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Heurigenpassion

Heurigenpassion

Titel: Heurigenpassion
Autoren: Pierre Emme
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vermute, es hat damit zu tun«, fing er an zu dozieren, »dass Eltern mit dem Vornamen ihres Kindes immer irgendwelche Träume, Hoffnungen oder Erinnerungen verbinden. Bewusst oder unbewusst. Es gibt da ein Gerücht, das als Erklärung für meinen Vornamen dienen könnte .«
    Erwartungsvoll blickte ihn Wilma an. Doch Palinski stand auf. »Ehe ich dir diese Geschichte erzähle, muss ich aber kurz hinaus .«
    »Aber vergiss mich nicht. Heute möchte ich es wissen«, kicherte Wilma und warf ihm einen vielsagenden Blick zu.
    Während Palinski dort war, wo man annehmen konnte, dass er war, wenn er kurz hinaus musste und genau das tat, was man erwartete, dass er tat, wenn er, na Sie wissen schon, hörte er, wie das Telefon klingelte.
    Er fand es ganz schön kühn, am Neujahrsmorgen um diese Zeit die Leute in ihrer wohlverdienten Ruhe zu stören. Wahrscheinlich waren es seine »Seit 24 Jahren noch nicht aber vielleicht schon bald«-Schwiegereltern, die noch immer glaubten, ihr kleines Mädchen könnte das Neue Jahr nicht ohne ihre salbungsvoll vorgetragenen Banalitäten beginnen.
    Aber dem war nicht so. »Mario, dein Typ wird verlangt .« , hörte er Wilmas Stimme, »Beeile dich ein bisserl, es ist Helmut Wallner.«
    Auweia, schoss es Palinski durch den Kopf. Entweder sein Freund konnte das Aspirin nicht finden oder es war etwas Ernstes.
    »Sag ihm, das Kopfwehpulver ist in der obersten linken Lade im Schreibtisch«, dröhnte es aus dem Privatissimum. »Wenn er was anderes will, muss er sich etwas gedulden .«
    Neunzig Sekunden später war es soweit. »Hallo Helmut, wieder unter den Lebenden ?« , scherzte Palinski.
    Der Inspektor ging aber nicht auf den heiteren Ton seines Freundes ein. »Es gibt Arbeit. In Grinzing haben die Mitarbeiter der Müllabfuhr eine weibliche Leiche gefunden. Da wir unterbesetzt sind, könnte ich deine Hilfe brauchen. Kann ich mit dir rechnen ?«
    Palinski hatte wenig Lust, gerade jetzt auf Mörderjagd zu gehen. Aber das war nicht der Punkt. Helmut hatte ihn um Hilfe gebeten, nicht gefragt, ob er Lust dazu habe. »Natürlich. Ich bin gleich bei euch unten .«
    Wilma blickte ihn fragend an. Er zuckte bedauernd mit den Schultern. »Eine tote Frau in einem Müllcontainer, es ist zum Kotzen .«
    »Aber vergiss wenigstens nicht, dass wir heute Abend zum Neujahrsempfang müssen«, erinnerte sie ihn.
    »Das geht schon klar«, beruhigte Palinski Wilma. Tatsächlich hoffte er aber, dass sich im Verlauf des Tages zumindest ein guter Grund ergeben würde, nicht am euphemistisch als »Neujahrsempfang« bezeichneten Familientreffen bei Wilmas Eltern teilnehmen zu müssen.
    Während sich Palinski in neuer Neujahrsmorgen-Rekordzeit ausgehfertig machte, überlegte Wilma, ob sie wohl je erfahren würde, warum ihr Liebster ausgerechnet Mario hieß.

     
    * * *

     
    Am Neujahrsmorgen dauerte verständlicherweise alles etwas länger. So hatten die wackeren Männer in ihren orangefarbenen Overalls, ohne deren segensreiches Wirken die Stadt in Kürze in Dreck und Abfall versinken würde, heute etwas später mit ihrer Arbeit begonnen. Sie hatten sich freiwillig zu dieser ungeliebten Schicht gemeldet, deswegen aber nicht ganz auf das Feiern verzichten wollen.
    Und genau so, wie alle, die arbeiten, auch essen müssen, müssen alle, die feiern, auch schlafen. Ein wenig zumindest. Abgesehen von der rasch am Fundort der Leiche eingetroffenen Funkstreife und dem gleichzeitig angeforderten Notarztwagen waren auch die Beamten des Kommissariats Döbling und der Spurensicherung mit einiger Verzögerung eingetroffen.
    Als jetzt endlich auch Inspektor Wallner mit Franca Aigner und Palinski im Schlepptau erschien, war es bereits kurz vor 9.30 Uhr. Der knapp unterhalb der Einmündung der Feilergasse in die Himmelstrasse, quasi gegenüber der Rückseite des »Passauer Hofs« liegende Fundort war nicht zu verfehlen. Trotz der für diesen Tag noch frühen Stunde hatte sich eine Menge von Schaulustigen angesammelt. Hier befand sich eine Haltestelle für die Busse der Linie 38 A, die vom Cobenzl nach Heiligenstadt fuhren. Normalerweise, denn jetzt ruhte jeder Verkehr. Neben der Haltestelle lagen die Ausfahrten zweier Hausgaragen. In der aus der Straßenfront dieses und der etwa fünf Meter vorspringenden Feuermauer des Nachbarhauses gebildeten Ecknische stand der besagte Müllcontainer mit seinem grausigen Inhalt. Die Wand dahinter war mit der aufgesprayten Aufforderung »Ausländerhuren hinaus« und dem für diese kranken Köpfe
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