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Heurigenpassion

Heurigenpassion

Titel: Heurigenpassion
Autoren: Pierre Emme
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Lippen. Und ein Wunder ereignete sich. Schlagartig verstummte das Gebrüll, Gaby begann wie wild zu nuckeln und ein überaus zufriedenes Lächeln erhellte ihr bis dahin knallrotes Gesicht.
    Herrlich, diese Stille. Dafür zahlte sich das bisschen Aufwand mit der Flasche schon aus. Jetzt konnte er sich in Ruhe vor den Fernseher setzen.
    Was war das? Sie suchten ein Baby? Wenn sie wollten, konnten sie Gaby haben. Dann brauchte er auch keine Flascherln mehr zu wassern, damit sie Ruhe gab.

     
    * * *

     
    Palinskis Familie saß beim schon traditionellen Neujahrsbrunch im Wohnzimmer und lauschte den vertrauten Klängen der Polka Francaise »Im Krapfenwaldl« von ...? Erraten.
    Das war das letzte Stück des ersten Teils der alle Jahre wiederkehrenden bezaubernden Einladung der Wiener Philharmoniker an die Welt, mit ihnen Neujahr zu feiern. Palinski war immer schon ganz verrückt nach dem Neujahrskonzert gewesen und hatte Wilma mit dieser Sucht infiziert. Egal, ob er dabei war oder nicht, sie hatte kein einziges dieser Konzerte in den letzten 24 Jahren verpasst. Tinas und vor allem Harrys Geschmack entsprach die Musik der Strauß-Familie zwar nicht ganz, aber an einem Tag im Jahr konnte man sich das schon antun. Den Eltern zuliebe. Und überhaupt, so arg war es auch wieder nicht, Lachs und San Daniele Schinken zu schmausen, Sekt zu trinken und nach dem Radetzkymarsch wieder eine ordentliche Bettschwere zusammen gebracht zu haben.
    Heute gab es noch dazu eine Premiere dergestalt, dass auch Tinas Guido, den Wilma inzwischen richtig ins Herz geschlossen hatte und Harrys Beate an dem Ritual teilnehmen durften.
    Wenn das Mädchen bloß nicht älter wäre als mein kleiner Bub, dachte Wilma, die die junge Frau durchaus sympathisch fand. Eigentlich müsste Palinski jetzt hier sein, nicht nur, um seine Rolle in diesem symbolhaft bedeutenden Moment des Familienjahres auszufüllen. Sie vermisste Mario einfach. Warum er von seinen Eltern bloß so genannt worden war? Leider konnte sie sie nicht mehr selbst fragen.
    Eine zweite, völlig unerwartete Premiere unterschied den heutigen noch von allen vorangegangenen Neujahrstagen. Bevor der Pausenfüller, eine Dokumentation der Ballettaufnahmen an den schönsten Plätzen der Bundeshauptstadt gestartet wurde, erschien eine Fernsehsprecherin und kündigte eine Sondermeldung an.
    »Die Polizeidirektion Wien bittet in folgendem Fall dringend ...«
    »Wo ist Papa eigentlich ?« , wollte Harry just in diesem Augenblick wissen. Doch Wilma winkte ab und deutete auf den Bildschirm.
    »... ist 20 bis 22 Jahre alt, schwarzhaarig und ein eher südländischer Typ .« Jetzt erschien auch das gezeichnete Bild einer jungen, hübschen Frau am Bildschirm, die Wilma ein wenig an Sonja, eine ihrer Schülerinnen, erinnerte. Die war allerdings erst 16 Jahre alt und hatte kurzes Haar.
    »Die junge Frau, deren Leiche heute Morgen in Grinzing in einem Müllcontainer gefunden wurde ....«
    Tina legte den mit Lachs belegten und auf dem Weg zu ihrem Mund befindlichen Toast zurück und schob den Teller von sich.
    »... hat vor etwa 2 Monaten entbunden. Da über den Säugling und seine momentanen Lebensumstände nichts bekannt ist, besteht Sorge um die Gesundheit und das Leben des Kindes .«
    Der TV-Sprecherin schien das Schicksal des Babys auch an die Nieren zu gehen. Sie schien sich zu verschlucken, wandte sich ab, hustete ein-, zweimal und entschuldigte sich dann.
    »Die Bundespolizeidirektion ersucht daher die Bevölkerung dringend um Mithilfe bei der Suche nach einem möglicherweise alleine gelassenen Säugling. Sollten Sie über Hinweise auf die Identität oder den Wohnsitz der jungen Frau verfügen oder irgendwelche relevanten Beobachtungen machen, bitten wir Sie um umgehende Benachrichtigung. Dazu stehen sämtliche Wiener Polizeidienststellen zur Verfügung. Darüber hinaus hat das Innenministerium zwei Rufnummern eingerichtet, die Sie hier eingeblendet finden .«
    Am Bildschirm erschienen zwei Kurzwahlrufnummern, natürlich kostenfreie.
    »Darüber hinaus ersucht die Bundespolizei alle dienstfreien Beamten in Wien und Umgebung, sich für die Suche nach dem Säugling zur Verfügung zu stellen. Sie, liebes Publikum, bitten wir, diese Unterbrechung des Programms zu entschuldigen und wünschen noch viel Vergnügen mit dem zweiten Teil des Neujahrskonzertes .«
    »Die hat leicht reden«, meinte Guido, »mir ist die Freude an der Musik ziemlich vergangen .«
    Harry war da schon etwas härter im Nehmen, »Isst du das
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