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Herzgefaengnis

Herzgefaengnis

Titel: Herzgefaengnis
Autoren: Greta Schneider
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Holster. Mein Blick wanderte jedoch zu seinem durchtrainierten Oberkörper, der von dem dünnen Pullover nur unzureichend verhüllt wurde.
    „Ach ja, hier. Bitte rufen Sie mich an, wenn Ihnen noch etwas einfällt.“
    Mit diesen Worten überreichte er mir seine Visitenkarte.
    Bevor ich danach greifen konnte, riss er sie mir weg, drehte sie um und schrieb eine weitere Telefonnummer darauf. „Falls ich unterwegs bin.“ Er schob sie mir wieder zu, ein verschwörerisches Blitzen in den Augen.
    Darauf kannst du aber lange warten , giftete mein allzeit bereiter Stolz, während ich mich an einem höflichen Lächeln versuchte.
    „Dann könnte ich ja stattdessen Ihre Kollegin anrufen“, versetzte ich spöttisch, um meinen kleinen Lapsus wieder auszubügeln.
    „Das könnte Ihnen so passen. Sie reden nur mit mir. Verstanden?“ Das letzte Wort klang wie ein Befehl. Doch sein Blick sagte etwas anderes. Etwas, das mir Herzklopfen bereitete.
    „Also gut. Wenn mir etwas einfällt, dann rufe ich Sie an“. Meine Stimme war nicht ganz so fest, wie ich es von mir verlangte.
    „Tun Sie das bitte.“ Er reichte mir seine Hand, und ich stellte mir kurz vor, wie sie sich auf meinem Rücken anfühlen würde. Sein Händedruck war fest und warm.
    „Auf Wiedersehen und vielen Dank.“
    Eine Zehntelsekunde länger als nötig hielt er meine Hand fest, bevor er sich zu seiner umwerfenden Kollegin umdrehte. Doch dieser eine Moment genügte, um meine Nervenbahnen vibrieren zu lassen. Als hätte jemand an einer Gitarrensaite gezupft.
    „Schätzchen, den haste aber um den Finger jewickelt“, sagte mein Chef, als die beiden Beamten gegangen waren. „Ick erkenne sowat.“
    „Quatsch, Franz!“
    Ohne mein Zutun hoben sich meine Mundwinkel in Erinnerung an das Gespräch mit KHK König, und mein Herz schlug schon wieder schneller, als gut für meine Nachtruhe war.
    „Warte ma´ ab. Wirste schon sehn, det der dir wiedasehn will. Ick hoffe, nich´ zu ´ner Vernehmung .“ Franz tätschelte meine Hand väterlich. „Dir hat er doch auch jefalln, det hab´ ick doch jesehen.“
    „Was du so alles siehst“, versuchte ich, mich aus der Affäre zu ziehen. Konnte man mir wirklich immer alles an der Nasenspitze ablesen? Wo war mein Pokerface geblieben?! Du hattest nie eins, erinnerte mich mein Stolz sanft, aber nachdrücklich. Beim Kartenspielen musst du auch immer grinsen, wenn du ein gutes Blatt hast … Tja, darum spiele ich auch nur Skat. Und kein Poker.
    Verlegen bückte ich mich und tat so, als müsse ich die Visitenkarte von Leo König vom Boden aufheben. Franz polierte weiter Gläser, während ich die Karte nun genauer studierte. Vorne war nur die Dienstanschrift angegeben. Mordkommission. Au weia. Ich drehte die Karte um. In ausladender Handschrift hatte er dort eine Handynummer notiert. Und dazu eine Botschaft:
    „Anruf erwünscht.“
     
     
    Am nächsten Morgen dachte ich zum ersten Mal seit Wochen nicht sofort ans Examen. Unter der Dusche sinnierte ich stattdessen noch einmal über den vergangenen Abend nach. Über Kriminalhauptkommissar Leo König, um genau zu sein. Anruf erwünscht …
    Kam gar nicht in Frage. Schon wegen der Blondine in seiner Begleitung. Wer mit so einer Frau unterwegs war, würde sich nach mir wohl kein zweites Mal umdrehen. Andererseits …
    Beim Abtrocknen zeigte mir ein Blick in den Spiegel, dass ich wenigstens die Ringe unter meinen Augen losgeworden war. Nur die Winterblässe hatte sich noch nicht aus meinem Gesicht verabschiedet. Kein Wunder. Auf dem Kalender stand „Frühling“ – aber ein Blick aus dem Fenster zeigte mir tiefsten Winter. Allmählich hatte ich keine Lust mehr auf all die warmen Socken, dicken Pullis und Anoraks. Die Schaufenster waren schon mit Bikinis und Trägerkleidchen dekoriert. Im Radio lief bereits Werbung für Sommerurlaub auf Malle.
    Ich hatte jetzt Lust auf ein Trägerkleidchen. Oder einen Minirock. Irgendetwas Frühlingshaftes. Also tat ich, was in meiner Familie alle Frauen tun, wenn sie Lust auf etwas Neues haben: Ich fuhr ins KaDeWe. Ein Ort, der mich seit meiner Kindheit faszinierte.
     
     
    Samstag ist kein guter Tag zum Shoppen. Neben den üblichen Touristen, die ich an den russischen, spanischen und englischen Sprachfetzen erkannte, kamen heute auch die Einheimischen, um sich etwas Luxus um die Nase wehen zu lassen. Schlangen in der Kosmetikabteilung, Gedränge überall. Ich stieg auf eine der zwei parallel laufenden Rolltreppen hinten neben den Parfums. Vor mir
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