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Hexenseelen - Roman

Hexenseelen - Roman

Titel: Hexenseelen - Roman
Autoren: Olga Krouk
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Flucht dachte.
    Endlich gab sie es auf, begriff die Sinnlosigkeit ihres Widerstandes und spülte den Schaum weg. Dabei fuhren ihre Hände über ihren Bauch und spürten eine Narbe, derer sie sich gar nicht bewusst gewesen war. Verwundert sah Ylva an sich hinunter. Der blasse Strich zeichnete sich deutlich unterhalb ihrer Rippen ab. Sie betastete ihn mit dem Zeigefinger. Der Schnitt sah so klein aus. Woher stammte er?
    Die Bilder überkamen sie einem Gewitter gleich, unvermittelt und heftig.
    Es ist Nacht. Die haben sie eingeholt, sie und ihren Paps. Ein großer Mann von der Statur eines Bären hält sie fest und biegt ihr die Arme hinter den Rücken. Sie schreit vor Schmerzen, tritt um sich, aber er lässt sie nicht los. In der Nähe bellt ein Fuchs. Ihr Paps brüllt etwas und verstummt, dann ertönt die Stimme einer Frau: »Oya, du Mächtige, wir rufen dich! Nun löse du dein Versprechen ein!«
    Sie wird irgendwohin geschleppt. Ihre Fersen schleifen über den Asphalt. Kurze Zeit später zwingt der Mann sie am Wegesrand in die Knie und drückt ihr Gesicht nach unten, direkt in den aufgewühlten, von den ersten Nachtfrösten überzogenen und dadurch brüchigen Matsch.

    Die Erinnerungen schwinden.
    Als Nächstes sieht Ylva ihren Vater, der sie zur Seite zieht - aus irgendeinem Grund hat man sie freigelassen. Etwas Metallisches blitzt in seiner Faust auf. »Verzeih mir, mein Mädchen. Aber die Dämonen sollen dort bleiben, wo sie hingehören!« Dann schlägt er zu.
    Ylva keuchte, krümmte sich und wich zurück, als hätte der Messerstich sie gerade jetzt getroffen. Sie stolperte aus der Dusche und fiel, klammerte sich an den Vorhang und riss ihn mit sich. Hart prallte sie gegen die Fliesen. Sie wusste nicht, ob sie weinte, denn das Wasser prasselte ungehindert in das Badezimmer und strömte ihr übers Gesicht. Ihr Vater! Es war ihr eigener Vater gewesen, der sie hatte töten wollen! Plötzlich sah sie es deutlich vor sich, wie der große Mann ihren Paps niederschlug und »Sie gehört uns!« brüllte, während Ylva mit letzter Kraft in die Büsche kroch, bis sie irgendwann zusammenbrach und … in diesem Käfig wieder aufwachte?
    Nein, das konnte nicht stimmen. Denn damals war sie ein Kind gewesen, kaum acht Jahre alt. Wo waren die restlichen Jahre geblieben, die aus ihr eine junge Frau gemacht hatten?
    Ylva riss sich zusammen und rappelte sich hoch, darauf bedacht, nicht auf dem wasserüberfluteten Boden auszurutschen. Es gab so vieles, was sie noch nicht wusste! Aber unbedingt erfahren musste. Ihre Hoffnungen ruhten auf dem jungen Mann. Er schien eine wichtige Rolle in ihrem Leben zu spielen, er bedeutete ihr so viel! Wer, wenn nicht er, könnte sie aufklären? Je schneller sie ihn fand, desto
besser. Nur musste sie ihre ganze List aufbringen, damit Linnea und der hypnotische Duft, unter dessen Einfluss sie stand, es ihr nicht verunmöglichten.
    Sie schaltete das Wasser ab und schüttelte den Kopf. Ihr Haar peitschte herum und spritzte Tropfen auf die Wände und den Boden. In diesem Augenblick hörte sie, wie jemand die Wohnung betrat.
    »Meine Güte, als hätte ich nichts anderes zu tun, als hier zu hocken«, tönte eine raue Frauenstimme durch die Badezimmertür.
    Ylva spürte, wie ihre Nasenspitze zuckte, um die Witterung der Fremden aufzunehmen. Im selben Moment quiekte die Ratte schrill auf, und Ylva vergaß jede Vorsicht. Nackt und nass wie sie war, stürmte sie in den Flur, ihrem pelzigen Freund zu Hilfe.
    Die Frau stand mit dem Rücken zu ihr. Ylva musterte die breiten Schultern und die muskulösen, fast männlich wirkenden Oberarme, um die sich der T-Shirt-Stoff spannte. Das kurze, auberginefarbene Haar stand stachelig empor. Neben der Frau kauerte eine große Katze und drückte den Nager gegen den Boden. Die Krallen hatten sich in das Fell gebohrt, ohne die Haut aufzuschlitzen.
    »Lass sofort die Ratte los!«, brüllte Ylva. Es kam ihr vor, als würden die Pranken nicht den Nager, sondern ihren eigenen Leib zerfetzen wollen.
    Sowohl die Katze als auch ihr Frauchen ruckten die Köpfe.
    »Na, sieh mal einer an«, lachte die Fremde und stemmte die Hände in die schmalen Hüften. »Die Elende kann
reden. Weißt du, dein Jaulen und Winseln fand ich viel niedlicher.«
    Ylva ballte die Fäuste. »Lass meine Ratte in Ruhe!«
    »Ui, ui, ui.« Die Frau neigte den Kopf, und das Strasssteinchen oberhalb ihrer Lippe glitzerte auf. »Sonst … was?«
    »Sonst bringe ich dich um.« Ylva fletschte die Zähne.

Kapitel 3
    S
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