehen zu haben, doch das schien Howard wenig glaubhaft. Robert hätte sich bei seiner Rückkehr doch zumindest bei ihm gemeldet.
    Dennoch, eine unterschwellige Sorge blieb. Sie ließ Howard nicht völlig zur Ruhe kommen. Er hatte eine unruhige Nacht verbracht und sein Versuch, sich vor dem erloschenen Kamin zu entspannen, schlug kläglich fehl. Schließlich gab er sich einen Ruck und erhob sich. Er öffnete die Tür und hörte Harvey in der Küche mit Töpfen klappern.
    Der alte Diener blickte auf, als Howard den Raum betrat.
    »Harvey, haben Sie gestern im Laufe des Tages etwas Ungewöhnliches bemerkt?«, erkundigte er sich. »Ist jemand gekommen? Hat Robert eine Nachricht geschickt?«
    »Nein, Mr. Lovecraft. Es kam keine Nachricht und auch kein Bote. Während Sie mit Mr. Rowlf in der City weilten, war lediglich der Milchmann hier. Aber wie ich schon sagte, vor einigen Tagen -«
    »Danke, Harvey!« Howard seufzte übertrieben laut. Er hatte die Geschichte mehr als zehn Mal über sich ergehen lassen und war zu dem Schluss gekommen, dass Harvey offensichtlich einen Fremden an der Haustür mit Robert verwechselt hatte.
    Nachdenklich kehrte er zum Kamin zurück. Minutenlang war Howard versucht, den nächsten Zug nach Dartmoor zu nehmen. Dann aber wischte er den Gedanken wieder beiseite. Langsam war es wirklich an der Zeit, dass er Robert nicht mehr als den jungen, unerfahrenen Sohn Roderick Andaras betrachtete, sondern als einen eigenständig handelnden Mann, der schwer genug an seinem Erbe trug.
    In London nannten sie ihn den Hexer und die GROSSEN ALTEN allein mochten wissen, wie weit sein Ruf bereits um die Welt gegangen war. Robert handelte verantwortungsbewusst und er brauchte Freunde und Gefährten, keine Vormunde.
    Howard setzte sich an den Frühstückstisch und griff nach einem der Brötchen. Sein Blick wanderte zu den Fenstern an der vorderen Front des Hauses. Für ein paar Augenblicke wurde es draußen hell, als die Sonne durch die Wolken brach. Die Scheiben ließen ihre Strahlen herein, die ein wirres Spiel aus Lichtreflexen auf den glänzenden Steinfußboden zeichneten. Sie bildeten einen Kreis mit zwölf Strahlen und in der Mitte des Kreises schwamm ein milchiger, ovaler Fleck mit einem dunklen Punkt. Howard sah den Reflexen mehr verträumt als aufmerksam zu. Dann weiteten sich seine Augen plötzlich und in sein Gesicht trat ein Ausdruck von Überraschung, ja Erschrecken. Mit einem Schrei sprang Howard auf. Der Stuhl polterte zu Boden und Howard rammte sich den rechten Oberschenkel an der Tischkante, doch er bemerkte es gar nicht. Seine Füße trugen ihn hinüber zu dem Lichtspiel, das gerade zu verblassen begann. Er starrte noch einen Moment ungläubig darauf, dann wandte er sich um, stürmte auf die Eingangstür zu und riss sie auf.
    Feuchte Luft schlug ihm entgegen. Draußen hing noch immer dichter Nebel und erlaubte eine Sicht von höchstens fünfzig Yards. Von Sonne war keine Spur zu entdecken.
    Howard blieb wie angewurzelt unter der Tür stehen, starrte hinüber zu dem Fenster, in dessen Scheiben sich der graue Nebel spiegelte. Dann eilte er wieder
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