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Herzklopfen für Anfänger

Herzklopfen für Anfänger

Titel: Herzklopfen für Anfänger
Autoren: Lynne Barrett-Lee
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klatschnass geworden. Es wird auf der Stelle zerdrückt. Und ich bin nicht stark genug, um dem Wagen genug Schwung zu geben.«
    »Soll ich vielleicht auch anschieben?«
    Er warf mir einen Blick von der Seite zu und grinste. »Äh, eher nicht, es sei denn, der Hund hat einen Führerschein.«
    »Nein, nein«, sagte ich. »Sollten wir nicht einfach die Handbremse lösen und ein bisschen schieben, ohne dass der Motor läuft?« Allerdings meinte ich das nicht ernst. Ein Auto dieser Größe? In einem Loch? Einen Hügel hinauf? Er und ich schwaches kleines Etwas? Es war ein lächerlicher Vorschlag.
    »Na ja, vielleicht«, erwiderte er höflich. Aber dann fuhr er fort: »Ah, jetzt habe ich eine Idee. Ich hole die Gummimatten aus dem Auto. Das könnte gehen.«
    »Gummimatten?«
    »Ja, genau. Ich hole sie. Warten Sie hier.«
    Ja, klar. Als ob ich irgendwohin verschwinden könnte. Ich blickte wieder auf die Uhr. Fast halb zwei. Und es wurde langsam auch kälter. Meine Turnschuhe waren durchnässt, und meine Schlafanzughose klebte wie nasse Tapete an meinen Schienbeinen. Im Seitenspiegel sah ich, wie er mit den Gummimatten aus seinem Auto zurückkam. Er ging sofort zu dem festgefahrenen Reifen und hockte sich hin, um sie davor zu schieben. Sein Profil, das im hellen Licht der Scheinwerfer gut zu erkennen war, war kantig und männlich. Ein Profil, das man wohl als »heldenhaft« bezeichnen könnte. Ich fröstelte. Das war definitiv kein Pyjama-Wetter.
    »So, fertig«, rief er und öffnete die Beifahrertür. Er drückte mit der Schulter gegen den Rahmen. »Versuchen Sie es noch einmal? Schön langsam dieses Mal, in Ordnung? So langsam, wie es geht.« Ich ließ den Motor an und senkte meinen Fuß vorsichtig aufs Gaspedal. Das Rad drehte sich kurz, und ich trat sofort auf die Bremse.
    »Ist schon okay«, sagte er und beugte sich vor, um nachzuschauen. »Das ist nur der Schlamm auf dem Reifen.« Am kleinen Finger der Hand, die er um den Türrahmen gelegt hatte, schimmerte ein breiter goldener Ring. »Also gut«, sagte er. »Noch mal. Sie haben es fast geschafft.«
    Quälend langsam drückte ich das Gaspedal herunter und wurde schließlich dadurch belohnt, dass sich der Wagen nach vorne bewegte. Millimeter für Millimeter brachte ich alle vier Räder wieder auf die Straße. Er schlug die Beifahrertür zu und trat an meine Seite des Wagens.
    »So, jetzt können Sie weiterfahren«, sagte er. Wie alle Männer wirkte er äußerst zufrieden mit sich, weil er über die Katastrophe triumphiert hatte. Seine Hände waren nass und voller Erde, seine Jacke und sein Hemd waren mit Gras- und Schmutzflecken übersät. Er sah überhaupt nicht mehr bedrohlich aus. Eine Gefahr stellte er nur noch für den Filter einer Waschmaschine dar.
    »Ach, du liebe Güte«, sagte ich. »Sie sind ja vielleicht schmutzig. Wollen Sie ein feuchtes Tuch, damit Sie sich die Hände ein bisschen säubern können?«
    Er lächelte mich an und enthüllte dabei strahlend weiße Zähne. Zähne fallen mir immer auf, da Jonathan Zahnarzt ist. Und Augen natürlich auch. Seine waren besonders schön, selbst in der Dunkelheit. Vergissmeinnichtblau, mit langen dichten Wimpern. »Nein, nein, kein Problem«, sagte er und rieb seine Handflächen an seiner ebenfalls schmutzigen Jeans ab. »Es geht schon, wirklich. Hören Sie, wollen Sie sich meine Nummer aufschreiben? Ich glaube zwar nicht, dass an Ihrem Auto etwas kaputt ist, aber vielleicht verbergen sich unter all dem Schlamm ein oder zwei Kratzer. Das kann man im Dunkeln schlecht sehen.« Kopfschüttelnd blickte er mich an. »Meine Güte, es tut mir echt leid.« So sah er auch aus, richtig entsetzt. Als ob ihm plötzlich aufgegangen wäre, was er da Schreckliches angerichtet hatte. Ich fragte mich, ob er vielleicht ein wenig unter Schock stand.
    »Na«, erwiderte ich und lächelte ihn beruhigend an. »Es ist ja nichts Schlimmes passiert. Aber Sie haben recht. Ich schreibe mir lieber Ihre Nummer auf.«
    Er nickte. »Ich hole schnell meine Versicherungskarte. Ich bin gleich wieder da.«
    Erneut ging er zu seinem Auto. Merlin lag gähnend auf der Rückbank. Der zunehmende Mond schien milde auf uns herab. Durch die Bäume in der Ferne sah ich Beteigeuze im Sternbild Orion schimmern. Woher mochte er kommen? Und wohin wollte er? Ich glaube, dass ich über die Zufälligkeit von Begegnungen im Leben nachdachte und darüber, wie seltsam es war, dass wir uns vielleicht nie wiedersehen würden.
    »So«, sagte er und reichte mir die oberste
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