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Herzflattern im Duett

Herzflattern im Duett

Titel: Herzflattern im Duett
Autoren: Franziska Gehm
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denn sie sagte »One ticket, please.«
    Es folgten ein blondes Mädchen, ein Junge mit halblangen Haaren und ein Mädchen mit einer sehr beeindruckenden Frisur. Man konnte meinen, sie wäre schon drei Runden mit der Achterbahn gefahren.
    »Gute Fahrt!«, wünschte Gesine Schlotzer allen.
    »Datiboi!«, erwiderte das Mädchen mit der beeindruckenden Frisur.
    Gesine Schlotzer sah der Gruppe nach. Sie hatte in ihren 22 Berufsjahren schon an die Millionen Fahrkarten verkauft. Sie hatte an die Millionen Menschen gesehen. Hatte ihnen eine Fahrkarte abgerissen, das Wechselgeld gegeben und ihnen eine gute Fahrt gewünscht. Diese Achterbahnpassagiere waren anders als andere Passagiere. Gesine Schlotzer wusste nicht, warum. Sie wusste es einfach. Sie starrte einen Moment auf einen Ketchupfleck an der Fensterscheibe ihres Fahrkartenhäuschens. Dann zuckte sie mit den Schultern. Sie griff zu ihrem Nachschlagewerk, das sie für Kreuzworträtsel immer parat hatte, um ›dati-boi‹ nachzuschlagen.
    Silvania, Jacob, Daka, Helene und Ludo nahmen im Star Express Platz. Silvania saß neben Jacob. Ellbogen an Ellbogen. Obwohl die Achterbahn noch stand, war Silvania schon etwas schwindelig.
    »Weißt du, was ›Achterbahn‹ auf Englisch heißt?«, fragte Jacob.
    Silvania hatte das Wort schon einmal gehört. »Cooler toaster?«
    »Fast. Roller coaster«, erwiderte Jacob.
    »Und was heißt ›Schleuderbombe‹ auf Englisch?«, fragte Daka, die direkt hinter Jacob saß.
    »Schleuder was?« Jacob hatte sich halb umgedreht und sah Daka fragend an.
    Silvania warf ihrer Schwester einen strengen Blick zu. »Es – gibt – hier – keine – Schleuderbomben.« Und kein Kreuzknoblauchkabinett, kein Mäuseschwanzschießen, keinen Knochenbrecher und keinen Blutpolypen. Diese Fahrgeschäfte kannten die Zwillinge aus Bistrien. Daka konnte nicht fassen, dass es sie auf einem deutschen Jahrmarkt nicht gab.
    »Fumpfs! Noch nicht einmal Schleuderbomben«, stöhnte sie.
    »Wir können ja danach Wilde Maus fahren«, schlug Silvania vor.
    »Wilde Maus! Nici doi viati!« Daka schüttelte den Kopf. Sie würde nicht mit einem Fahrgeschäft fahren, das wie eine Mahlzeit klang. Menschen fuhren ja auch nicht mit der Verrückten Bockwurst.
    »Nietzsche doofer Vati?« Jacob sah Daka fragend an. »Was redest du denn da?«
    Daka redete Vampwanisch. Eine der ältesten, kompliziertesten und schönsten Sprachen der Welt. Selbst ein mittelalter Vampir wie Mihai Tepes, der Vater der Zwillinge, der 2676 Jahre alt war, beherrschte nicht alle ausgeklügelten Redewendungen und kannte nicht alle grammatikalischen Feinheiten des Vampwanischen. Er achtete sehr darauf, dass seine Töchter ihre Vatersprache in Deutschland nicht verlernten. Im Gegensatz zu seiner Frau freute er sich, wenn Daka und Silvania hin und wieder ein vampwanisches Wort oder eine Redewendung fallen ließen. Wie zum Beispiel ›Gumox‹, was so viel wie ›Quatsch‹ hieß, oder ›Fumpfs!‹, was ›Mist!‹ hieß, oder ›Nici doi viati!‹, was ›Nie im Leben!‹ hieß. Aber das wusste Jacob natürlich alles nicht. Er war zwar gut in Englisch. Aber bei Vampwanisch konnte man ihn vergessen.
    Plötzlich verkündete eine Stimme wie bei einem Boxkampf aus einem Lautsprecher: »Gleich startet er. Deeeeeeeeeeeer ... STAR EXPRESS!«
    Dakas Antwort ging im Lärm unter.
    Silvania lächelte Jacob zu. Doch ihr Nachhilfelehrer war damit beschäftigt, seinen Sicherheitsgurt zu überprüfen.
    »Uuuuuuuund ... LOS GEHT'S!«, dröhnte es aus dem Lautsprecher.
    In dem Moment setzte sich der Star Express in Bewegung. Er tuckerte wie eine alte Dampflok. Silvania verschränkte die Arme und überschlug die Beine. Hätte sie gewusst, dass der Star Express ein Schneckenexpress war, hätte sie sich ein Buch mitgenommen.
    Auf einmal beschleunigte der Star Express. Mit einem Ruck wurde Silvania in den Sitz gedrückt. Bevor sie sich an die Geschwindigkeit gewöhnen konnte, ging es in eine steile Kurve. Silvania stieß einen Schrei aus. Sie hatte das Gefühl, ihr Kopf würde nach der Kurve nicht mehr auf ihrem Hals sitzen, sondern über den Jahrmarkt fliegen. Doch nach der Kurve war alles noch da, wo es hingehörte. Inklusive Jacob.
    Silvania hörte Daka hinter sich rufen: »Boi, boi, boi!« Das war auch Vampwanisch und hieß ›super!‹.
    Plötzlich ging es steil bergauf. Der Star Express wurde wieder langsamer. Silvania atmete durch. Vielleicht war jetzt eine gute Gelegenheit, ein wenig mit Jacob zu plaudern. Sie sah zu ihm
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