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Heute Und in Ewigkeit

Titel: Heute Und in Ewigkeit
Autoren: Randy Susan Meyers
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wusste nicht genau, was ein Mietvertrag war, doch vielleicht hatte er recht. Ich öffnete die Tür einen Spaltbreit, ließ aber die angelaufene Kette vor und erspähte ein Scheibchen von meinem Vater.
    Er beugte sich ganz dicht zu mir herunter und lächelte. Seine Zähne sahen schmutzig aus, als hätte er Kekse oder so etwas gegessen, ohne sie sich hinterher zu putzen. Er roch nach Zigaretten, Bier und noch etwas anderem. Etwas, das mir Angst machte. Etwas, das ich noch nie zuvor gerochen hatte.
    Er legte eine Hand an die Tür und drückte. Die Kette spannte sich. »Entriegle die Kette, Lulu.«
    Ich wich zurück und überlegte, ob ich Mama holen sollte. Da spürte ich Merry hinter mir. Ich wusste nicht, ob Daddy sie auch sah. Aber ich glaubte es nicht. Sonst hätte er sicher Hallo gesagt.
    »Ich hole Mama«, sagte ich.
    »Du brauchst deine Mama nicht zu holen. Mach einfach die verdammte Tür auf. Ich habe etwas für sie.«
    »Ich hole sie an die Tür.«
    »Stell dich nicht so stur. Lass mich sofort rein!«
    Er rüttelte am Türknauf, und mein Herz bebte.
    »Geh wieder ins Bett«, flüsterte ich Merry zu. Als sie verschwunden war, streckte ich mich nach dem Riegel. Daddy ließ die Tür los, damit die Kette sich lockerte.
    »Danke, Lulu.« Er berührte die Meduse, die an den Türpfosten genagelt war, und küsste dann seine Finger. Das nannte er Jüdisches Glück, die einzige Sorte, die wir Juden kriegen, sagte er immer. Dann tätschelte er mir das Kinn. Ich wich vor seinem bitteren Tabakgestank zurück und hätte mir am liebsten das Gesicht gewaschen.
    »Du bist mein feines Mädchen.« Daddy ging den kurzen Flur entlang und bog bei der winzigen Nische, in die er mir einen Schreibtisch gequetscht hatte, nach links ab.
    Ich lief zögerlich hinter ihm her, den halben Flur entlang, schlüpfte dann ins Bad und ließ die Tür gerade so weit offen, dass ich etwas hören, aber nichts sehen konnte.
    »Herrgott, Joey, du hast mich fast zu Tode erschreckt!« Mutter klang nervös. Ich stellte mir vor, wie sie sich die dünne Decke, die sie im Sommer für ihr Nickerchen hernahm, bis ans Kinn hochzog.
    »Hast du mich vermisst, Süße?«, fragte mein Vater.
    »Louisa, komm sofort her«, rief Mama.
    Ich rührte mich nicht. Sagte kein Wort.
    »Wir müssen uns unterhalten.« Daddy nuschelte komisch.
    »Raus hier. Du bist betrunken. Ich habe dir nichts zu sagen.«
    Ich hörte, wie sie aufstand und mein Vater hinter ihr her stapfte. Die Kühlschranktür ging mit einem schmatzenden Geräusch auf. Zischend wurde eine Getränkedose geöffnet. Sie waren in der Küche.
    »Du hattest aber reichlich zu sagen, als du meinem Boss meinen Gehaltsscheck abgeschwatzt hast, was, Miss America?«, schrie Daddy. »Hast du da auch so schön mit dem Hintern gewackelt?«
    Ein dumpfer Knall drang aus meinem Zimmer. Merry huschte den Flur entlang, und ihre nackten Füße machten leise, klebrige Geräusche auf dem Linoleum. Ich wollte die Hand ausstrecken und sie zu mir ins Bad zerren.
    Da hörte ich, wie sie vor dem Sofa stehen blieb, dann quietschten die Federn, als sie hinaufsprang. Ich stellte mir vor, wie sie sich zusammenkauerte und mit angezogenen Knien leicht zitterte. Vom Sofa aus konnte man gut in die Küche schauen.
    »Irgendjemand muss diesen Kindern was zu essen geben. Was soll ich denn tun? Geld drucken?«, erwiderte Mama.
    »Ich brauche das Geld, Celeste. Sofort.«
    Meine Mutter nuschelte etwas, zu leise, als dass ich es hätte verstehen können. Ich öffnete die Badezimmertür ein Stückchen weiter.
    »Ich meine es ernst. Gib es mir, Celeste. Gib es her.«
    Daddys leise Stimme brummte wie ein Motor. Gib es mir. Gib es mir. Gib es mir.
    »Verschwinde, oder ich rufe die Polizei.«
    Etwas scharrte über den Boden.
    »Raus!«
    »Ich brauche es. Ich brauche das Geld, verdammt noch mal!«
    Ein dumpfer Knall.
    Meine Schwester wimmerte. War sie in die Küche gegangen? Ich sollte sie wegholen.
    »Psst, Honeypop. Ist schon gut.« Vaters Worte verschwammen. Ich sah ihn vor mir, wie er sich hinabbeugte, Merry auf den Kopf küsste, wie er es immer tat, sich eine ihrer Locken um den Zeigefinger wickelte und sie dann wieder hochspringen ließ.
    »Geh in Mamas Zimmer, Merry«, befahl Mama.
    »Ja, geh in Mamas Zimmer«, wiederholte mein Vater. Etwas schepperte, als wären eine Menge Sachen auf den Boden gefallen. »Bourbon, Celeste? Du kaufst ihnen Schnaps, von meinem Geld?«
    Es hörte sich an, als weinte er. Ich drückte mich an die Wand und schob mich langsam
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