Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Herzflimmern

Herzflimmern

Titel: Herzflimmern
Autoren: Barbara Wood
Vom Netzwerk:
wieder die Hand an die Wange, um sich zu vergewissern, daß das Muttermal verdeckt war. Aus den Nachbarzimmern drangen gedämpfte Stimmen, während die drei auf dem Gang sich in peinlich verlegenem Schweigen gegenüber standen. {16} Dann sagte Sondra: »Also! Ich glaube, wir müssen uns jetzt zum Tee umziehen, nicht, Mickey?«
    Mickey nickte voller Erleichterung und steuerte sofort auf ihr Zimmer zu.
    Sobald sie verschwunden war, murmelte Shawn: »Die Arme! Ich dachte, solche Muttermale könnte man heutzutage wegoperieren.« Dann wechselte er das Thema und begann von den Gerüchten zu erzählen, die er über das Castillo College gehört hatte. Doch Sondra hörte ihm nur mit halbem Ohr zu. Sie dachte über Mickey Long nach. Ein merkwürdiges Mädchen, so schüchtern und zaghaft, für eine Ärztin doch sicher nicht das geeignete Naturell.
    Während Shawn noch mitten im Erzählen war, legte Sondra ihm die Hand auf den Arm und und sagte: »Wir Frauen sind nachher zum Tee bei Mrs. Hoskins eingeladen, der Frau des Dekans. Da muß ich mich langsam fertigmachen.«
    Er warf ihr einen Blick zu, als wollte er sagen: Wieso, du siehst doch großartig aus. Aber dann nickte er. »Okay. Heute abend nach dem Essen ist im Speisesaal eine Fete. Kommst du?«
    Sondra schüttelte lachend den Kopf. »Ich bin praktisch die ganze Nacht gefahren. Spätestens um acht ist bei mir das Licht aus.«
    Er machte immer noch keine Anstalten zu gehen, sondern sah sie mit seinen blauen Augen eindringlich an. Was er sich erhoffte, war deutlich zu erkennen. Als sie nicht reagierte, sagte er leise: »Wenn ich was für dich tun kann, wenn du irgendwas brauchst, ich bin in zweihundertdrei.«
    Sie sah ihm einen Moment lang nach, als er durch den Flur davonging, ein großer netter Junge, dann wandte sie sich der Tür zu Mickeys Zimmer zu. Nach kurzer Überlegung ging sie hin und klopfte.
    Die Tür öffnete sich nur einen Spalt.
    »Ich bin’s nur«, sagte Sondra lächelnd beim scheuen Blick der grünen Augen. »Ich wollte dich fragen, was du zu dem Tee bei Mrs. Hoskins anziehst. Ich hab keine Ahnung, was da angebracht ist.«
    Mickey zog die Tür ganz auf, musterte Sondra mit skeptischem Blick und sagte: »Das soll wohl ein Witz sein? Du kannst doch gehen, wie du bist.«
    Sondra sah an sich hinunter. Sie hatte noch das ärmellose Minikleid aus cremefarbenem Voile und die hochhackigen weißen Sandaletten an, die sie zur Einführung angezogen hatte.
    »Ich hab überhaupt nichts Elegantes mit«, sagte Mickey und griff schon wieder an ihr Haar, um es weiter ins Gesicht zu ziehen.
    {17}
    Sondra hatte schon erkannt, daß sie sich das Make-up nur deshalb pfundweise ins Gesicht schmierte, das blonde Haar nur deshalb auf einer Seite so weit nach vorn kämmte, weil sie hoffte, dadurch das Muttermal zu verdecken. Aber es klappte nicht; im Gegenteil, gerade Mickeys angestrengtes Bemühen, das große Feuermal auf ihrer Wange zu verstecken, lenkte erst recht die Aufmerksamkeit darauf. Blau oder Türkis sollte sie mit ihrem hellen Haar und den grünen Augen tragen, dachte Sondra, nicht dieses fade Braun.
    »Komm, schauen wir mal, was du zu bieten hast«, meinte sie.
    Mickey hatte nur einen Koffer, ein abgewetztes, altes Stück. Drinnen stapelten sich braune und beigefarbene Blusen und Pullover über Röcken und Kleidern in den gleichen Tönen. Die Etiketten trugen die Namen billiger Versandhäuser. Alles war altmodisch und verwaschen.
    »Ich hab eine Idee«, sagte Sondra. »Du kannst was von mir anziehen.«
    »Ach nein, ich –«
    »Klar, komm schon.« Sondra faßte Mickey kurzerhand beim Arm und zog sie mit sich in ihr eigenes Zimmer, wo sie mit Schwung einen ihrer großen Koffer aufs Bett hievte und öffnete.
    Mickey riß die Augen auf, als sie die Stapel von Blusen und Röcken aus Seide und Baumwolle in allen erdenklichen Farben und Mustern sah. Sondra riß achtlos ein Stück nach dem anderen heraus und warf es aufs Bett, hielt nur ab und zu inne, um Mickey einen Pulli oder ein Kleid anzuhalten und mit kritischer Miene die Wirkung zu begutachten.
    »Wirklich, ich zieh lieber was von meinen eigenen Sachen an«, sagte Mickey.
    Sondra schüttelte ein Mary Quant Kleid aus türkisblauem Leinen aus und hielt es Mickey unters Kinn.
    »Das paßt mir doch gar nicht«, protestierte Mickey. »Die Sachen passen mir alle nicht. Ich bin größer als du.«
    Sondra sah sie einmal von unten bis oben an, dann nickte sie und warf das Leinenkleid aufs Bett. »Na ja, so wichtig sind Klamotten
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher