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Herz nach Maß (German Edition)

Herz nach Maß (German Edition)

Titel: Herz nach Maß (German Edition)
Autoren: Claire Thompson
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hatte er mehr getrunken als ein oder zwei Schlückchen – manchmal hatte er eine halbe Flasche gekippt, bevor er sich selbst genug betäubt hatte, um das Bewusstsein zu verlieren.
    Jeden Tag hatte er eine mentale Bestandsaufnahme gemacht: Hatte er genug Alkohol im Haus, um durch die Nacht zu kommen? Er würde morgens aufwachen und die Flasche würde ihm wie ein alter Freund von der Seite zuwinken. Warum sollte er den Tag nicht mit ein, zwei Schlucken beginnen? Um ihn zu überstehen?
    Eines Morgens nach einem besonders entsetzlichen Albtraum, in dem er hatte zusehen müssen, wie Emma und die Jungs in den Tod gestürzt waren, während er hilflos danebengestanden hatte, schob er das kleine Schnapsglas zur Seite und griff stattdessen nach dem Glas, aus dem er normalerweise Wasser trank. Mit zitternden Händen goss er sich mehrere Fingerbreit ein und kippte den Inhalt in einem Zug hinunter. Er schloss die Augen und seufzte vor Erleichterung, als das Brennen in seinem Magen zu einer willkommenen Schwere in seinem Kopf wurde, die die blutigen, zerbrochenen Bilder aus seinen Träumen auslöschte.
    Er legte sich auf dem Rücken ins Bett und versank in einem benommenen Halbschlaf. Als er mehrere Stunden später ruckartig erwachte, galt sein erster Blick wieder der Flasche neben sich. Er hatte sie erst letzte Nacht aufgemacht und jetzt lag sie leer neben ihm.
    Zutiefst erschüttert rief er seine kleine Schwester Anna an, die dreißig Kilometer entfernt lebte und Mutter und Hausfrau war.
    »Anna. Ich brauche Hilfe. Ich werde Alkoholiker.«
    Während er auf ihre Ankunft wartete, räumte er seine Hausbar leer, indem er jede Flasche öffnete und ihren Inhalt in die Spüle in der Küche schüttete.
    Anna erschien bewaffnet mit Kaffee und Donuts. Obwohl sie ganze zehn Jahre jünger war als er, hatte er sich ihr von seinen drei Schwestern immer am nächsten gefühlt.
    Sie verbrachten den Morgen an seinem Küchentisch – ein schönes, altes Stück, das er aus einer riesigen Eichenplatte selbst gezimmert hatte. Jemand hatte sie loswerden wollen, als sie gerade mit ihrem Keller fertig geworden waren.
    Sie nahm ihm seine Ängste, auf dem besten Weg zu einem Alkoholiker zu sein, da sie selbst trocken war. »Du hast erkannt, dass du zu viel trinkst, und hast dann was getan?«
    »Dich angerufen.«
    »Aber das war nicht alles. Du hast deine ganzen Vorräte beseitigt. Du hast erkannt, dass es nicht gerade schlau ist, morgens um sieben Uhr eine halbe Flasche Whisky zu trinken. Ich will die Erkenntnis nicht schmälern, aber ich glaube nicht, dass es im Moment besonders hilfreich ist, wenn du dich als Alkoholiker bezeichnest. Glaub mir, wenn du einer wärst, würde es sehr viel mehr als einen Drink am Morgen brauchen, damit du dir eingestehst, ein Problem zu haben. Geschweige denn, dass du irgendetwas deswegen unternimmst.«
    Anna überzeugte ihn, zu einem Therapeuten zu gehen – nur für eine Weile –, um seinen Verlust aufzuarbeiten und mit seinem Leben weiterzumachen. Er war hingegangen, hauptsächlich, um sie zufriedenzustellen, aber es hatte nicht wirklich viel gebracht.
    Die Zeit – die großartige Heilerin – hatte das meiste getan, zusammen mit seiner Rückkehr zur Arbeit und seinen Bemühungen, sich beschäftigt zu halten. Er vermisste Emma noch immer, aber nicht mehr mit dem schockierenden Schmerz, als hätte man plötzlich etwas aus ihm herausgerissen, unter dem er die ersten Monate gelitten hatte, als ihm abermals bewusst geworden war, dass er sie niemals wiedersehen würde.
    Die Eingangstür wurde geöffnet. Will trug eine blaue Jeans und ein weißes, offenes Hemd über seiner glatten, gebräunten Brust. Mit einem Handtuch trocknete er sich die Haare, das Gesicht von der kürzlichen Dusche noch gerötet.
    »Hey, sorry. Ich habe die Klingel erst nicht gehört. Bitte kommen Sie rein. Ich hab verschlafen.«
    Der Geruch von Shampoo und Seife attackierte Jacks Nase, als er an Will vorbeiging und die Küche ansteuerte.
    Will folgte ihm. »Wollen Sie Kaffee? Ich habe gerade welchen aufgesetzt. Ich hatte noch kein Frühstück. Wollen Sie auch was? In einer Minute müssten die Croissants im Ofen fertig sein.«
    Aus Gewohnheit wollte Jack bereits ablehnen, aber der Kaffee roch wunderbar und die kleine Tasse, die er vor zwei Stunden getrunken hatte, war inzwischen nicht mehr als eine entfernte Erinnerung. »Kaffee wäre nett, wenn's Ihnen nicht zu viele Umstände macht.«
    Will zog zwei Kaffeebecher aus einem Schrank neben der Spüle. Das
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